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Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)

Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)

Titel: Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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anlegen wollte. Nun war der Zeitpunkt gekommen, die Erde umzugraben und urbar zu machen. Die Schreibarbeit, die mich neben Holzsägen und -spalten den Winter über beschäftigt hatte, musste nun ruhen. Der Boden schien humusreich und fruchtbar. Er enthielt viele Steine, aber das machte mir nichts aus. Das Problem war ein dichtes Geflecht zäher Brennnessel- und Kälberkropfwurzeln, sodass es fast unmöglich war, die Grabforke hineinzudrücken. Ich musste erst einmal mit einem Spaten kleine Quadrate – etwa die Spatenbreite zum Quadrat – ausstechen, diese Klumpen dann mit der Grabforke aufgabeln und so lange heftig schütteln, bis sich die Erde vom Wurzelgeflecht löste. Das war erschöpfende, schweißtreibende Schwerstarbeit. Nach einem ganzen Tag Arbeit hatte ich nur etwas mehr als einen Quadratmeter freigelegt. Ich war verzweifelt und sagte zu meiner Frau: „Das geht nicht. Ich schaffe das nicht!“ Sie antwortete: „Du musst! Du musst durchhalten, wir haben keine Wahl.“
    Am nächsten Tag schaffte ich den nächsten Quadratmeter. Aber so konnte es nicht weitergehen. Der Frühling würde vergehen und ich hätte keine Zeit, etwas einzusäen. Ein starker Pflug musste her! Ich ging ins Tal, um den freundlichen Bauern, bei dem wir manchmal Milch holten, zu fragen, ob er uns das Gelände pflügen würde. Ja, das würde er schon machen, sagte der Bauer, aber er habe gar keinen Pflug mehr. Hier gebe es nur Viehwirtschaft, für Ackerbau sei es zu kalt. In den Vierzigerjahren hätte es der „Reichsnährstand“ hier mit Getreide und Leinanbau versucht, aber oft kamen Frost und Kälte zu früh, sodass die Ernte verdarb.
    Ich fragte auch andere Bauern. Es tat ihnen leid, aber auch sie waren nicht mehr auf Pflügen eingestellt. Der einzige Pflug, den sie hätten, erklärten sie mir, hänge draußen als Dekoration an der Scheunenwand.
    Die Zeit verging. Es würde bald zu spät sein, die Saat in den Boden zu bringen. Da lernte ich einen ungewöhnlichen Menschen kennen, der mir helfen wollte. Er war Doktor der Chemie, ein ehemaliger Forscher für den Siemens-Konzern, der aber seinen Posten verloren hatte, weil er nachts als Ökoguerilla unterwegs gewesen war und ausfindig gemacht wurde. Er hatte sich dann mit seiner Familie ins Allgäu zurückgezogen und von alternativer, chemiefreier Landwirtschaft leben und den eingesessenen Allgäuern beibringen wollen, wie man das macht. Es hatte aber nicht allzu lange gedauert, bis er merkte, dass sich im konservativen Allgäu kaum jemand für seine Ökomission interessierte. Mit alternativer Medizin dagegen hatte er viel mehr Erfolg. Er reihte sich problemlos in die einheimische Liga der Naturheiler, Gesundbeter und Wunderdoktoren ein und war damit auch tatsächlich erfolgreich.
    Umgraben im Frühjahr
    1 Sobald der Boden im Frühjahr aufgetaut ist, kann man mit seiner Bearbeitung beginnen. Sehr nasse Böden müssen vorher noch etwas abtrocknen.

    2 Zunächst entfernt man gröbere Pflanzenreste und Stängel und bringt sie auf den Komposthaufen.

    3 Dann gräbt man mit der Grabforke das Erdreich um und entfernt Wurzelreste.
    Endlich kommt Hilfe
    Dieser Dr. rer. nat. hatte in seinem Schuppen noch einen Trecker stehen, einen alten grauen Hanomag C224, samt Pflug. Mit diesem kam er die dreieinhalb Kilometer den Berg herauf- gerattert und versuchte, den Pflug anzusetzen. Die Zugmaschine heulte und stöhnte, der Auspuff stieß dichte schwarze Wolken aus, und nach ein paar Metern verabschiedete sich der Motor mit einem Würgegeräusch. Das Wiederanlassen dauerte seine Zeit, und dann wiederholte sich der Vorgang: schwarze stinkende Auspuffwolken, Heulen, Stottern, Abwürgen. So ging es mehrere Stunden. Pflügen konnte man das nicht nennen. Es war eher ein sporadisches Aufreißen des Bodens. Es gab keine regelmäßigen Furchen von gleichbleibender Tiefe. Aber das zähe Netz von Brennnesselwurzeln war zerrissen, und nun fiel es mir viel leichter, die wurzeligen Schollen mit der Grabforke auszuschütteln, den Boden umzugraben und anschließend die Beete anzulegen.

    Bodenbearbeitung: Umgraben oder nicht?
    Zu Urgroßvaters Zeiten war es keine Frage: Der Garten musste im Herbst umgegraben werden. Nur so entwickelt er eine gute Frostgare, das heißt, das Erdreich wird durch den Frost schön krümelig und Unkräuter werden beseitigt.
    Mein Lehrer, der alte Arthur Hermes, bestand noch darauf:„Der Boden muss umgegraben oder gepflügt werden, um ihn zu ‚chaotisieren‘; er muss sämtliche Struktur

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