Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
eine magische Zahl. Diese verband die darbenden Menschen wieder mit den Kräften des Lebens. Die Gründonnerstagssuppe, die unsere Urgroßmütter noch kannten, ist ein Überbleibsel dieses Brauchtums. Früher hat man aber nicht nur am Gründonnerstag rituell diese gesunde Kräutersuppe verzehrt – das ganze Frühjahr über sammelten die Menschen die ersten zarten Kräutlein, weil es im Gemüsegarten und auf dem Acker so früh noch kaum etwas zu ernten gab. Neben Scharbockskraut und den ersten zarten Brennnesseltrieben waren das Löwenzahn und Gundermann, Vogelmiere und Milzkraut und sogar die ersten jungen Blättchen von Laubbäumen wie Birken, Buchen und Linden. Für uns waren und sind die Frühlingskräuter noch immer Garanten der Gesundheit. Ohne Kenntnis der Wildkräuter hätten wir auf der abgelegenen Niederalp damals nicht überleben können.
Frische Frühlingskräuter für die „Grüne Neune ”
Das sind meine Lieblingskräuter im frühen Jahr – eine Auswahl der vitaminreichen grünen Pflanzen, die einst den Menschen das Überleben in Notzeiten sicherten und die wir im Lauf des Frühlings jedes Jahr als Salat, Gemüse oder Suppengrün sammeln.
Ackerschachtelhalm
Ehe der Ackerschachtelhalm seine grünen, verzweigten Sommertriebe hervorbringt, erscheinen im zeitigen Frühjahr die saftigen blass-rosa-bräunlichen Sporentriebe. Diese können in Suppen und Salaten, als Füllung für Teigtaschen, Eierkuchen oder Omelettes verwendet werden. In Russland sind sie so beliebt, dass man sie sogar für die Bevorratung einsalzt. Rührei mit klein gehacktem Ackerschachtelhalmkolben gehört bei mir unbedingt zum Frühling.
Adlerfarntriebe
Jedes Jahr finden die noch eingerollten Blattwedel, die „Fiedelköpfe“ (engl. fiddleheads ), bei uns den Weg in die Bratpfanne oder auch in den Gemüseeintopf. Für mein Lieblingsrezept kocht man sie in Wasser, wobei man einmal das Wasser wechseln sollte. Wenn sie weich sind, frittiert man sie in Öl zusammen mit Brotwürfelchen und serviert sie mit Sahne.
Aus der Ethnologie war mir bekannt, dass diese auf der ganzen Welt vorkommende Farnart bei vielen Völkern eine wichtige Nahrungsquelle ist. In Korea und Japan sind die Sprossen in Reispfannengerichten sehr beliebt. Die Triebe werden zuerst gekocht, dann in der Sonne getrocknet und für den Winter aufbewahrt. Durch Einsalzen oder Einsäuern kann man sie ebenso haltbar machen. Auch die stärkehaltigen Wurzeln sind essbar. Als sich die Maori vor 1000 Jahren in Neuseeland ansiedelten, war es dort für ihre Lieblingsspeisen, Kokosnüsse und Brotfrucht, zu kalt. So wurden die Wurzeln des Adlerfarns ( ahuhe ) zu einem Hauptnahrungsmittel. Die Japaner extrahieren aus den Wurzeln die Warabi-Stärke, die für Süßigkeiten verwendet wird. In Skandinavien wurde das Mehl für das tägliche Brot mit Adlerfarnwurzelmehl gestreckt. Die nordamerikanischen Indianer aßen die Wurzelstöcke ebenso wie die Guanchen, die Ureinwohner der Kanaren. Letztere bereiteten ihr berühmtes gofio aus getrockneten Adlerfarnwurzeln, Mocan-Beeren und gemahlener Gerste als alltägliche Speise.
Obwohl weltweit ein wichtiges Nahrungsmittel, wird der Farn heute als giftig eingestuft, er soll karzinogen wirken. Aber was ist Gift? Der weise Paracelsus lehrt uns: „Alle Dinge können giftig sein; allein die Dosis macht es, ob ein Ding giftig ist oder nicht.“
Bärlauch
Die nach Knoblauch riechenden, vitaminreichen Blätter des Bärlauchs erscheinen im Frühling auf den feuchten, nährstoffreichen Böden der Flussauen und Laubwälder und verschwinden wieder gegen Ende Mai. Die jungen Blätter schmecken hervorragend in Suppen, Saucen, Salaten, Kräuterquark und als Belag auf Butterbroten. Mit den weißen Blüten kann man Salate dekorieren, und wo viele Pflanzen wachsen, kann man auch die Zwiebeln verwenden. Besser ist es jedoch, einige Bärlauchzwiebeln in der Nähe des Hauses auszupflanzen. Sie vermehren sich schnell und man schont die Wildbestände.
Bärlauch hilft wie Knoblauch bei Arterienverkalkung, erhöhtem Blutdruck, Leberleiden, vertreibt Madenwürmer und reinigt Magen und Darm. Beim Sammeln müssen Unerfahrene gut aufpassen, dass sie nicht die ähnlich aussehenden Blätter der giftigen Herbstzeitlose oder des Maiglöckchens mit aufnehmen.
Breitwegerich, Mittlerer Wegerich und Spitzwegerich
Die jungen Blätter aller Wegerich-Arten eignen sich für den Salat, als Spinat zubereitet oder in Pürees und Suppen. Der Breitwegerich bevorzugt festgetrampelte
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