Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
einzig die Zucchini, die tapfer ihre länglichen grünen Früchte hervortreiben.
Den orange-gelben Riesenkürbis pflanze ich mir dennoch jedes Jahr auf einen kleinen mit Erde bedeckten Komposthaufen in der Hoffnung, dass das Jahr einmal ausnahmsweise warm genug ist und er Zeit zum Reifen hat. Ich bin schließlich in Amerika aufgewachsen, wo der Riesenkürbis eine Art Kultgemüse ist. Ich will allerdings nicht unbedingt einen gruseligen Halloween-Kürbis schnitzen – für mich ist der Hauptanlass, es mit Riesenkürbissen zu versuchen, dass man daraus den leckeren pumpkin pie, eine wunderbare amerikanische Kürbistorte, backen kann. Aber leider muss ich fast jedes Jahr auf diese Delikatesse verzichten. Eigentlich müsste ich auch auf Zuckermais verzichten, aber mit viel Mühe und gärtnerischem Können gelingt uns der Anbau meistens.
Da das Klima bei uns eher rau ist und die Wachstumsperiode so kurz, habe ich mich im Lauf der Jahre von den wärmebedürftigen Gemüsesorten verabschiedet und mich immer mehr auf robuste Kohl-, Blatt- und Wurzelgemüse konzentriert. Zu den Wurzelgemüsen gehören Karotten, Kohlrüben, Rettiche, Rote Bete, Schwarzwurzeln, Steckrüben, Wurzelpetersilie, Wurzelsellerie und auch weniger bekannte wie Haferwurzel, Japanischer Knollenziest (auch Chinesische Artischocke oder Crosne genannt), Kerbelrübe, Klettenwurzel, Schinkenwurzel und Topinambur.
Ich erzähle das nur, um deutlich zu machen, dass jeder Garten, jede Landschaft anders ist, was klimatische Bedingungen, Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und dergleichen angeht. Deswegen ist es schwierig, pauschale Ratschläge zu geben. Der Gärtner sollte sich also weniger auf Bücher als auf seine eigene genaue Beobachtung und Intuition verlassen. Es ist wichtig für ihn, eine persönliche Verbindung mit dem Garten und der ihn umgebenden Natur herzustellen.
Den Garten anlegen
Was die Länge, Breite und Gestaltung des neuen Gartens insgesamt anging, so hielt ich mich an die überlieferten Muster, die man häufig auch in Bauerngärten, Klostergärten sowie Schrebergärten findet. Unser Garten bedeckt eine dem Goldenen Schnitt folgende rechteckige Fläche. Ein Hauptweg teilt diese in eine rechte und eine linke Hälfte. Rechtwinklig durchquert ein anderer Weg den Hauptweg, sodass sich ein Wegekreuz bildet. Am Kreuzungspunkt ließ ich ein kleines Rondell stehen, setzte einen Findling in die Mitte und pflanzte Blumen und Heilkräuter darum herum. Das sollte das „Herz“ des Gartens sein, der Fokus. Hier stellte ich auch meine bunt bemalten Gartenzwerge auf.
Intellektuelle, die immer alles besser wissen, verspotten Gartenzwerge gerne als spießigen Kitsch. Aber wer so denkt, ist wahrscheinlich selbst ein verkappter Spießer. Für mich sind diese seit alters überlieferten Tonfiguren lediglich die Sichtbarmachung der ätherisch-seelischen Energien, die im Garten am Werk sind – jenseits der physischen Aspekte. Meine Gartenzwerge symbolisieren, dass der Gärtner um das komplexe Zusammenspiel verschiedener Einflüsse in seinem Garten weiß: Ein Garten ist nicht nur ein wissenschaftlich analysierbares System von berechenbaren, mechanisch-chemischen Prozessen, sondern hier sind auch feinstoffliche und seelische Kräfte am Werk. Ein richtiger Garten sollte nicht nur Kalorien und Nährstoffeinheiten liefern, sondern auch Lebensfreude. Auch der Gemüsegarten kann ein Ort sein, an dem die Menschenseele mit der Seele der Natur Zwiesprache hält.
Was ist der Goldene Schnitt?
Der Goldene Schnitt gilt seit der Antike als die vollkommene, ideale Proportion.
Dabei wird eine Strecke so geteilt, dass sich die gesamte Strecke zu ihrem größeren Teilungsabschnitt so verhält wie dieser zum kleineren Teilungsabschnitt. Dieses Verhältnis beträgt rund 1,622. Nach diesen Proportionen teile ich die Beete in meinem Garten auf.
Meine Gartenzwerge
Das Ausbringen der Gartenzwerge wurde für unsere Familie im Lauf der Jahre zu einem richtigen Ritual. Meistens war es der Maifeiertag, an dem wir die kleinen bunten Tonfiguren in den Garten trugen, um sie nach dem ersten Schnee oder am ersten November, zu Halloween – bei uns Allerheiligen –, wieder hereinzuholen. Später wurde mir klar, dass diese Daten für die keltische Urbevölkerung wichtige Feiertage waren; sie galten jeweils als der Anfang und das Ende der hellen Jahreshälfte. In der dunklen, kalten Jahreszeit überwintern die Zwerge in einer Nische über dem warmen Küchenherd. Erst einmal
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