Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)
letztendlich auch für tierische Gewebe. Dabei wird der Sauerstoff, der für uns Tiere das Lebenselement ist, als „Abfall“ ausgeschieden.
Man stelle sich vor und staune: Bis zu 98 Prozent der Pflanzensubstanz ist lediglich Luft und Wasser; nur eine verschwindend geringe Menge der Substanz entstammt dem Boden, und zwar in der Reihenfolge Stickstoff, Phosphor, Kali, Kalk und Spurenelemente. Diese mineralischen Bestandteile spiegeln nicht einfach nur die Zusammensetzung des Bodens, bei dem die Elemente Sauerstoff, Silizium und Aluminium in verschiedenen molekularen Verbindungen am häufigsten vorkommen. Die Pflanzen selektieren die Bodenstoffe, die sie brauchen.
Diesem Aufbauprozess steht ein ebenso grandioser Abbauprozess gegenüber. Der Abbau beschleunigt sich nach der Sommersonnenwende, wenn die Sonneneinstrahlung abnimmt und die Tage kürzer werden. Die abbauenden Organismen – Insekten, Schnecken, Milben, Asseln, Würmer, Millionen von Bakterien sowie die Pilzorganismen, Mehltau, Rost, Schimmel, Strahlenpilze – machen sich immer mehr über die schwächelnden Pflanzen her. Sie spalten Zucker, Stärke, Lignin, Zellulose, Öle, Wachs und andere Verbindungen auf, setzen die darin festgehaltene Sonnenenergie (Kalorien) wieder frei und nehmen diese für sich in Anspruch. Sie zerlegen, verdauen und oxidieren (verbrennen) das dürre, verwelkte Kraut, die abgefallenen Blätter, das tote Holz – alle organische Materie. Sie lösen die molekularen Verbindungen der Pflanzensubstanz wieder in ihre Bestandteile auf: Kohlenhydrate werden in einfache Zucker, organische Säuren und schließlich in Kohlendioxid und Wasser zerlegt. Bestimmte Bakterien zersetzen die Eiweiße zu Aminosäuren, Nitrit und schließlich zu Ammoniak, das sich in der Luft verflüchtigt. Und die mineralischen Bestandteile kehren zur Erde zurück.
Aber nicht ganz. Ehe der Abbauprozess vollendet ist, kommt es zur Umkehr. Bestimmte Pilze und Bakterien nehmen die gelösten Stoffe wieder auf. Das enge Geflecht der Pilzmyzelien fängt das flüchtige Ammoniakgas auf und baut es in seine Gewebe ein. Bald folgen Nitratbakterien, Strahlenpilze und schließlich Regenwürmer, die diese Substanzen in den lockeren, duftenden, reifen Dauerhumus verwandeln, den die Pflanzen brauchen, um gut zu keimen und zügig zu wachsen.
Man kann sich den Vorgang auch so vorstellen: Beim fortschreitenden Abbauprozess spaltet sich die Pflanze in zwei Teile – absterbende Streu einerseits und Samen, die den Lebenskeim tragen, andererseits. Während die Samen ruhen, bauen die Mikroorganismen die Streu in nährstoffreichen Humus um. Im neuen Aufbauzyklus werden Humus und Samen wieder vereint und bringen erneut lichtassimilierende Pflanzengebilde hervor.
Was ist Kompost?
Die Kompostierung ist ein von Menschenhand gelenkter Verrottungsprozess. Indem der Gärtner einen Kompost bereitet, ahmt er den oben beschriebenen natürlichen Umwandlungsprozess auf kunstvolle und konzentrierte Weise nach. Er beschleunigt und intensiviert den Vorgang. Es ist wahrhaftige Alchemie – die Kunst der stofflichen Verwandlung –, die da stattfindet. Der Abbau der organischen Verbindungen durch bestimmte Bakterien, Schleimpilze und andere Pilze wird gelenkt und in einen neuen Aufbauprozess umgewandelt. Die fortschreitende Auflösung, wobei Eiweiße in Aminosäuren und schließlich Ammoniakgas, Kohlenstoffverbindungen in Kohlendioxid und andere Verbindungen in ihre mineralischen, elementaren Bestandteile zerfallen, wird aufgehalten und umgekehrt. Pilze, Nitratbakterien, Strahlenpilze, Springschwänze, Regenwürmer und anderes Kleingetier bauen die Reststoffe in wertvolle Ton-Humus-Komplexe um. Diese aus kolloidal verklebten Tonmineralien und Humuspartikeln bestehende krümelig lockere, gut riechende Substanz ist das Ziel der Kompostierung.
Kompost ist das beste Bodenverbesserungsmittel. Er ist ein nachhaltiger Dünger. Er enthält nicht nur die Grundstoffe (Stickstoff, Kali, Phosphor, Kalk), die die Pflanzen für ihr Wachstum brauchen, sondern auch Spurennährstoffe. Im Humus sind diese Nährstoffe nur langsam löslich, sie werden nicht sofort ausgewaschen. Das verdanken wir den im reifen Humus vorhandenen langen, verketteten Kohlenstoffmolekülen, die die Ionen dieser Elemente (Kalium, Magnesium, Kalzium, Ammonium und so weiter) wie Fangarme festhalten. Erst die Enzyme der Wurzelhärchen der Pflanzen lösen sie wieder heraus.
Gemüseabfälle aus der Küche sind wertvolles Kompostmaterial, das man
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