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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wissen.«
    Mr Sattersway erinnerte sich, diese Worte schon früher am Abend gehört zu haben. Wie merkwürdig!
    Er ging hinaus zum Wagen und zum wartenden Masters. Aus der offenen Tür zur Bar erscholl die Stimme des Wirts, laut und selbstzufrieden:
    »Eine düstere Geschichte«, sagte er gerade. »Eine sehr düstere Geschichte. Das ist mal sicher!«
    In Wahrheit verwendete er nicht das Wort »düster«, sondern einen viel farbigeren Ausdruck. Mr William Jones war ein Mann der feinen Unterscheidungen und passte seine Adjektive der jeweiligen Kundschaft an. Und die Gäste in der Bar liebten gut gewürzte Reden. Mr Sattersway lehnte sich auf dem komfortablen Sitz der Limousine zurück. Seine Brust war triumphgeschwellt. Er sah, wie das Mädchen Mary vor die Tür trat und unter dem knarrenden Wirtshausschild stehen blieb.
    Sie hat noch keine Ahnung, was ich vorhabe, dachte Mr Sattersway. Keine Ahnung!
    Das Wirtshausschild schwang leise im Wind.

Das Zeichen am Himmel
     
    D er Richter hatte seine Ansprache an die Geschworenen fast beendet.
    »Nun, Gentlemen, ich bin mit meinen Ausführungen beinahe fertig. Es ist an Ihnen, auf Grund der Beweise zu entscheiden, ob diese gegen den Mann sprechen, sodass Sie ihn für schuldig befinden, Vivien Barnaby getötet zu haben. Sie haben die Aussagen der Angestellten über den Zeitpunkt gehört, zu dem der Schuss abgegeben wurde. Sie waren sich alle einig. Außerdem liegt ein Brief vor, den Vivien Barnaby am Morgen des gleichen Tages – am Freitag, dem 13. September – an den Angeklagten schrieb, ein Brief, dessen Existenz die Verteidigung nicht bestritten hat. Sie haben gehört, wie der Gefangene anfangs leugnete, in Deering Hill gewesen zu sein, und erst später, nach der Beweisvorlage durch die Polizei, seine Anwesenheit zugab. Über sein Leugnen müssen Sie sich Ihr eigenes Urteil bilden. Es gibt keine Tatzeugen. Was Motiv, Mittel und Gelegenheit betrifft, so werden Sie Ihre eigenen Schlüsse ziehen. Die Verteidigung ist überzeugt, dass eine unbekannte Person das Musikzimmer betrat, nachdem es der Angeklagte verlassen hatte, und Vivien Barnaby mit der Waffe erschoss, die der Angeklagte in einer seltsamen Vergesslichkeit zurückgelassen hatte. Sie haben die Geschichte des Angeklagten gehört, warum er eine halbe Stunde für den Nachhauseweg brauchte. Wenn Sie seinem Bericht nicht glauben und über jeden Zweifel überzeugt sind, dass der Angeklagte am Freitag, dem 13. September, seine Waffe aus nächster Nähe auf Vivien Barnabys Kopf abfeuerte mit der Absicht, sie zu töten, dann muss Ihr Urteil auf schuldig lauten. Wenn Sie andererseits begründete Zweifel haben, ist es Ihre Pflicht, den Gefangenen freizusprechen. Ich möchte Sie jetzt bitten, sich in Ihr Zimmer zurückzuziehen und sich zu beraten. Wenn Sie eine Entscheidung getroffen haben, lassen Sie es mich wissen.«
    Die Geschworenen waren eine knappe halbe Stunde abwesend. Sie fällten ein Urteil, das für alle bereits vorher festgestanden hatte. Sie sprachen den Angeklagten schuldig.
    Nachdem Mr Sattersway sich den Urteilsspruch angehört hatte, verließ er mit nachdenklich gerunzelter Stirn den Gerichtssaal.
    Gewöhnlich interessierte ihn ein Mordfall nicht. Er war von seiner ganzen Veranlagung her ein viel zu anspruchsvoller Mensch, um Geschmack an den schmutzigen Einzelheiten eines Durchschnittsverbrechens zu haben. Doch der Fall Wylde war etwas anderes. Der junge Martin Wylde war das, was man gewöhnlich als Gentleman bezeichnete, und das Opfer, Sir: George Barnabys junge Frau, hatte Mr Sattersway selbst gekannt.
    Darüber dachte er nach, während er durch Holborn ging und in ein Gewirr schmaler Straßen eintauchte, die in Richtung: Soho führten. In einer dieser Straßen lag ein kleines Restaurant, das nur wenigen bekannt war. Mr Sattersway gehörte zu diesen wenigen. Es war nicht billig – im Gegenteil, es war äußerst teuer, da es ausschließlich die feine Zunge des Gourmets befriedigen wollte. Es war ein ruhiges Lokal; keine Musik durfte die gedämpfte Atmosphäre stören. Und es war ziemlich dunkel. Kellner tauchten auf leisen Sohlen aus dem Dämmerlicht auf und trugen die silbernen Schüsseln mit einer Würde, als nähmen sie an irgendeiner heiligen Handlung teil. Das Restaurant hieß Arlecch i no.
    Immer noch nachdenklich betrat Mr Sattersway das A r lecchino und schritt auf seinen Lieblingstisch in einer Nische an der entfernteren Wand zu. Wegen des bereits erwähnten dämmrigen Lichts entdeckte er erst

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