Der seltsame Mr Quin
Nachforschungen über sie an. War sie wirklich Frankokanadierin? Hatte sie diese wundervollen Antiquitäten wirklich geerbt? Sie hatten Recht, als Sie eben sagten, wir seien nicht weit vom Thema abgeschweift, ›nur über den Kanal‹. Diese so genannten Erbstücke waren aus französischen Schlössern gestohlen, waren vorwiegend wertvolle Sammelstücke und folglich schwer abzusetzen. Sie kauft das Haus – wahrscheinlich für ein Butterbrot –, lässt sich hier nieder und zahlt einer über alle Zweifel erhabenen Engländerin eine erhebliche Summe, damit sie sie begleitet. Dann taucht Harwell auf. Das ist von langer Hand vorbereitet. Die Heirat, das Verschwinden… was gibt es Natürlicheres, als dass eine Frau mit gebrochenem Herzen alles verkaufen will, das sie an ihr vergangenes Glück erinnert? Der Amerikaner ist ein Kenner, die Sachen sind echt und schön, einiges davon gar nicht teuer. Er macht ein Angebot, sie nimmt es an. Sie verlässt die Gegend, eine traurige und tragische Figur. Der große Coup ist gelungen. Das Auge des Publikums wurde durch eine geschickte Hand und einen sensationellen Trick getäuscht.«
Mr Sattersway hielt inne, die Wangen vor Begeisterung gerötet.
»Aber ohne Sie hätte ich es nie herausgefunden«, sagte er plötzlich bescheiden. »Sie haben eine höchst merkwürdige Wirkung auf mich. Man sagt so oft Dinge, ohne zu erkennen, was sie wirklich bedeuten. Sie haben die Gabe, es einem zu zeigen. Aber eines ist mir immer noch nicht ganz klar. Es muss für Harwell sehr schwierig gewesen sein zu verschwinden. Schließlich suchte ihn die Polizei in ganz England.«
»Bestimmt suchten sie ihn in ganz England«, bestätigte Mr Quin.
»Am einfachsten hätte er sich im Hause selbst versteckt gehalten«, überlegte Mr Sattersway, »falls dies möglich war.«
»Ich glaube, er war ganz in der Nähe«, antwortete Mr Quin.
Sein bedeutungsvoller Blick verfehlte seine Wirkung auf Mr Sattersway nicht.
»In Mathias’ Hütte?«, rief er. »Aber die Polizei wird sie doch durchsucht haben?«
»Mehrmals, würde ich sagen«, räumte Mr Quin ein.
»Mathias«, überlegte Mr Sattersway stirnrunzelnd.
»Und Mrs Mathias«, ergänzte Mr Quin.
Mr Sattersway blickte ihn nachdenklich an. »Falls es wirklich die Clondinis waren«, meinte er träumerisch, »dann handelt es sich um drei Personen. Die beiden jungen waren Harwell und Eleanor Le Couteau. Und die Mutter spielte Mrs Mathias. Aber in diesem Fall…«
»Mathias litt an Rheuma, nicht wahr?«, warf Mr Quin unschuldig ein.
»Oh, jetzt hab ich’s!«, rief Mr Sattersway. »Aber war es auch durchzuführen? Ich glaube schon. Hören Sie zu! Mathias war einen Monat dort. Während dieser Zeit befanden sich Harwell und Eleanor zwei Wochen auf Hochzeitsreise. Die zwei Wochen zuvor hielten sie sich angeblich in London auf. Ein geschickter Mann hätte beide Rollen – die von Harwell und die von Mathias – spielen können. Wenn Harwell in Kirtlington Mallet auftauchte, lag Mathias passenderweise mit Rheuma im Bett, und Mrs Mathias musste das bekräftigen. Ihre Rolle war sehr wichtig. Ohne sie hätte jemand die Wahrheit herausfinden können. Wie Sie sagen, versteckte sich Harwell in Mathias’ Hütte. Denn er spielte auch Mathias. Als man schließlich beschloss, Ashley Grange zu verkaufen, verbreiteten sie die Kunde, Mathias und seine Frau hätten die Stellung in Essex gefunden. Dann verschwanden sie von der Bildfläche – für immer.«
Es klopfte, und Masters trat ein.
»Der Wagen ist da, Sir.«
Mr Sattersway erhob sich. Mr Quin ging zum Fenster und schob die Vorhänge zur Seite. Ein Mondstrahl fiel in den Raum. »Das Gewitter ist vorbei«, sagte er.
Mr Sattersway zog seine Handschuhe an. »Nächste Woche esse ich mit dem Polizeipräsidenten«, sagte er gewichtig. »Ich werde ihm meine Theorie unterbreiten.«
»Sie ist leicht zu erhärten oder zu widerlegen«, meinte Mr Quin. »Man muss nur die Einrichtung von Ashley Grange mit der Liste der französischen Polizei über gestohlene Antiquitäten vergleichen.«
»Genau«, bestätigte Mr Sattersway. »Ziemliches Pech für Mr Bradburn, aber…«
»Ich bin sicher, er wird den Verlust überleben«, meinte Mr Quin. Mr Sattersway reichte Mr Quin die Hand. »Auf Wiedersehen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich dieses unerwartete Zusammentreffen außerordentlich genossen habe. Sie fahren erst morgen ab, glaube ich?«
»Vielleicht noch heute Abend. Meine Aufgabe hier ist erledigt. Ich komme und gehe, wie Sie
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