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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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stülpt das Kästchen um, dreht das linke Plättchen halb um, dann schließt man das rechte. Wenn wir das Stückchen Käse wiederhaben wollen, brauchen wir es nur umgekehrt zu machen. Das rechte Plättchen halb herumdrehen, das linke schließen – und jetzt: Da ist es!«
    Das Kästchen war offen. Die Tafelrunde stieß einen überraschten Schrei aus. Das Käsestückchen war wieder da – und außerdem noch etwas anderes. Ein runder Gegenstand, der in allen Regenbogenfarben schimmerte.
    »Mein Opal!«
    Die Worte klangen wie Trompetenschall. Rosina Nunn sprang auf und schlug die Hände zusammen. »Mein Opal! Aber wie ist er da hineingekommen?«
    Henry Judd räusperte sich. »Hm, ich glaube, Rosy, mein Liebling, du hast ihn selbst hineingesteckt.«
    Jemand stand vom Tisch auf und lief hinaus. Es war Naomi Carlton-Smith. Mr Quin folgte ihr.
    »Aber wann? Du meinst…«
    Mr Sattersway beobachtete, wie es ihr allmählich dämmerte. Es dauerte beinahe zwei Minuten.
    »Du meinst, letztes Jahr im Theater?«
    »Ich weiß ja«, sagte Henry tröstend, »dass du immer mit irgendetwas spielst, Rosy. Denk nur an den Kaviar vorhin.«
    Miss Nunn überlegte und sagte langsam: »Ich legte ihn hinein, ohne es zu merken, dann habe ich das Kästchen wohl umgedreht und zufällig die Plättchen… aber dann…« Und da begriff sie. »Aber dann hat ihn Alec Gerard ja gar nicht gestohlen! Oh!« Sie stieß einen erschütternden Schrei aus, der aus tiefster Kehle kam. »Wie entsetzlich!«
    »Naja«, bemerkte Mr Vyse, »das lässt sich ändern.«
    »Aber er war ein Jahr im Gefängnis!« Dann überraschte sie alle mit der Frage, die sie an die Herzogin richtete. »Warum ist das Mädchen hinausgelaufen? Wer ist sie?«
    »Das ist Miss Carlton-Smith«, antwortete die Herzogin. »Sie war mit Mr Gerard verlobt. Die Sache hat sie sehr mitgenommen.«
    Mr Sattersway machte sich unauffällig davon. Es hatte aufgehört zu schneien. Naomi saß auf der niedrigen Steinmauer, einen Skizzenblock auf den Knien. Farbige Kreiden lagen neben ihr. Mr Quin stand da und sah ihr beim Zeichnen zu.
    Sie hielt Mr Sattersway den Block hin. Die Szene war nur rasch aufs Papier geworfen, doch sie verriet Begabung. Ein Wirbel von Schneeflocken mit einer Gestalt in der Mitte.
    »Sehr gut!«, sagte Mr Sattersway.
    Mr Quin blickte zum Himmel hoch. »Der Schneesturm ist vorbei«, meinte er. »Die Straßen werden nass sein, aber ich glaube nicht, dass es einen Unfall gibt.«
    »Das glaube ich auch nicht«, antwortete Naomi. Ihre Stimme hatte einen bedeutsamen Unterton, den Mr Sattersway nicht verstand. Sie sah ihn an und lächelte, ein strahlendes Lächeln. »Mr Sattersway kann mit mir zurückfahren, wenn er möchte.«
    Da wusste er, zu was sie in ihrer Verzweiflung fähig gewesen wäre.
    »Nun«, sagte Mr Quin. »Ich muss mich jetzt verabschieden.«
    Er ging davon.
    »Wohin will er?«, fragte Mr Sattersway, der ihm verblüfft nachstarrte.
    »Dorthin zurück, woher er gekommen ist, nehme ich an«, sagte Naomi in einem seltsamen Ton.
    »Aber – aber da ist doch nichts«, meinte Mr Sattersway, denn Mr Quin ging auf die Stelle am Abhang zu, wo sie ihn zuerst gesehen hatten. »Sie sagten selbst, es sei das Ende der Welt.«
    Er gab ihr den Zeichenblock zurück.
    »Die Skizze ist sehr gut«, sagte er. »Eine große Ähnlichkeit. Aber warum trägt er ein Narrenkostüm?«
    Eine Sekunde lang trafen sich ihre Blicke.
    »Ich sehe ihn eben so«, antwortete Naomi Carlton-Smith.

Die Stimme aus dem Dunkeln
     
    » I ch mache mir Sorgen wegen Margery«, sagte Lady Stranleigh. »Meine Tochter, wissen Sie«, fügte sie hinzu.
    Sie seufzte nachdenklich. »Mit einer großen Tochter kommt man sich schrecklich alt vor.«
    Mr Sattersway, der Empfänger dieser Vertraulichkeiten, zeigte sich den Umständen gewachsen. »Man sollte es nicht für möglich halten«, meinte er galant und machte eine kleine Verbeugung.
    »Schmeichler«, sagte Lady Stranleigh, doch es klang ziemlich zerstreut. Offenbar war sie mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache. Bewundernd betrachtete Mr Sattersway die schlanke Gestalt in dem weißen Kleid. Die Sonne von Cannes war unerbittlich, in ihrem Licht ließ sich nichts verbergen, doch Lady Stranleigh bestand die Prüfung glänzend. Auf die Entfernung wirkte sie außerordentlich jugendlich. Man konnte sich beinahe fragen, ob sie schon erwachsen war oder nicht. Mr Sattersway, der stets gut unterrichtet war, wusste, dass Lady Stranleigh bereits Enkelkinder hätte haben können. Sie

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