Der seltsame Mr Quin
ernstes Gesicht. Zwei Dinge schienen ihm von Bedeutung zu sein. Lady Stranleigh hatte eine Schachtel Pralinen geschenkt bekommen und eine schwere Vergiftung gehabt. Allem Anschein nach hatte sie diese beiden Punkte nicht in Zusammenhang gebracht. Aber bestand denn überhaupt einer? Mr Sattersway war geneigt, die Möglichkeit zu bejahen.
Ein großes dunkelhaariges Mädchen tauchte aus dem Frühstückszimmer auf. Margery stellte sie Mr Sattersway als Marcia Keane vor.
Sie lächelte gutmütig auf den kleinen Mann hinunter.
»Sind Sie hergekommen, um Margerys Lieblingsgeist zu erlegen?«, fragte sie gedehnt. »Wir ziehen sie ständig damit auf. Ach, da ist ja Roley!«
Vor dem Haus war ein Wagen vorgefahren. Ein großer junger Mann mit hellem Haar und jungenhaften Bewegungen stieg aus.
»Hallo, Margery«, rief er. »Hallo, Marcia! Ich habe Verstärkung geholt.« Er wandte sich nach den beiden Frauen um, die eben in die Halle traten. Mr Sattersway kannte die eine. Es war Mrs Casson, von der Margery kurz vorher gesprochen hatte.
»Sie müssen mir verzeihen, meine liebe Margery«, sagte sie, »aber Mr Vavasour hat behauptet, wir seien willkommen. Eigentlich war es seine Idee, dass ich Mrs Lloyd mitbringen sollte.«
Sie stellte ihre Begleiterin mit einer kleinen Geste vor. »Das ist Mrs Lloyd«, sagte sie in triumphierendem Ton. »Das beste Medium, das es gibt!«
Mrs Lloyd äußerte nicht den geringsten Protest. Sie verneigte sich und stand mit den Händen vor der Brust gefaltet da. Sie war eine braune junge Frau von durchschnittlichem Aussehen. Ihr Kleid wirkte ziemlich unmodern und war etwas bestickt. Sie trug eine Kette aus Mondsteinen und mehrere Ringe.
Wie Mr Sattersway feststellte, war Margery über die Eindringlinge nicht sehr begeistert. Sie warf Roley Vavasour einen ärgerlichen Blick zu. Er schien über die verursachte Störung nicht beunruhigt zu sein.
»Ich glaube, das Mittagessen ist fertig«, sagte Margery.
»Sehr schön«, sagte Mrs Casson. »Wir können gleich danach eine Séance abhalten. Haben Sie für Mrs Lloyd etwas Obst? Vor einer spiritistischen Sitzung nimmt sie nicht eine ordentliche Mahlzeit zu sich.«
Sie gingen ins Esszimmer. Das Medium aß zwei Bananen und einen Apfel und antwortete vorsichtig und kurz auf die verschiedenen freundlichen Bemerkungen, die Margery von Zeit zu Zeit an sie richtete. Kurz bevor sie vom Tisch aufstanden, warf sie plötzlich den Kopf zurück und schnüffelte. »In diesem Haus stimmt irgendetwas nicht. Ganz und gar nicht. Ich fühle es!«
»Ist sie nicht großartig«, flüsterte Mrs Casson begeistert.
»Ja, zweifellos«, antwortete Mr Sattersway trocken.
Die Séance fand in der Bibliothek statt. Wie Mr Sattersway bemerkte, war die Gastgeberin davon nicht sehr angetan. Nur die unverhohlene Freude ihrer Gäste versöhnte sie etwas mit der ganzen Geschichte.
Mrs Casson bereitete die Sitzung sehr gründlich vor. Offenbar kannte sie sich in diesen Dingen sehr gut aus. Stühle wurden in einem Kreis aufgestellt, die Vorhänge zugezogen, und dann verkündete das Medium, es sei bereit.
»Sechs Personen«, sagte sie und blickte durch den Raum. »Das ist nicht gut. Es muss eine ungerade Zahl sein. Sieben wäre ideal. Bei sieben Personen bin ich immer in Hochform.«
»Nehmen wir einen der Angestellten«, schlug Roley vor. Er stand auf. »Ich werde den Butler suchen.«
»Wie wär’s mit Clayton«, sagte Margery.
Mr Sattersway bemerkte, dass Roley Vavasour ein ärgerliches Gesicht machte.
»Warum ausgerechnet Clayton?«, fragte er.
»Du magst sie nicht«, sagte Margery nachdenklich.
Roley zuckte die Achseln. »Clayton mag mich nicht«, erwiderte er protestierend. »Sie hasst mich wie die Pest.« Er schwieg abwartend, doch Margery gab nicht nach. »Na schön«, sagte er dann, »soll sie mitmachen.«
Kurz darauf saßen alle im Kreis und schwiegen erwartungsvoll.
Jemand hüstelte, ein anderer bewegte sich unruhig. Dann erklangen ein paar Klopftöne, und eine Stimme sprach aus dem Medium. Es war ein Indianer. Ein Irokese.
»Tapferer Krieger begrüßt Sie. Jemand ist da, der Sie dringend sprechen möchte. Jemand, der der jungen Dame eine Botschaft geben möchte. Ich gehe jetzt. Der Geist hat gesprochen.«
Es entstand eine Pause, dann sagte eine neue Stimme, eine weibliche Stimme: »Ist Margery da?«
Roley Vavasour übernahm die Initiative und antwortete:
»Ja, sie ist da. Wer sind Sie?«
»Beatrice.«
»Beatrice? Wer ist Beatrice?«
Zum Ärger der Anwesenden
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