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Der Sensenmann

Der Sensenmann

Titel: Der Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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altes Eis.
    Die Fingerspitzen berührten die Scheibe. Es war nicht nur ein leichtes Klopfen, beide Frauen hörten ein leises Trommeln, das ihnen wie eine Botschaft vorkam.
    Sie blieb für einige Sekunden, ebenso wie das Grinsen des Sensenmanns. Dann erlosch es plötzlich, und er zog auch seine Hand zurück. Sofort danach richtete er sich auf, drehte sich ab und ging. Eine letzte schattenhafte Bewegung noch, dann war er weg.
    »Himmel«, flüsterte Maria, »Himmel, so schlimm war es noch nie.« Sie schloß die Augen und blieb starr stehen. Dabei zitterte sie wie von leichten Stromstößen durchlaufen. Sie tastete nach Sarahs Hand. »Ich habe Angst.«
    »Er hat uns nichts getan.«
    »Trotzdem. Sein Erscheinen war für mich wie eine Botschaft. Er hat etwas von uns gewollt oder von mir. Ich weiß nicht, wie ich es genau sehen soll…«
    »Du mußt vor allen Dingen ruhig bleiben.«
    Maria lachte blechern auf. Sie schüttelte den Kopf, schaute zu Boden und merkte, daß sich Sarah ihr entzog. Erst als sie die Schritte hörte, schaute sie wieder nach vorn und sah ihre Freundin schon am Fenster stehen. Sie war dabei, es zu öffnen.
    »Himmel, was machst du da?«
    »Ich will sehen, wohin er gegangen ist.«
    »Bist du denn lebensmüde?«
    »Nein, auf keinen Fall.«
    Wieder strömte die kalte Luft in den Raum. Sarah drehte sich nach links. Sie blickte an der Reihe der Fenster entlang zum Eingang des Hauses.
    Sarah sah ihn noch. Sie bekam auch mit, wie er sich nach links wandte und dann verschwand. Das konnte nur die Türnische sein, die ihn geschluckt hatte.
    Die Horror-Oma schloß das Fenster, drehte sich um und schaute Maria an.
    »Ist er weg?«
    »Das kann ich dir nicht genau sagen. Jedenfalls tauchte er in den Schatten des Eingangsbereichs.«
    »Was?«
    Sarah ging nicht auf die Frage ein. »Ist die Tür abgeschlossen?« wollte sie statt dessen wissen.
    Ihre Freundin rollte mit den Augen. »Ja, in der Nacht wird die Tür immer abgeschlossen. Aber ich weiß nicht, ob Herr Eberle das jetzt schon getan hat.«
    »Du meinst, daß es noch zu früh ist?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Spätestens um Mitternacht.«
    Sarah räusperte sich. Sie hatte schon einen Entschluß gefaßt. »Paß auf, Maria. Ich werde jetzt dein Zimmer verlassen und mich mal im Flur umschauen.«
    »Nein, du…« Sie sprach nicht mehr weiter, denn das Erschrecken über Sarahs Vorhaben hatte sie stumm werden lassen.
    »Doch, ich gehe…«
    »Aber wenn er dich…«
    »Keine Sorge, Maria, das schaffe ich. Ich will ja nicht gegen ihn kämpfen. Ich möchte nur sehen, ob er das Haus tatsächlich betreten hat.«
    »Es ist deine Sache, Sarah. Ich kann dir nicht helfen, obwohl ich es gerne möchte.«
    »Bis gleich.« Sarah diskutierte nicht mehr und verließ das Zimmer.
    ***
    Es war der Horror-Oma noch nicht gelungen, sich im Haus selbst näher umzusehen. Sie kannte nur das Zimmer ihrer Freundin, war einmal durch den Flur gegangen, und der nahe Bereich des Eingangs war ihr ebenfalls nicht unbekannt. Ansonsten hatte sie nichts gesehen oder gar ausgeforscht. Da mußte sie sich auf ihren Spürsinn verlassen. Sie hatte den Flur betreten. Von ihm zweigten die Türen der Zimmer ab. Unter der Decke verteilten sich die alten Lampen. Ihr Licht sah dunkelgelb aus. Nicht eben strahlend, doch es reichte aus, um den Flur zu erhellen.
    Das Licht verteilte sich an den Wänden, es glitt über den Boden hinweg und streifte auch die Zimmertüren. Wer hier lebte, der hatte ein gewisses Alter erreicht und ging zumeist früh zu Bett. Deshalb hielt sich auch niemand auf dem Flur auf, und alle Türen waren geschlossen. Der Reihe nach passierte Sarah sie. Sie bemühte sich auch, so leise wie möglich zu gehen und ärgerte sich ein wenig, weil sie ihren Stock zurückgelassen hatte.
    Eine ebenfalls gelbliche Tapete bedeckte die linke Flurwand. Zudem hatte sie ein blasses Streifenmuster, das bis hinab an die Fußleiste reichte.
    Der Boden glänzte wie frisch geputzt, obwohl er nicht glatt war. Hin und wieder hörte sie Geräusche aus den Zimmern. Manchmal eine Stimme, auch mal ein Lachen, Musik oder Stimmen, die aus den Lautsprechern der Fernsehapparate tönten.
    Es war alles normal. Es sah auch so aus, und trotzdem hatte sich in dieses Haus etwas Unheimliches und Böses eingeschlichen, das auf dem Friedhof einen besseren Platz gehabt hätte.
    Lady Sarah versuchte, sich so lautlos wie möglich zu bewegen und selbst das leise Klirren der Halsketten zu vermeiden. Sie verspürte einfach, daß es sehr

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