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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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seines Werbetalents setze sich Sartre von allen Mitstreitern seit P. T. Barnum ab.
    Die Besprechung, wie auch positive Berichte in Combat und weiteren Zeitungen, halfen dabei, Sartres Namen zu popularisieren und seine Philosophie weit über die Grenzen der Cafés von Saint-Germain-des-Prés hinauszutragen. Die Pariser beschäftigten sich nun mit seinen Büchern, darunter das zwei Jahre zuvor publizierte und bislang ignorierte Monumentalwerk Das Sein und das Nichts . Der Existenzialismus stand kurz davor – wie es der Historiker Ronald Aronson beschrieb –, zum ersten „Nachkriegsmedienhype“ zu werden.
    Der letzte Hype der Kriegszeit schien allerdings noch nicht abzuebben. Als sich die Hauptstadt auf das erste Weihnachten ohne deutsche Soldaten vorbereitete, zelebrierte eine bestimmte Pariser Aristokratin einen Maskenball inklusive eines Mitternachtsessens. Das Thema war: Marcel Petiot. Ein Journalist fragte die Gastgeberin, ob sie einen Ball mit diesem Thema für angebracht halte. Ja, antwortete sie, und auch ihre Freunde wollten ihren Spaß haben.
    Während Yonnet und Brouard hinsichtlich Petiots angeblichen Résistance-Aktivitäten ermittelten, berief Gollety ein Kollegium von Psychiatern mit dem Auftrag, die mentale Verfassung des Verdächtigen zu evaluieren. Das Komitee bestand aus drei Medizinern: Dr. Paul Gouriou, Direktor des Psychiatrischen Klinikums von Villejuif, der Petiot schon zuvor in Villeneuve-sur-Yonne untersucht und für verrückt erklärt hatte, als man ihm den Diebstahl von Öl zur Last legte. Dr. Georges Paul Génil Perrin vom Henri-Rouselle-Zentrum des Neurologischen Klinikums von Saint-Anne, der Petiot hingegen als einen „trickreichen Straftäter“ beschrieb, der sich durch Schlupflöcher im Rechtssystem winde, indem er bekannte Symptome vorspiele. Das dritte Mitglied war Dr. Georges Heuyer, ein führender Spezialist in pädiatrischer Neuropsychiatrie und Jugendkriminalität, der bislang noch keine Einschätzung über den Patienten abgegeben hatte.
    Die erste psychiatrische Begutachtung fand Ende Dezember 1944 statt. Wie zuvor Richter Gollety und die DGER-Offiziere begaben die Mediziner sich bei der Untersuchung auf ähnlich „sumpfiges“ Terrain, jedoch zeigte Petiot gegenüber den Kollegen eine erhöhte Arroganz und nicht zu verbergende Abscheu. Er betonte, dass das Haus in der Rue Le Sueur als Zentrum verschiedenster Résistance-Aktivitäten diente. Fly-Tox half Franzosen nach eigener Aussage bei der Flucht aus deutschen Lagern, liquidierte Feinde der Republik und beschaffte Waffen, die von den Alliierten abgeworfen worden waren. „Einmal“, prahlte er von seiner „Zentrale“, „versteckten wir dort fast eine Tonne an Waffen.“
    Für ihn persönlich war es unmöglich, Kollaborateure und Gangster wie „Jo, den Boxer“ und „Adrien, den Basken“ umzubringen. Die Arbeit habe die Organisation übernommen und nicht ein einzelner Mann und schon gar nicht ein Arzt. „Sie dürfen nicht vergessen, dass mich die Deutschen acht Monate lang in Fresnes eingesperrt und gefoltert haben, und dann schmiedeten diese Bastarde noch eine Intrige und stopften mir die Leichen ins Haus.“
    Die Ärzte befragten Petiot zu seinem enormen Reichtum, der sich laut Medienberichten auf „über 50 Gebäude im Wert von mehreren Millionen“ belief und ein Vermögen, das nach Einschätzung der Polizei ungefähr 200 bis 250 Millionen Francs betrug.
    „Ich habe das Vermögen nicht von den angeblichen Opfern“, widersprach Petiot. „Ich verdiente mit meiner Praxis 500.000 Francs im Jahr und gab kaum mehr als 100.000 Francs davon aus. Meine Frau ist genügsam, und die Dienstboten sind äußerst billig. Die großen Profite habe ich mit dem Gebrauchtwaren- und Antiquitätenhandel gemacht.“ Dann erwähnte Petiot einen Orientteppich, den er für 17.000 Francs eingekauft und am selben Tag noch für 60.000 Francs verkauft hatte. Angeblich hatte er durch Immobilieninvestitionen riesige Gewinne erwirtschaftet, obwohl der Hinweis auf solche Geldanlagen die Erklärung schuldig blieb, wie er denn ursprünglich an die Immobilien gelangt war …
    Schnell stellte sich heraus, dass weder die Quelle seines Wohlstandes noch die konkrete Summe eine große Rolle für die Psychiater spielte, denn es ging letztendlich um die Person Petiot. Die Ärzte hatten sich hinsichtlich seiner finanziellen Situation nicht genügend vorbereitet und stellten die Befragung an diesem Punkt ein. Stattdessen ging Petiot in die Offensive und

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