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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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die Rundfunkzubehör und Haushaltsgeräte von ihrem Werk in der Rue Saint-Lazare aus vertrieb. Er fungierte zudem als technischer Berater für verschiedene Firmen, darunter ein Batteriehersteller. Kneller und seine Frau hatten ihre Heimat Deutschland 1933 verlassen, nur sechs Monate nach der Machtergreifung Adolf Hitlers. Kurt Kneller ersuchte um die französische Staatsbürgerschaft, die man ihm und seiner Familie gewährte, und meldete sich zu Kriegsbeginn freiwillig für die französische Fremdenlegion, in der er bis zum Waffenstillstand im September 1940 diente.
    Als die Polizei die Vermieter ihres Zweizimmer-Appartements in der Avenue du Général-Balfourier 4 im 16. Arrondissement auf der Suche nach der Familie ansprach, erhielten die Beamten eine negative Auskunft, denn die Familie lebte hier nicht mehr. Einer ihrer Nachbarn, die 32-jährige Christiane Roart, verfügte hingegen über einige wichtige Fakten. Wie sie Inspektor Louis Poirier mitteilte, hatten die Knellers wegen der zunehmenden Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft schon lange darüber nachgedacht, Paris zu verlassen. Kurt Kneller, ein Patriot, der sich ganz und gar seiner neuen Heimat verschrieben hatte, wollte in Paris verweilen, änderte jedoch seine Meinung am 16. Juli 1942, dem Tag, der als der „Schwarze Donnerstag“ in die Annalen der Stadtgeschichte einging.
    Gemeinsam mit dem Sohn René sah Greta Kneller von ihrem Fenster im dritten Stock die Ankunft der französischen Polizei. Instinktiv spürte sie die Gefahr. Sie schnappte sich René und floh einen Stock höher, um sich bei Roart zu verstecken.
    Der Einsatz war Teil „der großen Razzia“, bei der innerhalb von 48 Stunden 12.884 jüdische Männer, Frauen und Kinder von der französischen Polizei aufgegriffen, mit den grün-weißen städtischen Bussen in das Sportstadion Vélodrome d’Hiver befördert und dort zusammengepfercht wurden. Hier warteten die Menschen auf die Deportation in eines der kleineren Konzentrationslager. Wären die Kellers an dem Tag in ihrer Wohnung gewesen, hätten sie ein achttägiges Martyrium in der heißen, engen Arena erleiden müssen, ohne genügend Nahrungsmittel, Wasser oder ausreichende sanitäre Einrichtungen. Nach der Tortur im Stadion und im Konzentrationslager wäre eine weitere Deportation in Viehwagen nach Auschwitz durchaus im Bereich des Möglichen gelegen.
    Den Knellers war klar, dass die Beamten zurückkehren und sie verhaften würden, woraufhin sie sich so schnell wie möglich zu einer anderen Unterkunft aufmachten. Sie überließen den jungen René der Obhut von Roart, seiner Patentante, und suchten Schutz bei Klara Noé, einer Freundin der Familie, die in der nahegelegenen Rue Erlanger 19 lebte. Am folgenden Tag – dem 17. Juli – erzählte Kurt Kneller seinem Freund Ernest Jorin, einem Investor der Firma und gleichzeitig Renés Pate, dass sie jemanden gefunden hätten, der ihnen bei der Flucht helfe. Es sei ein Arzt. Er habe sie instruiert, die Wertgegenstände in Koffern zu verstauen, die er in der Nacht persönlich abholen wolle. Petiot, so lautete der Name des Arztes, bat um die üblichen Passfotos und empfahl dafür ein Studio am Boulevard Saint-Martin.
    Wie Jorin der Polizei später erzählte, hatte er sich skeptisch gegenüber der sogenannten Fluchthilfeorganisation gezeigt. Als er sein Missbehagen gegenüber Kneller äußerte, zuckte der mit den Schultern und meinte: „Ich weiß, mir kommt das auch merkwürdig vor, aber was soll ich denn sonst machen?“ Kneller war verzweifelt.
    Am Abend des 17. Juli erschien der Doktor mit einem Pferdegespann, von einem älteren Mann gelenkt, der der Beschreibung im Fall Wolff entsprach. Sie luden das Gepäck, zwei große und vier oder fünf kleinere Koffer, auf die Ladefläche. Der Arzt erklärte, in Kürze wegen der Möbel wiederzukommen, und wies darauf hin, dass er – wie im Fall Braunberger – einen möglichst hohen Profit mit dem Verkauf erzielen wolle.
    Roart fühlte sich durch das Auftreten des Arztes wie vor den Kopf gestoßen, denn er bestand mit Vehemenz darauf, dass man ihm das gesamte Mobiliar aushändige. Er drohte sogar, die Knellers nicht in die unbesetzte Zone zu geleiten, falls sie den Anordnungen nicht folgten. Kurt und Greta befanden sich nicht vor Ort, um dem Transfer zuzustimmen, da sich die beiden schon wie besprochen in Noés Appartement aufhielten, um auf eine Nachricht des Doktors zu warten. Zögerlich folgten Roart und die Concierge der Aufforderung und

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