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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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ein Monster ist“.
    Geschworene – ja, sogar der Vorsitzende des Tribunals – sprachen mitten im Prozess mit der internationalen Presse in solcher Weise über einen Angeklagten? Floriot eröffneten sich nun alle Möglichkeiten mit Blick auf Verfahrensmängel.

FALLS ER WIRKLICH WAHNSINNIG SEIN SOLLTE, IST ER DER INTERESSANTESTE FALL MEINER GESAMTEN LAUFBAHN.
    (Ferdinand Gollety über Dr. Petiot)
    N achdem die in der New York Herald Tribune erwähnten beiden Geschworenen ersetzt worden waren, eröffnete Leser den nächsten Verhandlungstag am 20. März 1946 mit der Verlautbarung, dass er im Gegensatz zum vorhergehenden Tag jegliche Querelen sofort unterbinde. Der Prozess liege jetzt schon hinter dem anvisierten Zeitplan zurück. Von nun an werde er auf ein angemessenes Prozedere achten und auf die Wahrung einer Atmosphäre der „Ruhe und Würde“.
    Doch schnell kristallisierte sich angesichts der neuen Strategie ein großes Problem heraus, denn in einigen Fällen behandelte man das zugrundeliegende Material oberflächlich und schlampig. Somit blieben viele Fragen unbeantwortet oder wurden erst gar nicht gestellt. Das lag, einmal vom Aspekt der Gerechtigkeit abgesehen, nicht im Interesse der Strafverfolgung und bot der Verteidigung zahlreiche Möglichkeiten, das überhastete Vorgehen anzugreifen.
    Es dürfte wohl niemanden überraschen, dass die hohe Geschwindigkeit, mit der man die 27 Morde abhandelte, dem Publikum – und, schlimmer noch, den Geschworenen – ein wirkliches Verständnis jedes einzelnen Falles unmöglich machte. Wie einige Journalisten kritisch bemerkten, machte der Prozess es ironischerweise schwieriger, Mitgefühl für die vielen Opfer zu entwickeln. Dazu musste noch die Tatsache bedacht werden, dass die Kriegsjahre viele Menschen abgestumpft hatten, die den Holocaust und die grausamen und alles vernichtenden Luftangriffe mit Brandbomben sowie die Schreckensszenarien erlebt hatten, denen zwischen 50 und 60 Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren. Einer der Tiefpunkte des Prozesses war erreicht, als Dupin protestierte und darauf hinwies, dass „das Leben heilig ist“, woraufhin das Publikum voller Sarkasmus lachte.
    Nach einer kurzen Befragung zum Verschwinden Van Bevers, die Petiot veranlasste, sich ausgiebig zum Sexualleben und Drogenmissbrauch des jungen Mannes zu äußern, richtete Dupin die Aufmerksamkeit auf den Fall Guschinow. Petiot gab offen zu, den polnischen Pelzhändler und Geschäftseigentümer als „Kunden“ akzeptiert zu haben, doch verwehrte er sich gegenüber der Mordanschuldigung. Petiot gab zu Protokoll, dass er ihm geholfen habe, aus Paris zu flüchten, und ihn an Robert Martinetti empfohlen habe, „dem Experten für geheime Wege über die spanische Grenze“.
    Petiot erzählte dem Gericht, wie er Martinetti kennengelernt habe, und er behauptete, er habe ihn wegen „eines Leidens behandelt, auf das ich hier nicht näher eingehen möchte“. Diese Taktik wird speziell von Ärzten und allgemein Personen, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, gerne genutzt, um weitere Fragen zu einer Beziehung zu den angeblichen Bekannten oder Opfern zu unterbinden.
    „Wo hält sich Guschinow nun auf?“
    „In Südamerika.“
    „Können Sie uns bitte erklären, warum ihn niemand auffinden konnte?“
    „Sie vergessen, dass Argentinien mittlerweile eine ‚deutsche Kolonie‘ ist. Ein Pole wird dort sicherlich nicht Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen.“
    Verteidiger Floriot fragte, ob die Staatsanwaltschaft ausreichende Anstrengungen unternommen habe, um Guschinows Aufenthaltsort zu klären, da er überhaupt keine Hinweise in dem Dossier der nach Südamerika entsandten Ermittler gefunden habe.
    Dupin schmetterte die Eingabe mit der Antwort ab, dass der „Juge D’Instruction“ recherchiert habe.
    Floriot legte Einspruch ein, denn das Dossier enthalte lediglich einen Hinweis darauf, dass Madame Guschinow zwei Personen in Argentinien angeschrieben und sich nach dem Aufenthaltsort ihres Mannes erkundigt habe. Natürlich konnten sie nach Ansicht des Gremiums der Verteidiger keine positive Antwort geben, wie auch „99 Prozent der Menschen in Paris“, die Guschinow niemals gesehen haben.
    Petiot unterbrach mit der Behauptung, er habe drei Briefe bzw. Postkarten des Mannes erhalten, vom Empfang des Alvear Palace Hotel aus aufgegeben. Der Angeklagte ließ sich zur leicht bläulichen Farbe des Papiers aus und zu der eigentümlichen Angewohnheit der Menschen in Südamerika,

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