Der Serienmörder von Paris (German Edition)
den ersten eineinhalb Monaten des Jahres 1942 stellte Petiot allein fünf Rezepte für sie und zwei für Van Bever aus.
Am 19. Februar nahmen die Inspektoren Dupont und Gautier von der Brigade Mondaine Gaul in dem Zimmer fest, das sie mit ihrem Partner teilte. Auch Van Bever wurde inhaftiert und nach einer fast vierwöchigen Haftstrafe auf Kaution entlassen. Nach der Entdeckung Petiots als verschreibendem Arzt übermittelte die Brigade Mondaine die Information an Achille Olmi, einen Untersuchungsrichter, der entscheiden musste, ob der Fall von staatlicher Seite her weiter verfolgt werden sollte. Olmi ließ Petiot zu sich rufen, um ihn zu verhören.
Petiot argumentierte, dass es sich bei den Rezepten um legale Verschreibungen gehandelt habe. Er habe lediglich den Versuch unternommen, die Patienten durch immer niedrigere Dosen von der Sucht zu entwöhnen. Diese Methode helfe den ihm Anvertrauten dabei, für ihre Sucht „nicht einfach auf Beutefang zu gehen und zu stehlen oder sogar einen Menschen umzubringen“. Zudem sei es „die einzige bekannte Therapie“. Der Staat beschuldige ihn zu Unrecht des Drogenhandels. Würde er tatsächlich Handel betreiben, wie wären dann die bescheidenen 50 Francs zu erklären, die er bei einer Visite erhalte, und wie die 200 Francs für das Heroin, das auf dem Schwarzmarkt doch wesentlich mehr Geld einbringe?
Zu den für Van Bever ausgestellten Rezepten meinte er, dass dieser ihm gesagt habe, er sei süchtig. Nach einer gründlichen Untersuchung habe er die Diagnose angeblich bestätigt gesehen. Später, anlässlich der dritten Visite, seien ihm dann aber Zweifel gekommen, denn Van Bever, der behauptete, taub zu sein, konnte eine Frage beantworten, nachdem sie ihm von seiner Freundin ins Ohr geflüstert worden war. Ab dem Moment habe er sich geweigert, weitere Rezepte auszustellen. Sowohl Van Bever als auch Gaul widerlegten dieser Aussage später.
Die beiden änderten dann ihre Aussagen in bestimmten Punkten und sorgten damit für eine solche Verwirrung, dass sich der Richter gezwungen sah, sie und den Arzt anzuklagen. Der springende Punkt bestand darin, dass Van Bever nun behauptete, Petiot habe die ganze Zeit über gewusst, dass er kein Süchtiger gewesen sei und die Drogen der Geliebten zukommen habe lassen. Falls die Schuld der Patienten nachgewiesen worden wäre, hätte das unweigerlich eine Haftstrafe für sie nach sich gezogen. Petiot wiederum hätte im Fall einer Verurteilung mindestens seine Zulassung als Arzt verloren. Der Prozess sollte am 26. Mai 1942 vor dem Tribunal Correctionnel stattfinden.
Zwei Monate vor der Verhandlung verschwand Van Bever jedoch.
Er wurde zuletzt am Morgen des 22. März in einem Café in der Rue Piat gesehen. Van Bever trank dort zusammen mit seinem Freund und Arbeitskollegen, dem Kohlelieferanten Ugo Papini, einem ehemaligen Hutmacher aus Italien, einige Biere. Während des Gesprächs verständigte der Ober Van Bever, der sich in einer Ecke des Cafés mit einem großen, sauber rasierten Mann in den Mittvierzigern unterhielt, der eine Baskenmütze trug. Kurz darauf kehrte er zurück, sich dafür entschuldigend, dass er den Fremden begleiten müsse. Papini empfand die Situation als hochgradig mysteriös. Van Bever sagte lediglich, dass es sich bei dem Fremden um einen Freund von Jeanette Gaul handle, oder genauer gesagt um den Mann einer ihrer Freundinnen. „Möglicherweise hat Jeanette Schulden, die ich nun begleichen soll“, entschuldigte sich Van Bever und versprach, nicht lange wegzubleiben.
Als Van Bever am Abend noch immer nicht zurückgekehrt war und auch am folgenden Tag nicht zur Arbeit kam, sorgte sich Papini so sehr, dass er sein Zimmer aufsuchte, das wie üblich äußerst unordentlich wirkte. Merkwürdigerweise lag der Tabak von Van Bever, einem starken Raucher, noch dort. Bei dem Gespräch im Café hatte er Papini etwas über einen dringlichen Brief erzählt, der sich im Zimmer befand, aber nicht auffindbar war. Papini setzte unverzüglich einen Brief an Van Bevers Rechtsanwalt auf, Maître Michel Menard, in dem er vorschlug, eine Vermisstenanzeige beim Procureur de la République, also dem Staatsanwalt, aufzugeben.
Am 26. März 1942 füllte Papini einen dementsprechenden Bericht aus, worin er seine Befürchtungen wegen der Sicherheit des Freundes klar ausdrückte. Weder er noch die Polizei verdächtigten jedoch Dr. Petiot, denn zu der Zeit gab es einen wahrscheinlicheren Täter.
Während der letzten Monate hatte Van Bever
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