Der Serienmörder von Paris (German Edition)
wohl außergewöhnlichste Sammlung von Kunstgegenständen und Müll, die man sich nur vorstellen kann“. Allerdings war das Anwesen nicht wirklich gänzlich unbewohnt, wie Monique Petiot behauptet hatte.
In einem kleinen Raum neben der Treppe im ersten Stock stand ein Bett mit zurückgeworfener Decke und eindeutig benutztem Laken. Massu erkundigte sich, wer denn hier geschlafen habe. Waren es womöglich Marcel oder Georgette Petiot? Monique schüttelte den Kopf und behauptete, es sei ein Freund der Familie gewesen, ein 47-jähriger Geschäftsmann, der eigentlich in Courson-les-Carrières lebte, einer kleinen Stadt ungefähr 15 Kilometer südlich. Sie hatte vergessen, ihn zu erwähnen.
Die Inspektoren machten sich zur Bestätigung der Aussage auf die kurze Fahrt zu dem kleinen Ort. Neuhausen, ebenfalls Elektroartikel-Händler, gab zu, Maurice und Monique Petiot zu kennen. Und ja, er habe dort vor kurzem übernachtet, wie immer, wenn er den Zug nach Paris nehme.
Doch Neuhausen verriet ihnen noch mehr. Obwohl er Dr. Petiot nicht gut kannte und keinesfalls Informationen zu seinem Verbleiben hatte, gab er zu, den Mordverdächtigen am 1. März, einem Samstagmorgen, gesehen zu haben. Neuhausen hielt sich wegen geschäftlicher Angelegenheiten in Paris auf, und um Monique einen Gefallen zu erweisen, hatte er sich um ungefähr 11 Uhr in die Rue Caumartin begeben und ein Paar Schuhe für Gérard abgeholt.
„Wir unterhielten uns über Belangloses“, meinte Neuhausen. „Der Doktor gab mir die Schuhe für seinen Sohn, und ich verließ die Wohnung ungefähr 15 Minuten später.“ Er nahm später dann nach eigener Aussage den Zug um 17.20 Uhr und erreichte Auxerre um 21.40 Uhr. Ursprünglich beabsichtigte er, mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren, doch da es regnete, entschied er sich, in der Rue des Lombards zu übernachten, genau so, wie Monique es gesagt hatte. Er erklärte den Ermittlern, dass das alles sei, was er sagen könne.
Am Dienstag, dem 14. März, fiel einem der Ermittler eine attraktive Frau mit einer schwarzen Bluse und einem Persianer auf, die einen teuren gelben Lederkoffer bei sich führte. Sie stand am Bahnsteig in Auxerre und wartete auf einen Zug. Die schlanke und zierliche Frau hatte tiefbraune Augen und schulterlanges schwarzes Haar. Einige Löckchen fielen ihr ins Gesicht. Nur vier Monate trennten sie von ihrem 40. Geburtstag, doch sie wirkte wesentlich jünger. Als die Polizisten an sie herantraten, stritt sie ihre Identität nicht ab. „Ich habe nichts verbrochen“, protestierte Georgette Petiot, bevor sie auf dem Bahnsteig in Ohnmacht fiel. Zwei Gendarmen trugen sie aus dem Bahnhof. Ein junger Mann half der Polizei, doch er weinte unentwegt. Es war ihr Sohn Gérard.
Massu wurde unverzüglich von der Verhaftung in Kenntnis gesetzt und kehrte zur Polizeiwache in Auxerre zurück. Man brachte Georgette zu seinem Wagen, wo schon ihr Schwager Maurice saß, den man am vorhergehenden Abend festgenommen hatte, als er aus den naheliegenden Dörfern Cheney und Joigny zurückkam. Georgette legte aufgelöst den Kopf auf seine Schulter. Ihr „stoßartiges Schluchzen“ war das einzige Geräusch, das die Stille auf der Fahrt nach Paris störte.
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(Kommissar Massu im Gespräch mit Georgette Petiot)
D ie Nachricht von der Verhaftung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Als Massus Wagen das Büro am Quai des Orfèvres erreichte, wartete schon eine Meute von Reportern und Fotografen. Der Kommissar half Georgette und Maurice Petiot aus dem Automobil und versuchte, sie vor den Kameras abzuschirmen, deren Blitzlichtgewitter eine undurchdringliche grelle Wand blauen Magnesiumlichts bildete.
Massu hatte eine klare Vorstellung über das Prozedere der Verhöre. Er wollte sie allein befragen oder in Anwesenheit eines untergeordneten Beamten, der jedoch schweigen sollte. Ein Raum voller Ermittler und Zuschauer hätte viel zu viele Probleme verursacht. Dank der bei zahllosen Verhören gewonnenen Erfahrungen wusste er, dass eine unbedachte Frage eines aggressiven und unerfahrenen Beamten einen günstigen Gesprächsverlauf negativ beeinflussen konnte.
Darüber hinaus glaubte Massu an eindeutige Beweise und Deduktionen, die auf harten Fakten basieren. Er versuchte zuerst, so schnell wie möglich den Kontakt zu einem Verdächtigen herzustellen, egal wie unbedeutend das Gespräch war, um den von diesem bereits
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