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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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errichteten Schutzschild zu durchdringen. Dann arbeitete er sich so rasch wie möglich in der Sache voran, bis zu dem Moment, den er als „das Eindringen eines Elefanten in einen Porzellanladen“ beschrieb. Damit meinte er die Schlüsselfrage, die auf den Beweisen und den bereits gemachten Geständnissen des Verdächtigen beruhte und die nicht ohne einen Widerspruch zu dem früher Gesagten oder einem Verlust der Glaubwürdigkeit insgesamt pariert werden konnte.
    Der Kommissar bat Georgette Petiot, in seinem Büro Platz zu nehmen, und bot ihr ein Getränk an, das sie aber ablehnte. Dann zögerte er die Zeit hinaus, indem er sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigte, wonach er erst mit dem eigentlichen Fragen begann. Massu ordnete die Papiere auf seinem Tisch, ging zum Fenster und starrte auf den Pont Neuf. Er sah Fahrradfahrer die Brücke überqueren, einige der zwei Millionen in Paris. Für neue Drahtesel musste man mittlerweile die gleiche Summe hinblättern wie vor fünf Jahren für ein Auto. Massu dachte darüber nach, ob auch Petiot mit seinem Fahrrad die Brücke überquert hatte, in dem Anhänger möglicherweise eine grausige Fracht.
    Massu drehte sich um und sah der Frau des Arztes direkt ins Gesicht. „Tja, Madame Petiot, was wissen Sie? Sie brauchen sich nicht zu beeilen mit Ihrer Antwort. Wir haben viel Zeit. Beginnen Sie einfach, wo es Ihnen beliebt.“
    „Ich muss sagen, dass ich von dem allem nichts wusste“, antwortete Georgette Petiot, womit sie auf ihren Mann verwies. Sie saß auf dem Stuhl, stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und starrte scheinbar gedankenlos ins Nichts. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Taschentuch. Mit einer leisen, kaum hörbaren Stimme erklärte Petiot, vom Kauf des Gebäudes in der Rue Le Sueur Nummer 21 durch ihren Mann vor zwei oder drei Jahren zu wissen (es war tätsächlich vor drei Jahren). Massu, der sich in einen in der Nähe befindlichen Stuhl niederließ, bemerkte die Schweißperlen auf ihrer Stirn. Er fragte, ob es ihr zu warm sei und ob sie den Mantel ausziehen wolle. Georgette legte ab. Sie trug einen eng anliegenden Pullover mit einem rot-weißen Muster.
    Vor ungefähr zwei Jahren war sie einmal in der Rue Le Sueur gewesen, doch sie hatte das Haus nicht betreten. Sie hatte es nie gemocht. Es war viel zu groß und zu teuer und kostete ca. eine halbe Million Francs. Der Erwerb des Gebäudes bedeutete auch, dass ihr Mann sich noch seltener zu Hause aufhielt. Trotz ihrer Einwände hatte sie nicht gegen den Kauf protestiert, denn ihr Mann führte eine gutgehende Praxis und verdiente sehr viel Geld.
    Was die Renovierungsarbeiten anbelangte, konnte Georgette lediglich berichten, dass Dr. Petiot handwerklich geschickt genug war, um einen Großteil der Innenarbeiten, wie das Anstreichen, die Installationen und die Dekorationen, selbst zu erledigen. Sie prahlte von seinem geradezu kunsthandwerklichen Talent, besonders in Bezug auf Holzarbeiten, konnte jedoch nichts Genaueres zu möglichen Renovierungsarbeiten in der Rue Le Sueur sagen.
    Massu befragte sie als Nächstes zum Fahrrad und zu dem Anhänger. Georgette Petiot behauptete, sich nicht genau an den Kauf zu erinnern, glaubte aber, dass Petiot die beiden Dinge gleichzeitig gekauft hatte. Ihr Mann benutzte das Fahrrad zur Fahrt zu Auktionshäusern, wo er seinem Hobby, dem Ankauf „alter Bücher und Antiquitäten“ frönte. Generell reagierte Georgette auf Massus forschende Fragen mit einer Verteidigung ihres Ehegatten, den sie als einen „sehr sanftmütigen Mann“ beschrieb, der sich liebevoll um die Familie kümmerte. Seine Patienten vergötterten ihn regelrecht, und wenn sie zu den Armen zählten oder sich die Behandlungskosten nicht leisten konnten, nahm Petiot keinen einzigen Sou, wie sie hervorhob.
    Doch Georgette musste eingestehen, dass es vor acht Jahren ein Problem gegeben hatte. Ihr Mann musste vorübergehend eine Psychiatrie aufsuchen, „denn ihn plagten Beschwerden nach dem unerwarteten Tod einer Patientin“. Georgette bezog sich damit auf die 33-jährige Raymonde Hanss, die das Bewusstsein verlor, nachdem Petiot einen Zahnabszess behandelt hatte. Hanss’ Mutter machte den Arzt für den Tod ihrer Tochter verantwortlich, doch eine gründliche Untersuchung des Falls wurde niemals eingeleitet.
    Massu befragte Georgette danach zu den Ereignissen am 11. März 1944. Laut ihrer Aussage hatte ihr Mann den Morgen mit Hausbesuchen verbracht, wonach sie in ihrem Appartement gemeinsam zu Mittag aßen.

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