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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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ES KEINEN PLATZ MEHR FÜR MENSCHEN GIBT, FÜR DIE FREUDE, FÜR DIE FREIE ZEIT – DAS IST EINE WELT, DIE ZUM TODE VERURTEILT IST.
    (Albert Camus)
    A ls Fourrier und Pintard mit der Suche nach Fluchtwilligen begannen, erschien Nazi-Deutschland unbesiegbar. Hakenkreuzfahnen wehten in fast jeder Hauptstadt des Kontinents: Berlin, Wien, Prag, Warschau, Kopenhagen, Oslo, Amsterdam, Brüssel, Paris, und nach April 1941 in Belgrad, Sofia und Athen. Viele glaubten daran, dass sich Marschall Philippe Pétains düstere Prophezeiung verwirklichen, London fallen und Großbritannien schon bald eine öde Insel sein würde.
    Am 18. Juni 1940 trat General Charles de Gaulle in den BBC-Studios ans Mikrofon und richtete einen flammenden Aufruf an seine Landsleute: „Frankreichs Sache ist noch lange nicht verloren.“ Alle französischen Offiziere, Soldaten und Arbeiter sollten ihn beim kontinuierlichen und unermüdlichen Kampf helfen. „Egal, was geschieht – die Flamme des französischen Widerstands darf und wird nicht verlöschen.“
    Nur wenige Franzosen hörten die geschichtsträchtige Übertragung. Und noch weniger folgten dem Aufruf. Tatsächlich gab es keinen prominenten Offizier, Politiker oder Geschäftsmann, der sich der Rettung des Landes verschrieb – abgesehen von Georges Catroux, dem Militärgouverneur von Französisch-Indochina, und fast ein Jahr danach Jean Moulin, der 41-jährige Präfekt des Départements Eure-et-Loire, politisch dem linken Spektrum zuzuordnen. Die Bretonen zählten zu den Ersten, die de Gaulle unterstützten. Im Juli 1940 machten sie ca. 70 Prozent seiner kleinen Armee von 7.000 Patrioten aus. Nach dem Sieg in Frankreich griffen die Nazis mit aller Härte in der besetzen Zone durch und erstickten das geringste Anzeichen von Widerstand. Als sich die Moral im Winter 1940/1941, in dem die Temperaturen insgesamt 70 Mal unterhalb des Gefrierpunkts sanken (ein Rekord, der Durchschnitt lag sonst bei 20 Mal), dem Tiefpunkt näherte, konnte die Résistance kaum neue Rekruten in ihren Reihen verzeichnen. Im Frühjahr 1941, als Petiot Fourrier erstmalig von der angeblichen Fluchthilfeorganisation berichtete, hätte man in Paris und den umliegenden Gemeinden nicht mehr als 50 Kämpfer mobilisieren können, von denen die meisten, wie es Charles Tillion mit einer gewissen Tendenz zur Übertreibung ausdrückte, „noch nicht mal in der Lage waren, eine Waffe zu bedienen“.
    Der Widerstand im besetzten Paris lag natürlich, was seine Intensität anbelangte, weit hinter der Gegenwehr in den im Süden gelegenen Städten wie Lyon, Toulouse und Marseille. Warum? Im Großraum Paris waren 30.000 bis 40.000 deutsche Soldaten stationiert, ganz abgesehen von der Gestapo, dem SD und den französischen Kollaborateuren, die auf den Straßen patrouillierten und damit eine Opposition gegen das Regime auf symbolische Akte beschränkte.
    Am 11. November 1940, dem Tag des Waffenstillstands zogen einige Tausend Pariser Studenten durch die Stadt, schwenkten die nun illegale Trikolore und sangen die verbotene Nationalhymne „La Marseillaise“. Sie marschierten die Champs-Élysées bis zum Place de L’Étoile hinunter, wo sie einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten niederlegten. Zuerst versuchte die französische Polizei, den Auflauf mit Schlagstöcken niederzuknüppeln. Dann mischten sich die Nazis ein und attackierten die Menge mit Gewehrkolben, bis sie schließlich das Feuer eröffneten. Gerüchten zufolge nahm der Vorfall beinahe die Ausmaße eines Massakers an. Obwohl niemand getötet wurde, verhaftete die Polizei mehr als 100 Demonstranten. Hinzu kamen viele durch die Kugeln der Nazis verletzte Menschen.
    Die ersten Anzeichen der Auflehnung zeigten sich meist auf subtile Art. Während der Aufführung der Wochenschau in den Kinos schüttelten sich die Zuschauer vor Hustenanfällen – und das exakt bei den Passagen, in denen ein deutscher Sieg glorreich porträtiert wurde oder Bilder des Führers über die Leinwand flimmerten. Die Besitzer der Lichtspielhäuser mussten daraufhin die Beleuchtung bei Vorführungen anmachen, um solch ein Verhalten zu unterbinden. Im Februar 1941 berichtete Liliane Schroeder, dass man ihre Mutter beinahe verhaftete, weil sie sich während der Wochenschau die Nase puderte. Eine vergleichbare Form der Opposition bestand im Tragen bestimmter Farben und Kleidungsstücke zu gewissen Anlässen. Am ersten Jahrestag des deutschen Sieges trugen Einwohner schwarze Armbänder und Krawatten und am

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