Der Serienmörder von Paris (German Edition)
französischen Nationalfeiertag die Farben Rot, Blau und Weiß, was zur Verhaftung von 488 Personen führte.
Das durch Winston Churchill populäre Victory-Zeichen „V“ verzierte immer mehr Mauern und Bürgersteige in Paris. Am 7. April 1941 zählte die Polizei 1.000 solcher Zeichen. Auf Wänden standen anti-deutsche Parolen, und man zerriss offizielle Plakate der Besatzer. Handgeschriebene Aufkleber, die sich gegen die Besatzung richteten, wurden immer häufiger entdeckt – in einer Woche im Januar 1941 waren es insgesamt 400. Studenten machten sich einen Spaß daraus – was allerdings sehr gefährlich war –, sich an einen vor einer Ampel wartenden deutschen Lastkraftwagen anzuschleichen und einen kleinen Aufkleber mit der Aufschrift „Vive de Gaulle“ anzupappen.
Doch schon bald eskalierten die französischen Proteste. Am Morgen des 21. August 1941 tötete der 21-jährige französische Kommunist Pierre-Félix Georges (Codename „Fredo“ oder „Fabien“ und später „Colonel Fabien“) den deutschen Marinekadetten Alphonse Moser, als dieser in die Métro an der Station Barbès-Rochechouart einstieg. Die Nazis reagierten auf das Attentat mit einer brutalen Vergeltungsaktion. Der Kommandant des Großraums Paris, General Ernst Schaumburg, verkündete eine neue Strafmaßnahme: Unter den inhaftierten Franzosen wurde eine Gruppe sogenannter Geiseln zusammengestellt, von denen eine bestimmte Anzahl „korrespondierend mit der Schwere des Falls“ hingerichtet werden sollte. Für den Mord an Moser erschossen die Nazis sechs Franzosen.
Doch die drakonischen Maßnahmen verhinderten keine weiteren Anschläge. Nur einen Tag nach Bekanntgabe der Vergeltungsaktion wurden zwei deutsche Offiziere in Lille ermordet und einen Tag darauf zwei weitere im Norden Frankreichs. Das Muster wiederholte sich während des ganzen Herbstes 1941. Ein Offizier fiel einem Anschlag vor dem Schalter eines Fahrkartenhäuschens in der Métro zum Opfer, ein Soldat wurde in einem Bordell erstochen. Aus einem Lager der Nazis gestohlene Sprengstoffe explodierten in einem deutschen Hotel, eine Handgranate flog in hohem Bogen in eine deutsche Kantine, eine Bombe explodierte in einem deutschen Buchladen am Place de la Sorbonne. Die Widerstandskämpfer brachten Züge zum Entgleisen, durchtrennten Kabel und sabotierten Sicherungen in Fabriken. Allein im Dezember des Jahres 1941 kam es nach Schätzungen der deutschen Armee zu 221 Angriffen gegen Offiziere, Soldaten und Sachgegenstände. Überall bildeten sich Résistance-Gruppen, speziell ab dem Zeitpunkt, an dem die Rote Armee die deutsche Wehrmacht an der Ostfront erfolgreich bekämpfte und zurückschlug. Innerhalb Frankreichs verschaffte eine neue deutsche Bekanntmachung der Résistance einen enormen Zulauf. Es handelte sich um das verhasste Zwangsarbeitergesetz STO („Service du travail obligatoire“), welches alle Franzosen verpflichtete, im Alter von 21 bis 23 Jahren eine zweijährige Fronarbeit in Deutschland zu leisten. Zum Ende des Krieges mussten 650.000 Franzosen einen unfreiwilligen Arbeitsdienst in der deutschen Kriegsindustrie absolvieren. Um sich dem Schicksal zu entziehen, flüchteten viele junge Männer aufs Land, was zur spontanen Bildung von Gruppen sogenannter „Maquis“ führte, abgeleitet vom korsischen Begriff für einen mit Gestrüpp bewachsenen Landstrich. Schon nach kurzer Zeit entwickelte sich das Wort zu einem Synonym für Bandit oder Gesetzloser.
Von entfernt gelegenen Basislagern in Hügelketten oder aus dem höhergelegenen Gebirge führten die Flüchtigen der „Schattenarmee“ die Sabotageakte und Angriffe auf die Deutschen und das Vichy-Regime aus. Da sie Nahrung und finanzielle Mittel zum Überleben (und zum Kauf von Sprengstoffen) benötigten, überfielen die Banden Bauernhöfe, raubten Geschäfte aus und griffen Personen an, die sie der Kollaboration oder des Betrugs auf dem Schwarzmarkt verdächtigten. Einige „Maquis“ entwickelten sich zu Legenden, wie etwa der mit Waffen behangene Hermine aus Drôme mit seiner schwarzen Baskenmütze. Allerdings wurden sie von einigen Franzosen als Kriminelle bezeichnet, die sich unter dem Deckmantel einer ehrenwerten Mission selbst bereicherten.
Das Zwangsarbeitergesetz STO wurde zwischen 1943 und 1944 mehrmals reformiert, was schließlich dazu führte, dass alle Männer im Alter von 18 bis 50 Jahren und kinderlose Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren den Zwangsdienst leisten mussten. Da sich die Zahl der
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