Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Hôtel Alicot und begannen eine Unterhaltung mit einigen LKW-Fahrern. Einer von ihnen, Emile Henri Pintrand, erinnerte sich an den Mann auf dem Polizeifoto (Maurice Petiot). Er hatte ihn im Sommer zuvor wegen einer Lieferung angesprochen. Da er an dem Tag viel erledigen musste, lehnte er das Angebot ab. Allerdings willigte sein Kumpel Leopold Sturlèse ein.
Als Sturlèse zum vereinbarten Zeitpunkt am Hôtel Alicot eingetroffen war, erfuhr er, dass Maurice einen anderen Fahrer beauftragt hatte und die Lieferung schon erledigt war. Nach einer wahren Schnitzeljagd fanden die Beamten schließlich heraus, dass Maurice Lion von der Manjeard-Spedition die Fahrt übernommen hatte.
Lion bestätigte, dass er und Maurice einige Koffer in den grauen Renault-Lieferwagen getragen und zum Gare de Lyon befördert hätten. Eine Erkundigung bei der Gepäckstation des Bahnhofs brachte ans Tageslicht, dass am 26. Mai 1943 der Zug Nummer 2001 drei Ladungen mit insgesamt 45 Koffern und einem Gesamtgewicht von 683 Kilogramm zu der in der Nähe gelegenen Stadt Courson-les-Carrières transportierte:
Ladung Nummer 18: 11 Koffer mit einem Gewicht von 160 Kilogramm
Ladung Nummer 235: 18 Koffer mit einem Gewicht von 280 Kilogramm
Ladung Nummer 436: 16 Koffer mit einem Gewicht von 243 Kilogramm.
Als Empfänger war Albert Neuhausen eingetragen, der laut Monique und Maurice Petiot in ihrem Haus in Auxerre übernachtet hatte. Plötzlich richtete sich das Hauptaugenmerk der laufenden Ermittlung auf Neuhausen.
Am 30. März 1944 durchsuchte die Polizei den Elektrogerätehandel in Courson-les-Carrières, traf aber den Inhaber nicht persönlich an. Seine Frau Simone-Andrée gab jedoch zu, von den Koffern zu wissen.
Maurice hatte sie im vorhergehenden Sommer angeliefert und vorgetäuscht, sie gehörten seinem von den Deutschen gefangenengenommenen Bruder, der fünf Tage zuvor von der Gestapo abgeholt worden sei. Hatte Maurice die Koffer aus der Angst heraus abtransportiert, die Deutschen könnten sie finden?
Madame Neuhausen führte Massu, Inspektor Battut und einige Beamte unverzüglich auf den Dachspeicher, auf dem sich die Koffer säuberlich aufgestapelt befanden. Einige von ihnen waren aus echtem Leder, manche steckten noch in Schutzhüllen oder trugen Anhänger mit der Aufschrift GRAND HOTEL AMSTERDAM, andere wiederum machten einen schlichten Eindruck. An verschiedenen Koffern befand sich noch das Transportschildchen vom Gare de Lyon.
Insgesamt fanden die Beamten auf Neuhausens Boden 49 Gepäckstücke. 37 stammten vom Gare de Lyon, die Herkunft der anderen ließ sich im Moment nicht klären. Einige Schrankkoffer waren so schwer, dass man sie nicht die Treppen hinuntertragen konnte, sondern durch ein Mansardenfenster mithilfe eines Taus abseilte. Die Koffer wurden dann auf einen Polizeilaster verladen, der sie zum Bahnhof beförderte. Anscheinend stand das halbe Dorf vor dem Haus und beobachtete die Aktion, wie Massu ironisch bemerkte.
Zurück in Paris brachten Polizeiautos im strömenden Regen die laut dem Kommissar „wohl tragischste Fracht dieser Jahre“ zum Hauptquartier am Quai des Orfèvres.
Schnell scharrten sich eine Sensationsgeschichte vermutende Reporter um das Gebäude. Während die Blitzlichter der Kameras grell aufleuchteten, half Massu, einen Regenschirm in der Hand, beim Ausladen. Der Regen prasselte auf die Beweise. Die Beamten mussten schnell arbeiten, denn sonst wäre die Tinte der Gepäckanhänger verschwommen. Fünf Inspektoren schleppten die Koffer in den dritten Stock, der – wie Massu bemerkte – schon bald dem Eingangsbereich eines Hotels ähnelte, während sein Büro dem Gepäcklager eines Bahnhofs glich.
Der Inhalt der Koffer stellte sich als bemerkenswert heraus. Die Beamten fanden folgende Gegenstände: 79 Kleider, 26 Röcke, 42 Blusen, 48 Halstücher, 52 Nachthemden, 46 Höschen, 14 Morgenmäntel, 13 Negligees, 77 Paar Handschuhe, 35 Gürtel, 25 Handtaschen, 26 Frauenhüte, zehn Paar Schuhe, sechs Jacketts, fünf Pelzmäntel, drei Nerzstolas und 311 Taschentücher. Hinzu kamen: 115 Männerhemden, 104 Manschetten, 82 Paar Socken, 66 Paar Schuhe, 29 Anzüge, 14 Übermäntel, vier Paar Hausschuhe und drei Badehosen, zusätzlich zu diversen Handtüchern, Tischdecken, Bettdecken, Kopfkissenbezügen, Pyjamas, Nachthemden, Regenmänteln, Brillen, Herrenhandtaschen, Haarnetzen, Hutnadeln, Nagelfeilen, Zigarettenetuis und Busfahrkarten. Alles in allem standen 1.760 Gegenstände auf der Inventarliste.
Eine exakte
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