Der Serienmörder von Paris (German Edition)
Anstellung bei Dr. Petiot, die fast schon zwei Jahre zurücklag, also den Jahren, die mit dem vermuteten Höhepunkt der Mordserie zusammenfielen. Sie hatte die Arbeit im Oktober 1941 aufgenommen, dem Monat, in dem Petiot mit den Renovierungsarbeiten im neu erworbenen Haus in der Rue Le Sueur begonnen hatte. Wenige Monate nach Verschwinden des letzten bekannten Opfers Yvan Dreyfus – im August 1943 – hatte Cuny die Petiots verlassen.
Ihre Aufgaben hatten sich von der Annahme der Patienten bis hin zu Putzarbeiten erstreckt, mit Ausnahme der Küche, die Georgette selbst gereinigt hatte. „Während der Zeit meiner Anstellung bei Dr. Petiot ist mir nichts Ungewöhnliches aufgefallen“, meinte sie. Doch einmal habe Petiot Männerkleidung mit nach Hause gebracht, die er und Georgette auf dem Küchentisch durchwühlt hätten.
Ja, antwortete sie, Dr. Petiot habe seine Frau häufig mit teuren Geschenken überrascht. Sie erinnerte sich an „Juwelen, Ringe, kostbare Edelsteine und eine Perlenkette“. Die Frage, ob sie etwas von der Organisation wisse, verneinte Cuny. Falls Petiot solchen Aktivitäten nachgegangen sei, habe sie es nie bemerkt.
Ein weiteres Mitglied der Petiot-Familie, das die Aufmerksamkeit der Presse auf sich zog, war der 16-jährige Gérard. Er konnte sich in der Schule immer noch guter Noten und einer großen Beliebtheit erfreuen, doch viele glaubten, dass die Skrupellosigkeit der Presse ihren Tribut fordern würde. Ein Freund hielt es nicht für ausgeschlossen, dass Gérard schon bald den Namen ändern werde, ein anderer befürchtete, er könnte sich umbringen. Sein Onkel Maurice versuchte, so glaubten zumindest einige, ihn in eine neue Lehranstalt einzuschreiben, eine Jesuitenschule in Joigny, wo er vor den Fragen der Klassenkameraden geschützt wäre.
Am 30. März 1944 befragten die Inspektoren Cloiseau und Hernis den Teenager in Auxerre. Wie bei solchen Verhören üblich, klärten sie zuerst die faktisch belegbare Familiengeschichte. Nach den ersten fünf Jahren in Villeneuve-sur-Yonne war Gérard mit seiner Familie 1933 nach Paris gezogen. Danach wohnte er sechs Monate beim Großvater mütterlicherseits in Seignelay, woraufhin er nach Paris zurückkehrte und sich ins Lycée Condorcet einschrieb, wo Jean-Paul Sartre lehrte.
1939, als der Krieg unabwendbar schien, schickten die Petiots Gérard aufs Land. Im Laufe der nächsten sechs Monate zog er ständig um, wohnte zuerst bei seinem Großvater, dann bei dem Großonkel und schließlich bei Maurice. Als die gefürchteten Bombardements und Gasangriffe aus der Luft ausblieben, kehrte Gérard im April 1940 nach Paris zurück. Zwei Monate darauf standen die Deutschen vor den Toren der Stadt. Dr. Petiot beschaffte sich eilig ein Auto und brachte den Sohn zurück zum Großvater, während Georgette in Paris blieb.
Doch Gérard sollte sich noch ein weiteres Mal in Paris aufhalten, wo er in der Rue Caumartin lebte und das Lycée Condorcet besuchte. Doch als die Gestapo den Vater drei Jahre später verhaftete, sandte ihn Georgette zu seiner eigenen Sicherheit nach Auxerre zu Maurice und Monique zurück. Das letzte Mal, dass er den Vater sah, war zum Karneval. Er besuchte seine Eltern für eine Woche in der Rue Caumartin.
Ob er das Haus in der Rue Le Sueur gesehen habe?
Ja, antwortete Gérard. „Ich war dort drei Mal mit meinem Vater in jeweils zweiwöchigen Abständen.“ Obwohl er sich nicht an die genauen Tage erinnere, glaubte Gérard, dass es wohl kurz nach dem Kauf gewesen sein müsse. Das Haus stand leer, abgesehen von den Küchenutensilien, die dem Vater nach der Schauspielerin Cécile Sorel gehört hatten.
Befragt zum 11. März 1944 entgegnete Gérard, bis ungefähr 12.30 Uhr in der Schule gewesen zu sein. Danach habe er mit Maurice in der Rue du Pont zu Mittag gegessen, um 17.30 Uhr dann eine Stunde Spanischunterricht gehabt, danach sei er zum Abendessen mit Monique und den beiden Kindern zurückgekehrt. Um ungefähr 21.15 Uhr habe Neuhausen die Familie besucht, was nichts Ungewöhnliches bedeutete. Gérard erinnerte sich auch noch an einen Telefonanruf an diesem Abend.
Er und Maurice hätten gerade eine Partie Schach gespielt. Als das Telefon klingelte, habe sein Onkel das Zimmer verlassen, um den Anruf entgegenzunehmen. Daraufhin habe Gérard sich zu Monique in die Küche gesetzt. Wenige Minute später sei Maurice zurückgekehrt. „Er sagte nicht, wer angerufen hat oder worum es in dem Gespräch ging, zumindest nicht in meiner
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