Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)
keine Ahnung, wie lange sie in der Traumphase gewesen war. Es konnte ja kaum allzu lange gewesen sein, da der Traum inhaltlich wenig hergab, aber dennoch fror sie ganz beträchtlich.
Und dabei war Elvira keine Frostbeule. Wenigstens nicht immer.
Das konnte unmöglich nur am kalten Wetter liegen.
Sie fror innerlich. Richtiggehend von innen heraus. So, als wäre ein Teil in ihr eingefroren und sauge die Wärme aus dem Rest des Körpers heraus.
Ihre Gedanken fingen an, sich wieder zu normalisieren. Sie jagten zwar in alle Richtungen davon, auf der Suche nach dem Warum und Wieso, aber sie war wach.
Wacher, als sie es seit langem gewesen war.
Ihr Blick verhärtete sich.
Nicht etwa, weil der kalte Wind ihre Tränen trocknete und sie deshalb die Augen verkniff.
Nein, auch das kam aus ihrem Inneren.
Sie wurde energisch.
Sie sammelte Kraft und Mut.
Fast wie ein devoter Hund, den man in die Ecke treibt und neckt. Der sich bis zu einem Punkt alle Sticheleien gefallen lässt und das Erdulden einstellt, wenn dieser Punkt überschritten wird.
Sie atmete zusehends heftiger und sie erhob sich ruckartig.
„Sei es drum!“, sagte sie zu sich selbst in einer Lautstärke, dass sich erneut Passanten umdrehten.
„Bringen wir es zu einem Ende!“, waren ihre Worte, mit denen sie sich aufmachte um die Fahrt nach Blaubach anzutreten und Gerd zu treffen, wenn er denn schon vor Ort sein sollte.
Noch während sie von der Flora zum Parkplatz unter der Brücke stiefelte, rief sie ihren Kollegen an, um eben dies abzuklären.
Gerd war bereits am Tag zuvor dort eingetroffen, und befand sich nach eigener Angabe noch in einer Art Akklimatisierungsphase, was so viel bedeutete wie, dass er noch in völliger Unlust und Entspannung auf sie und ihren Antrieb wartete.
Und das war genau das, was sie vorhatte. Ihn anzutreiben und mit ins Boot zu holen, bei dem Versuch ihre persönliche Misere zu beenden.
Auf die eine oder andere Art musste sie ein Ende finden. Entweder zog sich die virtuelle Schlinge um ihren Hals zu und sie versank endgültig in ihren Träumen, oder sie kam aus dieser Geschichte mit einem blauen Auge heraus. Vielleicht, wenn sie alles gelesen hatte und auf eine gewisse Art aufgeklärt war.
Wenn das Testamentum Amadei seinen Sinn und Zweck erfüllt hatte, war vielleicht alles zu Ende.
Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Etwas zu viel Konjunktiv für ihren Geschmack, aber dennoch die einzige Lösung, die sie sah.
Kurz vor Silvester waren die Straßen ziemlich leer, und sie brauchte trotz des Schnees, der normalerweise in der Domstadt für völliges Chaos sorgt, und der Zwischenlandung in ihrem Konservatorium, nur etwas mehr als eine Stunde nach Blaubach.
Als sie auf den, ihr so bekannten, Parkplatz bog, überkam sie ein Anflug von Furcht. Beinahe war es so etwas wie Angst vor der eigenen Courage.
Sie hatte sich entschlossen sich dem Ganzen zu stellen, war sich aber plötzlich nicht mehr so sicher, ob ihre Entscheidung wirklich so gut war.
Ihr gingen so viele Ängste durch den Kopf, die sie zuvor gar nicht wahrgenommen hatte.
Ihr kam wieder diese Furcht vor der Ansteckung in den Sinn. Natürlich völlig abwegig, wenn man den normalen Menschenverstand walten lässt.
Aber nach dem gab es auch keine Träume, in denen man in eine Zeit vor 700 Jahren versetzt wird und Dinge träumt, die man erst später lesen wird.
Überhaupt, träumt man keine Dinge in dieser Art. Träume sind nun einmal einfach wirklich für uns. Alles fühlt sich echt an. Auch die unmöglichen Dinge, wie Fliegen.
Aber dass man sich so in ein Schriftstück hineingezogen fühlt. Das gibt es nicht. Nicht, dass man Geschriebenes mit Leben füllt, so wie sie es getan hatte.
Es erinnerte sie an diesen Film über das afrikanische Spiel, was zwei Kinder spielten und aus dem dann immer mehr Tiere kamen. Solange, bis das Spiel zu Ende gespielt war.
So kam sie sich vor. Wie ein Kind, das mit dem was ihm geschah völlig überfordert ist, und das einfach nur ein Ende will.
Ja, das wollte sie. Ein Ende.
Und ihr war es mittlerweile nahezu gleichgültig, ob sie dafür ihre Entdeckung würde opfern müssen oder nicht.
Aufgeregt und zittrig ging sie in den Tannenhof und sie fand Gerd vor, wo sie ihn vermutet hatte.
Munter schwatzend am Tresen der Schänke. Wild diskutierend mit einer der rheinischen Frohnaturen hatte er schon das eine oder andere hiesige Obergärige intus und die Unterhaltung der Beiden drang weiter als die Musik, die im Hintergrund dudelte.
Ellie gab die Lebensart hier
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