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Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Wesemann
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oft, der erste, der sich zu Wort meldete und eine Meinung kundtat.
‚Sie hat Recht. Wir können es uns nicht leisten, uns an alten Riten festzuhalten, wenn wir überleben wollen.
Wir müssen gewiss sein können, dass unserer Toten auch das bleiben, was sie sind. Tot.
Wir werden Hansz untersuchen.‘, beschloss er.
    Das Untersuchen von Verstorbenen war etwas Neues für uns. Wenn jemand Menschen untersuchte, dann war es ein Medicus.
Was sollte uns dieser Vorgang auch sagen?
Dumm wie wir seinerzeit waren, verstanden wir nicht, was Leonhardt dachte und wie er uns schützen wollte.
    ‚Untersuchen?‘, schallt ich ihn.
‚Leonhardt du weißt sehr wohl, dass es nicht deine Obliegenheit ist, das zu tun. Dies sollte ein Medicus vornehmen, der die Künste studiert hat. Und nicht ein Bogenschütze.‘
An Freiin Katterein gewendet fügte ich hinzu: ‚Ich darf doch annehmen, dass euer Wohlgeboren gleiches denkt, wie ich?‘
    Scheinbar riss meine Anrede sie aus ihrer Versteinerung, denn sie saß seit der Ansprache Johannas eher still.
Nun aber hob sie den Kopf und eine nachdenkliche Miene senkte sich auf ihr Gesicht.
    ‚Ich denke, er sollte sich uns zunächst erklären. Was er gedenkt zu tun und was er gedenkt herauszufinden.‘
Sie dreht den Kopf in Richtung des Kriegers und fügte hinzu: ‚Nun, Leonhardt? Was hast du zu sagen?‘
    Ich werde nie den trotzigen Blick des Mannes aus Hergendorf vergessen, wie er die Freiin anschaute.
Ein entnervter Vater, der seinem Kind zum hundertsten Male etwas erklären soll, sähe kaum anders aus, als dieser Mann damals.
Ich denke, dass es ihm nicht gefiel erklären zu müssen, was er denkt.
Dass er das erklären sollte, was er meinte verstanden zu haben.
Vielleicht wollte er sich nicht lächerlich machen, wenn sich herausstellen würde, dass er falsch lag.
All das mag sicherlich eine Rolle gespielt haben in seiner Überlegung, aber wichtig für uns, nein wichtig für alle, war, dass er seine Gedanken zu Ende dachte und sie umsetzte.
Er erklärte sie uns gegen seinen Willen, aber er tat es.
    ‚Es ist recht einfach, Freiin Katterein. Ich will wissen, woran Hansz starb.
Starb er an der Seuche und entstieg er ihr wieder, so ist er wie all die anderen, die wir herumwandern sahen.
Starb er an etwas anderem und erhob sich dennoch, so sind wir alle in noch größerer Gefahr, als wir dachten.
Denn dann könnte jeder, der sich am Abend neben uns zur Ruhe legt, plötzlich des Nachts neben uns stehen und uns als Zechermahlzeit ansehen.
Also suche ich nach Spuren, ob er mit einem Wiederkehrer Berührung hatte. Spuren, die er uns verschwieg, oder ob er an einer anderen Art Krankheit verschied.
Was wir sicher wissen ist, dass jeder der gebissen oder gekratzt wurde von einem dieser Höllenwesen, stirbt und selbst wiederkehrt.
Hat er Male am Körper, die uns solcher Art Verletzungen zeigen, so können wir wohl sicherer schlafen als wenn er gänzlich ohne Spuren ist.
Also müssen wir Hansz untersuchen. Medicus hin oder her. Ich will und muss es. WIR müssen es.‘
    Es klang so vernünftig für uns, dass wir uns ansahen, als hätten wir alle den Wald vor Bäumen nicht erkannt.
    Die Frauen wichen zurück und zogen von dannen. Sie wollten nicht mit ansehen, wie der alte Knecht entblößt werden würde.
Also blieben Jacob, Matthes, Hermann und Karolus mit mir zusammen und wohnten der Untersuchung bei, die Leonhardt vornahm.
    Leon tat das, was wir schon lange hätten tun sollen. Er brach den Pfeil, der den Knecht an den Pfahl des Karrens genagelt hatte entzwei, und legte Hansz so, dass die Frauen ihn nicht mehr sehen mussten.
Wir trugen ihn dann zusammen aus dem Blick der Frauen, die in die Hütte entschwunden waren und legten in auf dem Boden ab.
Leon begann den Toten zu entkleiden.
    Es bedurfte kaum Erfahrung oder eines Studiums um zu erkennen, was mit Hansz geschehen war.
Für niemanden zu übersehen, prangten zwei Bisse an seinem Körper, die von Menschen oder Wiederkehrern stammen mussten.
Einen fanden wir sogleich, als wir sein Untergewand entfernt hatten und den zweiten, deutlich tieferen, als wir einen der Beinlinge abnahmen.
Zumindest zwiefach war er gebissen worden und hatte es uns verheimlicht, aus Angst, dass wir ihn zurücklassen oder gar töten würden.
Die Bisse waren nicht derart, dass Fleisch aus dem Mann herausgerissen war. Sie waren nur durch die Haut gegangen und die Saat der Hölle war durch sie gesät worden.
Wie Hansz das Fieber verheimlichen konnte, was ihn ohne Frage heimgesucht haben

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