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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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auserwählt«, murmelte Thrower.
    Der Besucher stand nun dicht vor Thrower, seine Augen verbrannten ihn schier mit ihrem Feuer. »Und was hat Samuel, der Hohepriester, der sanfte Diener Gottes, getan?«
    »Er hat Agag den König der Amalekiter herbeibringen lassen.«
    Der Besucher ließ nicht nach. »Und was hat Samuel getan?«
    »Er hat ihn getötet«, flüsterte Thrower.
    »Wie beschreibt die Schrift das, was er tat?« brüllte der Besucher. Die Wände der Kirche bebten, das Glas der Fenster klirrte.
    Thrower weinte vor Furcht, doch er sprach die Worte aus, die der Besucher von ihm hören wollte: »Samuel schlug Agag in Stücke… in Gegenwart des Herrn.«
    Das einzige Geräusch in der Kirche war Thrower eigener, abgehackter Atmen, während er versuchte, seines hysterischen Weinens Herr zu werden. Der Besucher lächelte ihn an, die Augen voller Liebe und Vergebung. Dann war er verschwunden.
    Thrower sank vor dem Altar auf die Knie und betete. »O Vater, ich würde für Dich sterben, aber bitte mich nicht, zu töten. Laß diesen Kelch an mir vorübergehen, ich bin zu schwach, ich bin unwürdig, lege diese Last nicht auf meine Schultern.«
    Seine Tränen fielen auf den Altar. Er vernahm ein zischendes Geräusch und sprang erschrocken von dem Altar fort. Seine Tränen glitten wie Wasser auf einem Röstblech über die Altaroberfläche, bis sie schließlich verzehrt wurden.
    Der Herr hat mich abgewiesen. Ich habe geschworen, Ihm zu dienen, wie immer Er es verlangte, und nun, da Er mir befiehlt, so stark zu sein wie die großen Propheten früherer Zeit, entdecke ich, daß ich nur ein zerborstenes Gefäß in den Händen des Herrn bin. Ich kann das Schicksal nicht aufnehmen, das Er in mich hineingießen wollte.
    Die Kirchentür öffnete sich und ließ einen Schwall eiskalter Luft hinein, die dem Geistlichen einen Schauer durch den Körper jagte. Er hob den Blick, fürchtend, daß es ein Engel sei, der ausgeschickt wurde, um ihn zu strafen.
    Doch es war kein Engel, sondern Brustwehr-Gottes Weaver.
    »Ich wollte Euer Gebet nicht unterbrechen«, sagte Brustwehr.
    »Kommt herein«, erwiderte Thrower. »Schließt die Tür. Was kann ich für Euch tun?«
    »Nicht für mich«, erwiderte Brustwehr.
    »Kommt hierher. Nehmt Platz. Sagt es mir.«
    Thrower hoffte, es möge ein Zeichen Gottes sein, daß Brustwehr soeben gekommen war. Ein Mitglied der Gemeinde, gekommen, um ihm zu helfen, sofort nachdem er gebetet hatte – gewiß wollte der Herr ihn wissen lassen, daß er doch noch angenommen worden sei.
    »Es geht um den Bruder meiner Frau«, sagte Brustwehr. »Um den Jungen, Alvin Junior.«
    Thrower spürte, wie ihn ein Beben der Angst durchfuhr. »Ich kenne ihn. Was ist mit ihm?«
    »Ihr wißt, daß sein Bein zertrümmert wurde.«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Ihr habt ihn nicht zufällig aufgesucht und gesehen, bevor er heilte?«
    »Man hat mich im Glauben gelassen, daß ich in diesem Hause nicht willkommen sei.«
    »Nun, dann will ich es Euch sagen, es war außerordentlich schlimm. Ein ganzer Hautabschnitt abgerissen. Gebrochene Knochen. Doch zwei Tage später war es schon wieder verheilt. War nicht einmal eine Narbe zu sehen. Drei Tage später ging er bereits wieder umher.«
    »Dann muß es weniger schlimm gewesen sein, als Ihr dachtet.«
    »Ich sage Euch doch, daß das Bein gebrochen war und daß die Wunde wirklich schlimm gewesen ist. Die ganze Familie hat geglaubt, daß der Junge sterben würde. Sie haben mich nach Nägeln für einen Sarg gefragt. Und in ihrer Trauer sahen sie so schlecht aus, daß ich schon damit rechnete, daß wir die Ma und den Pa des Jungen auch noch beerdigen müßten.«
    »Dann kann er nicht so vollends genesen sein, wie Ihr es darstellt.«
    »Nun, das Bein ist auch nicht vollends genesen, und deshalb komme ich zu Euch. Ihr wißt, daß ich nicht an solche Dinge glaube, aber ich sage Euch eins, die haben das Bein des Jungen verhext, damit es irgendwie wieder heilt. Elly behauptet, der Junge habe die Hexerei selbst ausgeführt. Ein paar Tage lang ging er sogar auf dem Bein, sogar ohne Schiene, doch der Schmerz hat nie nachgelassen, und nun sagt er, daß sein Knochen eine kranke Stelle habe. Er hat auch Fieber.«
    »Es gibt für alles eine vollkommen natürliche Erklärung«, erwiderte Thrower.
    »Nun, wie dem auch sei, ich sehe die Sache jedenfalls so: Der Junge hat mit seiner Zauberei den Teufel zu sich eingeladen, und nun frißt der Teufel ihn von innen auf. Und da Ihr doch ein geweihter Geistlicher

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