Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
völlig verödet, nahezu ohne fruchtbares Erdreich. In einigen alten Sagen hieß es, der Kurash Plenethor habe nach dem Endkampf noch hundert Jahre lang gestöhnt und geraucht. Und noch vor vierzig Jahren war der Maerl lehmig von zersetztem, unfruchtbarem Schlamm gewesen. Nun jedoch sah man nur noch Spuren von Schlick in der Strömung. Trotz aller Begrenztheit ihrer Erkenntnisse hatten die Lords aus dem Zweiten Kreis des Wissens viel über die Nährung geschädigter Erde gelernt, und daher wies der Maerl heute bloß noch geringfügige Verunreinigungen auf. Infolge jahrhundertelanger Erosion floß er durch ein Flußbett, das einer Spalte quer durchs Land glich. Aber dieser ursprünglich schroffe Riß war inzwischen an den Seiten durch tief eingewurzeltes Gras und Gesträuch sanfter gestaltet, und Bäume, die von Gesundheit strotzten, reckten ihre Äste aus dem schluchtartigen Flußtal. Der Maerl war wieder ein lebendiger Strom. Die Reiter hielten für eine Weile am Rand der Schlucht, um freudig hinabzuschauen. Elena, Mhoram und Amatin sangen gemeinsam mit leisen Stimmen einen Teil des Schwurs der Lords. Dann galoppierten alle den Hang hinunter und durch die zur Landstraße gehörige Furt, so daß die Hufe der Ranyhyn ein lautes, lustiges Geplatsche erzeugten, während sie nach Trothgard übersetzten. Die Region lag zwischen dem Westlandgebirge und den Flüssen Maerl und Rill sowie dem Grauen Fluß. In diesem Umkreis sah man überall die Resultate der Fürsorge, die die Lords dieser Gegend angedeihen ließen, sah sie in allem. Generationen von Lords hatten den Trümmersteingau in ein gesundes, kraftvolles Waldgebiet verwandelt, eine weiträumige Hügellandschaft aus Wäldern, Lichtungen und Tälern. Grasbewachsene Hänge leuchteten lebhaft von kleinen Blumen in Blau und Gelb. Beiderseits der Reiter, Dutzende von Längen weit nach Süden und Westen, erstreckten sich üppige Aliantha und hohes Gras, durchsetzt von goldfarben belaubten Güldenblattbäumen und anderen Baumbeständen, Kirsch- und Apfelbäumen und Linden, gewaltigen Eichen, Ulmen und Ahorn, alle gekleidet in herbstliche Pracht. Und die Luft, die noch jahrzehntelang nach der Schlacht vom Krachen und Kreischen des Krieges gehallt hatte, war nun so klar und rein, daß sie von Vogelstimmen zu gleißen schien.
Das waren die Dinge, die Troy als erste erblickt hatte, als sein Sehen anfing; sie hatte Elena benutzt, um ihn die Bedeutung des Sehens zu lehren. Während Troy jetzt auf Mehryls Rücken in hellem Sonnenschein durch Trothgards lichtvolle Umgebung ritt, fühlte er sich so sorgenfrei, wie er sich schon seit langem nicht hatte fühlen können. Indem die Lords und ihre Begleiter in den frühen Nachmittag hineinritten, begann die Landschaft ringsum sich anders zu zeigen. Unter den Bäumen und im Gras ließen sich Stapel aufgetürmter Steine sehen; aus dem Untergrund ragten schroffe Findlinge auf, mehrmals so hoch wie die Reiter, und überall sah man kleinere, mit Moos und Flechten bewachsene Steine liegen. Nicht lange, und die Gruppe schien durch den uralten Schutt eines auseinandergebrochenen Bergs zu reiten, eines hohen, zerklüfteten Gipfels, der sich aus den Hügeln des Kurash Plenethor erhob, bis irgendeine ungeheure Gewalt ihn in Stücke zerschmettert hatte. Sie näherten sich den Steingärten am Maerl. Troy hatte sich nie die Zeit zur Besichtigung der Steingärten genommen, obwohl er wußte, daß sie die Örtlichkeit sein sollten, wo die besten Rhadhamaerl -Kunstmeister der Suru-pa-maerl ihre herausragendsten Werke schufen. In den vergangenen Jahren war er oft auf dieser Landstraße durch das Felsengewirr geritten; trotzdem wußte er nicht, wo die Steingärten selbst eigentlich begannen. Daher konnte er auch nun lediglich feststellen, daß immer mehr Steintrümmer herumlagen oder aus dem Gras ragten, aber keine auffälligen Merkmale oder Eingrenzungen erkennen, bis die Reiter schließlich eine Hügelkuppe oberhalb eines weiten Tals überquerten. Da erst war er endlich sicher, daß sie sich in einem Steingarten befanden. Die meisten der langgestreckten, steilen Hänge rings um das Tal waren dicht an dicht mit Steinen bedeckt, als sei das Tal einst das Herz des uralten, inzwischen geborstenen Berggipfels gewesen. An allen Seiten lagen dichtgedrängt Steine und wuchtige Felsbrocken, hoben sich in großen Stapeln oder als einzelne schwere Findlinge von den Hängen ab, und der einzige von Steinen freie Untergrund im Tal war in der Tat die Landstraße. Keiner
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