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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Lord Amatins Lächeln schwand schlagartig, und unter Mhorams Brauen begann sein Blick plötzlich die Miene des Zweiflers eindringlich zu erforschen. Elena trat zu Covenant, offenbar mit der Absicht, irgend etwas zu sagen, aber er sprach weiter, ehe sie dazu kam. »Ich habe mal eine Frau gekannt, die so aussah.« Er bemühte sich um einen gleichmütigen Ton, aber seine Stimme entglitt ständig seiner Beherrschung. »Im Leprosorium.« Innerlich stöhnte Troy auf, aber er nahm sich zusammen. »Sie war schö... das heißt, zu der Zeit kannte ich sie ja nicht. Und sie hatte keine Bilder von sich dabei, oder falls doch, zeigte sie sie jedenfalls nicht herum. Ich glaube, sie konnte es nicht einmal noch ertragen, in den Spiegel zu blicken. Aber die Ärzte haben mir erzählt, daß sie früher schön war. Sie hatte ein Lächeln ... selbst als ich sie kennenlernte, hatte sie's noch. Es sah genauso aus.« Er nickte in die Richtung des Steingartens, aber ohne hinzusehen. Er konzentrierte sich voll auf seine Erinnerung. »Sie war ein klassischer Fall.« Mit der Zeit geriet sein Ton immer rauher und bitterer. Er sprach jedes Wort so sorgsam aus, als hätte es scharfe Kanten. »Sie war der Leprose als Kind ausgesetzt worden, auf den Philippinen oder so – ich vermute, ihre Eltern waren mit dem Militär dort –, und kurz nach ihrer Hochzeit holte die Lepra sie ein. Ihre Zehen starben ab. Da hätte sie sofort zum Arzt gehen müssen, aber sie tat's nicht. Sie gehörte zu dieser Sorte Menschen, die man bei nichts stören kann. Sie war nicht dazu imstande, genug Zeit vom Zusammensein mit ihrem Ehemann und den Freunden abzuzweigen, um sich über kalte Zehen Gedanken zu machen. Deswegen verlor sie dann die Zehen. Als sie solche Krämpfe in den Füßen bekam, daß sie kaum noch gehen konnte, suchte sie endlich einen Arzt auf, und der fand schließlich heraus, was mit ihr nicht stimmte, und schickte sie ins Leprosorium, wo die Ärzte die Zehen amputierten. Das bereitete ihr natürlich Schwierigkeiten – ohne Zehen kann man schlecht laufen –, aber sie war nicht zu bremsen. Nach kurzer Zeit war sie wieder bei ihrem Mann. Allerdings durfte sie keine Kinder bekommen. Es ist ganz einfach verbrecherische Dummheit von Lepraleidenden, die's ja besser wissen, Kinder zu kriegen. Ihr Mann sah das ein – aber er wollte nun einmal Kinder, deshalb verhielt er sich konsequent und verließ sie. Das tat ihr weh, aber sie überstand's. Binnen kurzer Zeit hatte sie wieder Arbeit, neue Freunde, führte ein neues Leben. Und landete wieder im Leprosorium. Diesmal waren zwei Finger taub. Das kostete sie die Stellung. Sie war Sekretärin und brauchte ihre Finger. Und natürlich mochte ihr Chef keine Leprakranken in seinem Laden. Aber sobald die Krankheit nochmals zum Stillstand gebracht worden war, lernte sie, ohne die beiden toten Finger zu tippen. Sie zog in eine andere Gegend, fand wieder neue Arbeit, neue Freunde, und lebte weiter, als wäre nichts passiert. Ungefähr zu dem Zeitpunkt – so hat man's mir jedenfalls erzählt – entdeckte sie eine Vorliebe für Volkstänze. Während sie als Kind mit ihren Eltern auf Reisen gewesen war, hatte sie darüber einiges in Erfahrung gebracht, und nun machte sie ausgerechnet so was zu ihrem Hobby, das war ihre neue Art und Weise, Freunde zu gewinnen, ihnen zu zeigen, daß sie sie mochte. Mit ihren prächtigen Kleidern und ihrem Lächeln war sie ...« Seine Stimme versagte, aber er sprach fast augenblicklich weiter. »Aber zwei Jahre später saß sie wieder im Leprosorium. Sie hatte ja keine besonders gute Standfestigkeit, weil die Zehen fehlten, und infolgedessen fiel sie zu häufig hin. Und nahm zuwenig vom Medikament. Diesmal verlor sie das rechte Bein unterhalb des Knies. Ihr Sehvermögen ließ nach, und ihre rechte Hand war ziemlich stark verkrüppelt. In ihrem Gesicht bildeten sich Knoten, und die Haare fielen ihr aus. Sobald sie gelernt hatte, auf ihrer Prothese herumzuhumpeln, legte sie mit Volkstanzkursen für Leprakranke los. Die Ärzte behielten sie lange in Behandlung, aber sie überredete sie letzten Endes dazu, sie wieder zu entlassen. Sie schwor, fortan besser auf sich achtzugeben. Sie habe ihre Lehren gehabt, sagte sie, und würde nicht wiederkommen. Für lange Zeit kam sie auch nicht. Aber keineswegs aus dem Grund, weil sie's nicht nötig gehabt hätte. Sie vermoderte Stück um Stück. Als ich sie kennenlernte, war sie schließlich doch wieder im Leprosorium untergebracht, weil ein Pflegeheim sie

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