Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Stimmung, und er sah sich dazu imstande, sich zu sagen: Spielt keine Rolle, wer mich hergezaubert hat. Ich bin, wer ich bin. Ich werde es schaffen.
So war er nicht bloß verdutzt, als er und Mhoram mitten am Nachmittag den Heerwurm der Krieger einholten, der sich unter Strapazen vorankämpfte. Er war entsetzt. Das Kriegsheer war fast um einen halben Tagesmarsch hinterm Zeitplan zurück. Die Krieger begrüßten ihn mit flauem Jubel, der rasch verebbte, als man sah, daß sich der Hoch-Lord nicht bei ihm befand. Aber Troy achtete ohnehin nicht darauf. Er ritt geradewegs zu Trutzmark Amorine. »Ihr seid zu langsam!« schnauzte er. »Den Takt beschleunigen! In diesem Tempo werden wir ja genau eineinhalb Tage zu spät eintreffen!« Das Willkommen in Amorines Gesicht wich dem Ausdruck von Verdruß, und sie wirbelte sofort herum und galoppierte zu den Trommlern. Mit einem vielfachen, weithin hörbaren, mehr geseufzten Stöhnen der Qual beschleunigten die Krieger ihren Schritt, bis sie sich halb im Laufschritt bewegten. Dann ritt Streitmark Troy an ihren Reihen entlang wie ein leibhaftiger Dreschflegel, erzwang den schnelleren Rhythmus mit seiner zorngeladenen Gegenwart. Als er eine Schar leicht nachhinken sah, brüllte er dem jungen Trommler ins Gesicht: »Bei Gott! Deinetwegen werde ich diesen Krieg nicht verlieren!« Er klatschte dem beschämten Scharwart den richtigen Takt direkt ins Ohr, bis der Trommler ihn exakt einhielt. Erst als seine anfängliche Wut sich legte, bemerkte er, wie neun Tage anstrengenden Marsches auf das Kriegsheer gewirkt hatten. Die Krieger litten ernste Beschwerden. Fast ausnahmslos humpelten sie auf irgendeine Weise, zwangen sich wacklig gegen den ständigen Schmerz von Kratzwunden, gezerrten Muskeln und geprellten Knochen vorwärts. Viele waren so ausgelaugt, daß sie nicht länger schwitzten, und die überhitzte Röte ihrer Gesichter war von Staub verkrustet, der ihnen ein gelbliches, irres Aussehen verlieh. Mehr als eine Handvoll bluteten aus entzündeten Wunden an ihren Schultern, wo die Riemen ihres Gepäcks eingeschnitten hatten. Trotz ihrer Hartnäckigkeit marschierten sie unordentlich dahin, als könnten sie sich der Marschordnung, auf die sie bei Schwelgenstein, neunzig Längen weit zurück, gedrillt worden waren, kaum noch entsinnen. Und sie waren hinterm Zeitplan zurückgeblieben. Bis zum Unheilswinkel waren es noch einhundertachtzig Längen. Zum Zeitpunkt, als sie an die Stätte ihres Nachtlagers schlurften und keuchten, befaßte sich Troy nachgerade rasereiartig mit der Suche nach einem Weg, um das Heer durchzubringen. Er spürte, daß bloße Entschlossenheit nicht ausreichte. Sobald die mitmarschierten Allholz- und Glutsteinmeister die Lagerfeuer entfacht hatten, machte sich Lord Mhoram daran, fürs Kriegsheer zu tun, was er zu tun vermochte. Er eilte von Schar zu Schar und half den Köchen. In jedem Kessel übte sein blaues Feuer irgendeine Wirkung auf die Verpflegung aus, verbesserte sie, erhöhte ihren Gehalt an Kraft- und Lebensspendern. Und als er zur Nahrungszubereitung das Seine geleistet hatte, wanderte er durchs ganze Kriegsheer und verbreitete den Balsam seiner Anwesenheit – sprach mit den Kriegern, half ihnen bei der Behandlung ihrer Verletzungen und bei ihren Verbänden, scherzte mit jedem, der noch genug Kraft zum Lachen besaß. Während der Lord sich damit beschäftigte, kam Troy mit seinen Offizieren zur Beratung zusammen, den Schar- und Streitwarten. Nachdem er Hoch-Lord Elenas Ausbleiben erklärt hatte, widmete er sich sofort dem Problem des Marsches. Peinlich genau erläuterte er nochmals die Umstände, dieses dies Joch so unumgänglich, gebieterisch notwendig machten. Dann schenkte er seine Aufmerksamkeit speziellen Einzelheiten. Er organisierte einen Rotationsplan für die ledernen Wasserbehälter, damit sie künftig ständig in den Kolonnen unterwegs waren und sich nicht länger Krieger überhitzten; er veranlaßte, daß Pferde das Gepäck der Frauen und Männer mit blutig wunden Schultern übernahmen; er befahl, daß alle berittenen Unterführer zu zweit auf einem Pferd reiten sollten, ausgenommen die Trommler, so daß jeweils die allererschöpftesten Krieger auf Pferderücken verschnaufen konnten; und er ordnete an, daß diese Offiziere beim Reiten Aliantha für die Marschierenden sammeln sollten. Er übertrug alle Aufgaben der Wasserversorgung und Aufklärung den Bluthütern und stellte damit weitere Pferde zur Unterstützung des Kriegsheers frei. Dann
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