Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
seinen neuen Plan mit einer Entschiedenheit für sich, als könne er durch Schweigen und Geheimhaltung seine Entsetzlichkeit einkapseln. »Und Doriendor Korischew ist ungeeignet. Ein oder zwei Tage lang können wir uns dort festsetzen. Aber danach würde Markschänder uns einfach einkreisen und aufreiben. Wir müssen es besser machen.«
Der Schwertmark nickte traurig. Troys Weigerung verdroß ihn wie ein Zeichen von Mißtrauen. Aber er brachte ein verzerrtes Lächeln zustande. »Streitmark«, erkundigte er sich, »sehen deine Pläne auch ein Ende vor?«
»Ja.« Troy seufzte. »Ja, durchaus. Und wir werden's erreichen. Dann muß Mhoram uns raushauen. Er hat's mir versprochen ...« Weil er es nicht länger mit seinen unzureichenden Auskünften unter Quaans Augen aushalten konnte, wandte er sich ab. Er ließ Mehryl seine Fersen spüren und machte sich auf die Suche nach den Lords. Er wollte ihnen seine Absichten in bezug auf Doriendor Korischew darlegen und nachfragen, welche zusätzliche Hilfe Mhoram oder Callindrill dem Kriegsheer zu leisten vermochten.
Im Verlauf des restlichen Tages und am nächsten Morgen erhielt er regelmäßig von den Bluthütern Meldungen über Markschänders Vorankommen. Die Armee des Riesen-Wütrichs war groß und ziemlich unbeweglich; am Tag nach der Überwindung des Unheilswinkels hatte sie nur neun Längen zurückgelegt. Aber in der dunklen Nacht machte sie keinen Halt und legte bloß kurz vor der morgendlichen Dämmerung eine kurze Rast ein. Troy schätzte, daß der Riese am Nachmittag nach Doriendor Korischew vorstoßen würde. Diese Einsicht beseelte ihn mit dem dringlichen Wunsch, das Kriegsheer zur Eile anzutreiben. Aber er konnte es unmöglich tun. In der Nacht und am Morgen starben zu viele Krieger oder verließen den Heerwurm. Zu seinem Schrecken verdreifachte sich der Verschleiß. Wieder gingen ihm Zahlenreihen durch den Kopf: dreiunddreißig, neunundneunzig ... bei dieser Rate mußte der Marsch allein bis zum Ablauf des sechsten Tages fast dreitausend Opfer fordern. Zu weiteren Verlusten würde es in Doriendor Korischew kommen. Es bedurfte komplexer Gleichungen, um das Schicksal seiner Armee zu überblicken. Er tat nichts, um es zu beschleunigen. Infolgedessen waren seine Krieger Markschänder nur noch um eine Länge voraus, als sie die ausgedehnte Steigung hinauf zu den Ruinen zu erklimmen begannen.
Die vorzeitliche Stadt stand auf einem hohen Hügel unter den unveränderlich finsteren Brauen der Berge; der Hügel grenzte an einen südwärtigen Hügelkamm. Die Ruinen ragten in langgestreckter Anordnung empor, die die östliche und westliche Ausdehnung der Südlichen Einöden voneinander trennte, sie voreinander verbarg. In längst vergangenen Zeiten, als die Stadt lebte und blühte, hatte sie den Nordrand der Region unmißverständlich beherrscht, und noch heute bewiesen die niedrigen, aber wuchtigen Überreste der Befestigungen, daß die Bewohner der Stadt den Wert ihrer Lage genau gekannt hatten. Den Sagen zufolge, die in Kevins Lehre überliefert worden waren, mußten diese Menschen kriegerisch gewesen sein; sie hatten die strategisch günstige Position benötigt. Lord Callindrill übersetzte den Namen der Stadt als ›Heim der Meister‹ oder ›Schrecken der Feinde‹. Die Sagen behaupteten, Doriendor Korischew sei jahrhundertelang die Hauptstadt jenes Volkes gewesen, dem Berek Halbhand entstammte. Das mußte in dem Zeitalter gewesen sein, als der Einholzwald das Land dominierte. Damals gab es südlich der Berge noch keine Einöden; die Gegend war grün und volkreich. Doch mit der Zeit bevölkerten sie zu viele Menschen. Große Gruppen von Menschen aus diesem südlichen Landstrich wanderten langsam ins nördliche Herz des Landes ab, begannen sich am Einholzwald zu vergreifen. Zuerst lag ihnen nur an Holz für den rings um Doriendor Korischew entstandenen Kulturkreis. Dann wollten sie Felder, um sie zu bestellen. Dann wünschten sie Häuser. Unter unwissentlicher Nachhilfe seitens anderer Einwanderer aus dem Norden brachten sie es endlich fertig, den Einholzwald unrettbar zu verstümmeln. Aus dessen Zerstörung ergaben sich jedoch vielerlei Folgen. Einmal führte das Fällen der Bäume zur Aufhebung der Wehrkraft, womit der Koloß am Landbruch-Wasserfall das Unterland in Schach hielt. Die Wütriche erhielten freie Hand – eine Tatsache, die zweifelsohne zum Untergang des Königtums von Doriendor Korischew in Berek Halbhands großem Krieg führte. Zweitens veränderte das
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