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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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als der Vogel näher kam, sah er in den mächtigen Krallen Ruels schlaffen Leichnam hängen. Er konnte Ruels plattes, leidenschaftsloses Gesicht erkennen. Der Bluthüter wirkte wie ein Betrogener.
    Eine Zuckung suchte Troy heim. Als der Vogel herabschwebte, erinnerte er sich wieder daran, wer er war; das gräßliche Maß seines Erschreckens belebte seine Muskeln wie mit einem elektrischen Schlag. Er riß sein Schwert heraus und hieb zu. Der Streich spaltete dem Vogel den Schädel. Sein Gewicht ließ ihn niedertorkeln. Grünes Blut spitzte Troy auf Kopf und Schultern. Das warme Blut brannte wie ein Ätzmittel, und es stank so stark nach Rosenöl, daß es ihm den Atem verschlug. Mit einem erstickten Laut betastete er seine Stirn, versuchte den Schmerz fortzuwischen. Aber die Säureglut verzehrte seinen Stirnreif, brannte sich durch seinen Schädel ins Hirn. Er verlor die Besinnung.
     
    Er erwachte inmitten von Stille und nächtlicher Finsternis. Nach einer unbestimmbar ausgedehnten Zeitspanne, vielleicht so lang wie ein endloser Schrei, hob er den Kopf. Der Wind hatte ihn mit Staub bedeckt, und seine Regung wühlte ihn nun wieder auf. Er geriet ihm in Mund, Kehle und Lungen. Aber er unterdrückte den Hustenanfall und lauschte hinaus in die Dunkelheit. Überall ringsum war Doriendor Korischew still wie ein Hügelgrab. Der Sturm und der Wirbel waren beide vergangen, hatten auf ihrem Pfad nur mitternächtlichen Staub und Tod zurückgelassen. Das Schweigen lastete wie ein Fluch auf den Ruinen. Dann mußte er letztendlich doch husten. Er keuchte, röchelte und würgte, raffte sich auf die Knie hoch. Seine Handlungen klangen in den eigenen Ohren unverhältnismäßig laut. Er gab sich Mühe, die Heftigkeit seines Hustens zu bändigen, aber er mußte warten, bis der Anfall abklang. Als er vorbei war, bemerkte er, daß er noch immer sein Schwert umklammerte. Unwillkürlich packte er es noch fester. Er verwünschte seine nächtliche Blindheit, aber andererseits mußte er sich sagen, daß die Dunkelheit seine einzige Hoffnung bedeutete. Sein Gesicht pochte schmerzhaft, doch er achtete nicht darauf. Während er überlegte, blieb er in völliger Reglosigkeit stehen. So lange nach dem Wirbelsturm, folgerte er, mußten alle seine Leute tot oder geflohen sein. Soweit der Tornado und die Vögel sie nicht niedergemacht hatten, mußte Markschänders Heer die Ruinen von ihnen gesäubert haben. Folglich durfte er von ihrer Seite keine Hilfe erwarten. Er hatte überdies keine Ahnung, wieviel von diesem Heer zurückgeblieben war und das ›Heim der Meister‹ besetzt hielt. Ferner konnte er nicht sehen. Bis zum Tagesanbruch war er hilflos. Nur die Finsternis schützte ihn; er selbst konnte sich nicht verteidigen. Zuerst reagierte er mit dem Entschluß, zu bleiben, wo er sich befand, und zu hoffen, man werde ihn nicht aufspüren. Doch gleich darauf sah er die Aussichtslosigkeit dieser Absicht ein. Günstigstenfalls konnte er damit seinen Tod aufschieben. Wenn die Morgendämmerung heraufzog, stünde er nach wie vor allein gegen eine unbekannte Zahl von Gegnern. Nein, seine einzige Chance bestand darin, jetzt aus der Stadt zu schleichen und in den Einöden zu verschwinden. Dort fand er vielleicht ein Erdloch oder einen Felsspalt, um sich darin zu verstecken. Diese Flucht war durchführbar, um Haaresbreite möglich, weil er über einen Vorteil verfügte: niemand in Markschänders Gefolge außer den Urbösen konnte sich bei Nacht so gut durch die Ruinen bewegen wie er. Und der Wütrich hatte bestimmt keine Urbösen zurückgelassen. Sie waren zu wertvoll. Wenn Troy sich auf den Einsatz seiner alten Fähigkeiten konzentrierte – sein Gespür für Raumverhältnisse, sein Gedächtnis fürs Terrain –, mußte es ihm gelingen, die Stadt zu durchqueren, ohne die Hand vor Augen zu sehen. Er mußte sich darauf verlassen, daß sein Gehör ihn vor Feinden warnte. Kurzentschlossen machte er einen Anfang, indem er sein Schwert in die Scheide zurückschob. Dann begann er sich über den warmen Sand vorwärts zu tasten. Er mußte zunächst ermitteln, wo er sich aufhielt, und zu diesem Zweck gab es nur eine Methode. In der Nähe fanden seine Hände einen Flecken Untergrund, der sich versengt anfühlte. Der Dreck, der seine Finger verklebte, stank nach Rosenöl. Auf dem versengten Boden ertastete er Ruels verkrümmten Leichnam. Sein Tastsinn verriet ihm, daß Ruels Leiche stark verkohlt war; der finstere, üble Vogel mußte, als er starb, in Flammen aufgegangen

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