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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Bemühungen konnten das Boot nicht lange antreiben. Nach ein paar hundert Metern begann der Bug vom ursprünglichen Kurs abzuweichen. Bannor hörte zu sprechen auf, und sofort schwang der Bug zur Seite, das Fahrzeug drehte bei. Allmählich beschleunigte es seine Fahrt.
    Es befand sich unterm Einfluß einer Strömung. Im Mittelpunkt von Covenants blicklosem Stieren ließ Bannor seine Brauen ein wenig aufwärtsrutschen, als sähe er eine neue Prüfung voraus. Für eine beachtliche Weile wartete er darauf, daß sich mit dem langsamen Anschwellen der Strömung ein Ziel ihrer veränderten Fahrtrichtung abzeichne.
    Dann erspähte er in der Ferne, was die Strömung hervorrief. Weit voraus glomm Steinlicht über einer Linie des Wasserspiegels, hinter der ein Loch sich nach beiden Seiten bis in unendliche Tiefen auszuweiten schien. In diesen Schlund ergoß sich der Erdwurzelsee in sturzbachartigen, aber lautlosen Katarakten.
    Er reagierte mit verzögerungsfreier Tüchtigkeit, als habe er sich während der langen Jahrhunderte seines Dienstes auf nichts als diesen Test vorbereitet. Zunächst zupfte er eine Länge Clingor aus seinem Bündel; damit befestigte er Covenant am Boot. »Das Ringen zwischen Kevin und dem Hoch-Lord hat auf dem Grunde des Erdwurzelsees die Erde aufgebrochen«, erklärte er zur Antwort auf die unklare Fragestellung in Covenants Miene. »Wir müssen auf seinen Wassern hinabfahren und drunten einen Weg ins Freie suchen.«
    Er wartete keine Erwiderung ab. Er kehrte Covenant den Rücken zu, spreizte die Beine, klammerte beide Fäuste ans vergoldete Dollbord und riß eine Planke heraus. Das lange, geschwungene Stück Holz in den Händen, um es als Staken zum Steuern zu verwenden, schwang er sich herum, versuchte die Entfernung des Boots vom Abgrund zu schätzen.
    Nur noch weniger als hundert Meter trennten das Gefährt vom Rand der Kluft, und es glitt ihr zusehends rascher entgegen, immer stärker vom Wassersturz angezogen. Bannor traf jedoch noch eine Vorbereitungsmaßnahme. »Ur-Lord«, sagte er mit ruhiger Stimme, während er sich vorbeugte, »du mußt den Orkrest benutzen.« Seine Stimme hallte voller Autorität durch die Stille und erzeugte reichlich Echos.
    Covenant glotzte nur verständnislos. »Du mußt. Er ist in deiner Tasche. Hol ihn heraus.«
    Einen Moment lang stierte Covenant ihn bloß weiter an. Endlich drang der Wunsch des Bluthüters durch seine Abstumpfung zu ihm vor. Langsam langte er in seine Tasche, holte den glatten, lichten Stein hervor. Er hielt ihn ungeschickt in seiner Rechten, als könne er ihn zwischen Daumen und lediglich zwei Fingern nicht richtig greifen. Das Loch gähnte nun unmittelbar vorm Bug des Boots, aber Bannor sprach mit unveränderter, gelassener Festigkeit. »Nimm den Stein in deine Linke. Halt ihn über dein Haupt, auf daß er uns den Weg erhelle.«
    Als Covenant den Orkrest mit seinem entarteten Ehering in Berührung brachte, schoß aus dem Innern des Steins ein grelles, silbernes Licht. Es leuchtete auf dem Goldrand der Planke in Bannors Fäusten, ließ das Steinlicht ringsum verblassen. Als Covenant sich benommen erhob und den Stein wie eine Fackel in die Höhe streckte, nickte Bannor beifällig. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck von Befriedigung, als seien alle Voraussetzungen seines Eids erfüllt worden. Dann kippte der Bug des Boots abwärts. Bannor und Covenant sausten auf den Stromschnellen des Erdwurzelsees in die finstere Tiefe hinab.
    Das Wasser brodelte und schäumte heftig. Aber bald mündete es in andere Hohlräume. Die Strömungen jagten im Hinunterstürzen durch eine Windung, schossen durch den erst entstandenen Spalt, als handele es sich um einen Abfluß oder ein Schleusentor. Im Helligkeitsschein des Orkrest -Steins sah Bannor rechtzeitig genug, wohin die Wassermassen sich ergossen. Er steuerte das Boot so, daß es unangefochten mit der Hauptrichtung der Strömung schwamm.
    Anschließend tanzte das Fahrzeug den frenetischen Wasserlauf wie in einem langen Alptraum aus zerklüfteten Felsen, plötzlichen Fällen, bei deren Anblick das Herz stehenbleiben wollte, Tohuwabohu und nahem Tod hinunter. Durch labyrinthische Schlünde, Stollen und Spalten in den unermeßlichen Eingeweiden des Melenkurion Himmelswehr raste das Wasser von einer zur nächsten Höhle, rumpelte und röhrte in den Gedärmen des Berges. Viele Male rollten Wasserstürze über das Gefährt hinweg, aber jedesmal trieb sein kraftvolles Holz – ein Holz, das dazu imstande war, dem

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