Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
ihrerseits den Friedensschwur ab und übertrugen ihn allen Einwohnern des Landes – einen Eid, um gegen die zerstörerische Leidenschaft Kevins Vorbeuge zu schaffen. Gleichfalls verschworen diese Lords, unsere Vorgänger, sich selbst und ihre Nachfolger der Treue und dem Dienst an Land und Erdkraft. Unterdessen, mein Freund, haben wir, wie du weißt, den Zweiten Kreis des Wissens entdeckt. Die beiden Kreise umfassen viel Wissen und Macht, und wenn wir sie meistern, werden sie uns zum Dritten Kreis führen. In dieser Weise wird die Meisterung errungenen Wissens uns leiten, bis uns Kevins gesamtes Wissen gehört. Aber noch scheitern wir – wir vermögen die gewonnenen Kenntnisse nicht in ihrer vollen Tiefe zu durchdringen. Wie soll ich's dir erklären? Wir übertragen die Sprache der Alt-Lords. Wir erlernen die Fertigkeiten, die Riten und Lieder von Kevins Lehre. Wir erforschen das Wesen des Friedens und widmen uns dem Leben des Landes. Und dennoch ermangelt es uns an irgend etwas. Irgendwie unterläuft uns ein Mißverständnis – wir genügen den hohen Anforderungen der Lehre nicht. Nur ein Teil der Macht, die in ihr enthalten ist, fügt sich unserem Streben. Wir können über die anderen Kreise des Wissens nichts entdecken. Wir begreifen wenig von den Sieben Worten, die die Erdkraft wecken. Etwas, Ur-Lord ... es ist etwas in uns, das unser Versagen verursacht. Ich spüre es in meinem Herzen. Wir sind fehlerhaft. Uns fehlt zu dieser Art von Meisterschaft noch die Größe.«
Der Lord verstummte und versank mit gebeugtem Kopf ins Grübeln, die Wange gegen seinen Stab gedrückt. Für eine Zeitlang musterte Covenant den Lord. Die Wärme des Sonnenscheins und der schwache, kühle Wind schienen Mhorams strenge Selbsteinschätzung zu unterstreichen. Schwelgenstein selbst machte die Menschen, die es bewohnten, sozusagen zu Zwergen. Aber der Einfluß des Lords – oder sein Beispiel – stärkten Covenant. Endlich fand er den Mut zum Aussprechen der wichtigsten Frage. »Warum bin ich dann hier? Warum hat er geduldet, daß ihr mich herbeibeschwört? Will er das Weißgold nicht?«
»Lord Foul ist noch außerstande dazu«, sagte Mhoram, ohne den Blick zu heben, »dich zu schlagen. Die wilde Magie ist ihm über. Statt dessen versucht er zu bewirken, daß du dir selbst den Untergang bereitest. Ich hab's gesehen.«
»Gesehen?« wiederholte Covenant leise und gequält.
»In grauen Visionen habe ich flüchtige Einblicke in des Verächters Herz erhalten. In dieser Sache vermag ich aus sicherer Erkenntnis zu sprechen. Auch heute bezweifelt Lord Foul noch, daß seine Macht der wilden Magie gleichkommen kann. Er hegt keine Bereitschaft dazu, dich jetzt schon zum Kampf herauszufordern. Erinnere dich daran, daß vor vierzig Jahren Seibrich Felswürm sowohl den Stab des Gesetzes wie auch den Weltübel-Stein besaß. Weil er noch mehr Macht begehrte – alle Macht –, wandte er sich in solcherlei Art und Weise wider dich, wie der Verächter es nicht getan hätte, mit verschwenderischen oder törichten Mitteln. Seibrich war wahnwitzig. Und Lord Foul verspürte keinerlei Wunsch, ihn Weisheit zu lehren. Nun jedoch ist der Sachverhalt anders. Lord Foul vergeudet keine Kräfte, geht keine Wagnisse ein, die nicht zur Erreichung seiner Ziele unvermeidlich sind. Er ist auf Umwegen bestrebt, dich für seine Zwecke zu benutzen. Sollte es zum letzten, äußersten Zusammenprall kommen, ohne daß er sich zu deinem Meister aufgeschwungen hat, so wird er gegen dich kämpfen – unter der Voraussetzung, er darf des Sieges sicher sein. Bis dahin wird er darauf bedacht sein, deinen Willen zu beugen, so daß du dich dazu hinreißen läßt, wider das Land zu handeln – oder ihm deinen Beistand zu verweigern, so daß er freie Hand hat, um uns zu vernichten. Vorerst wird er auf keinen Fall offen wider dich auftreten. Er fürchtet die wilde Magie. Weißgold ist nicht durchs Gesetz der Zeit gebunden, und er muß seine Verwendung verhindern, bis er dessen sicher sein kann, daß es nicht gegen ihn verwendet wird.«
Covenant erkannte die Wahrheit in Mhorams Worten. Der Verächter hatte ihm so ziemlich das gleiche erzählt, hoch droben auf dem Kevinsblick, als er zum ersten Mal ins Land geriet. Ihn schauderte infolge der lebhaften Erinnerung an Lord Fouls Geringschätzung – ihn schauderte und fröstelte, als ob hinterm klaren Sonnenschein über Schwelgenstein der trostlose Dunst der Verachtung wehe, seine Seele mit dem Geruch von Weihrauch anmoderte, seine
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