Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Moment auch nutzlos wirkte. Statt sich selbst löschte er das Land aus. Nur die Menschen kamen mit dem Leben davon, die genug Zeit hatten, um noch ins Exil zu fliehen. Es heißt, am Ende soll Kevin erkannt haben, was er angerichtet hatte – unmittelbar vor seinem Tod. Foul hat ihn ausgelacht. Kevin starb unter Klagegeheul. Gleichgültig wie, aus diesem Grund mißt man heute dem Friedensschwur soviel Bedeutung bei. Jeder legt ihn ab. Er ist prinzipiell so wichtig wie der Schwur der Lords, dem Lande zu dienen. Alle schwören sie hier, irgendwie diesen destruktiven Gefühlen zu widerstehen ... solchen Empfindungen wie Kevins Anwandlung von Verzweiflung. Sie ...«
»Ich weiß«, unterbrach Covenant. »Das weiß ich alles.« Er seufzte. Er erinnerte sich an Triock, den jungen Mann, der vor vierzig Jahren im Steinhausen Mithil Lena geliebt hatte. Triock wollte Covenant umbringen, aber Atiaran war ihm mit dem Hinweis auf den Friedensschwur in den Weg getreten. »Bitte halt die Klappe. Mir geht's auch ohne dein Gequassel miserabel genug.«
»Covenant ...« Troy sprach weiter, als befasse er sich noch mit demselben Thema. »Ich verstehe einfach nicht, warum du nicht davon begeistert bist, hier zu sein. Wie kann die ›reale‹ Welt wichtiger sein als das hier?«
»Weil sie die einzige Welt ist, die's gibt.« Schwerfällig richtete sich Covenant auf. »Gehen wir. In dieser Wärme wird mir schwindlig.« Langsam verließen sie das Amphitheater. Die Luft im Innern Schwelgensteins hieß sie mit ihrer kühlen, lauschigen Freundlichkeit willkommen, und Covenant atmete tief durch, rang um Gemütsruhe.
Er hätte sich gern aus Troys Gegenwart verdrückt, um den Fragen auszuweichen, die, wie er wußte, Troy stellen würde. Aber der Streitmark zeigte deutliche Entschlossenheit. »Hör zu, Covenant«, sagte er tatsächlich schon nach kurzer Weile. »Ich bemühe mich um Verständnis. Seit unserer letzten Unterhaltung hab' ich die Hälfte meiner Zeit damit zugebracht, zu versuchen, dich zu verstehen. Man muß doch eine gewisse Vorstellung davon haben, was man von dir erwarten darf. Aber ich blick' einfach nicht durch. Drüben warst du ein Leprotiker. Ist denn dann das hier nicht besser?«
»Es ist nicht real«, antwortete Covenant gleichgültig und kurzangebunden. »Ich glaube nicht daran.« Die nachfolgende Ergänzung machte er halb zu sich selbst. »Leprakranke, die ihren Träumen oder sonst irgendwelchem Kram zuviel Beachtung schenken, haben keine hohe Lebenserwartung.«
»Herrje«, meinte Troy leise. »Du redest daher, als gäbe es außer Lepra überhaupt nichts.« Er überlegte einen Moment lang. »Wie kannst du so sicher sein, daß es nicht real ist?«
»Weil das Leben nun mal nicht so läuft. Lepraleidende werden nicht gesund. Leute ohne Augen fangen nicht plötzlich an zu sehen. Solche Dinge gibt's nicht. Wir werden irgendwie beschissen. Unser eigenes ... unser eigenes Verlangen nach etwas, das uns fehlt ... flüstert uns diese Hirngespinste ein. Das ist alles verrücktes Zeug. Denk mal über dich selbst nach. Na los – überleg mal genau, wie's in deinem Fall zuging. Du hast zwischen einem Sturz aus dem neunten Stockwerk und einem Flammenmeer gehangen, blind, hilflos und kurz vorm Tod. Ist das denn eine so abwegige Annahme, davon auszugehen, daß dein Verstand einen Knacks erlitten hat?« Seinen nächsten Worten floß ätzende Schärfe ein. »Das heißt, immer vorausgesetzt, daß du überhaupt existierst. Ich mache mir über dich meine eigenen Gedanken. Ich muß dich unterbewußt ersonnen haben, um mich mit irgend jemandem streiten zu können. Irgend jemandem, der mir weismachen will, daß ich mich irre.«
»Verdammt noch mal«, rief Troy. Mit einer blitzartigen Drehung riß er Covenants Rechte hoch und hielt sie in Augenhöhe zwischen sich und Covenant. »Sieh her!« sagte er eindringlich, den Kopf in grober Herausforderung vorgereckt. »Fühl diesen Griff! Ich bin hier. Das ist die Tatsache. Es ist eine Realität.«
Covenant betrachtete Troys Hand einen Augenblick lang. »Ich fühle dich«, bestätigte er dann. »Und ich sehe dich. Ich höre dich sogar. Aber das beweist nur meine Ansicht. Ich glaube nicht daran. Und jetzt laß mich los.«
»Warum nicht?!« Troys dunkle Brille schwebte bedrohlich direkt vor Covenants Gesicht, aber er starrte hinein, bis sie sich zur Seite drehte. Allmählich lockerte der Streitmark die Härte seines Griffs. Covenant befreite seine Hand mit einem Ruck und setzte den Weg fort, ein Beben
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