Der siebte Schrein
zum Burgberg, wo er im Krieg der Wiedereinsetzung seinen Thron von dem falschen Coronal zurückfordern wollte, mit seiner kleinen Schar Getreuer Rast gemacht - Carabella, Nascimonte, Sleet, Ermanar, Deliamber und den anderen.
Damals war Valentine noch ein junger Mann gewesen. Aber er war nicht mehr jung. Seit neun Jahren war er jetzt schon Pontifex von Majipoor, oberster Monarch des Reiches, und davor hatte er vierzehn als Coronal Lord gedient. Einige weiße Strähnen waren in seinem goldenen Haar, und auch wenn er noch den durchtrainierten Körper und die Anmut eines Athleten besaß, spürte er das erste Zwicken des fortschreitenden Alters.
Bei seinem ersten Besuch in Velalisier hatte er geschworen, daß er Unkraut und Ranken, die die Ruinen erstickten, entfernen und Archäologen entsenden lassen würde, um die alten, eingestürzten Gebäude auszugraben und zu restaurieren. Und er hatte vorgehabt, den Führern der Metamorphen eine Rolle bei dieser Arbeit zuzuweisen, wenn sie dazu bereit waren. Das war sein Plan gewesen, um den einst verabscheuten und gejagten Ureinwohnern dieses Planeten einen bedeutenderen Platz im öffentlichen Leben von Majipoor zu geben; denn er wußte, daß die Metamorphen von mühsam unterdrückter Wut erfüllt waren und sich nicht mehr in den entlegenen Reservaten halten ließen, in die seine Vorgänger sie verbannt hatten.
Valentine hatte diesen Schwur gehalten. Und Jahre später war er nach Velalisier zurückgekehrt, um sich ein Bild von den Fortschritten zu machen, die die Archäologen erzielten.
Aber die Metamorphen, die Valentines Vorstoß zu ihren heiligsten Stätten erbittert ablehnten, hatten das ganze Unternehmen boykottiert. Damit hatte er nicht gerechnet.
Er sollte bald herausfinden, daß die Gestaltwandler zwar darauf brannten, Velalisier in neuem Glanz erstrahlen zu sehen, diese Aufgabe aber selbst übernehmen wollten - nachdem sie die menschlichen Siedler und alle anderen Eindringlinge aus fremden Welten von Majipoor vertrieben hatten und wieder die alleinige Herrschaft über den Planeten antreten konnten. Nur wenige Jahre nach Valentines Thronbesteigung kam es zu einem Aufstand der Gestaltwandler, der insgeheim viele Jahre lang geplant worden war. Die erste Gruppe von Archäologen, die Valentine nach Velalisier geschickt hatte, konnte vor Ort nicht mehr tun, als einige vorbereitende Aufräumarbeiten durchzuführen und Karten anzulegen, bevor die Rebellion ausbrach; danach mußten die Arbeiten in Velalisier auf unbefristete Zeit vertagt werden.
Der Krieg endete mit dem Sieg von Valentines Truppen. Bei den anschließenden Friedensverhandlungen hatte er darauf geachtet, soviel wie möglich von dem aus der Welt zu schaffen, was die Metamorphen bekümmerte. Die Danipur - das war der Titel ihrer Königin - wurde als vollwertige Regentin des Reiches in die Regierung aufgenommen, was sie auf eine ähnliche Stufe mit dem Pontifex und dem Coronal stellte. Mittlerweile war Valentin selbst schon vom Thron des Coronals auf den des Pontifex aufgerückt. Und nun hatte er den Plan, die Ruinen von Velalisier zu restaurieren, wieder aufgenommen; diesmal freilich hatte er darauf geachtet, daß es mit der vollen Unterstützung der Metamorphen geschah und Archäologen der Metamorphen Seite an Seite mit den Gelehrten der angesehenen Universität von Arkilon im Norden arbeiteten, der er die Aufgabe übertragen hatte.
Im gerade vergangenen Jahr waren große Fortschritte erzielt worden, die Ruinen dem Vergessen zu entreißen, das sie so lange Jahre bedroht hatte. Aber daran konnte er sich kaum erfreuen. Der schreckliche Tod des Chefarchäologen der Metamorphen auf diesem uralten Altar legte Zeugnis dafür ab, daß an diesem Ort immer noch finstere Mächte vorherrschten. Er hatte sich eingebildet, daß er während seiner Herrschaft Harmonie in die Welt gebracht hatte, aber nun sah es so aus, als wäre diese Harmonie längst nicht so umfassend, wie er selbst gern glauben wollte.
Als Valentine sich in seinem Zelt eingerichtet hatte, war die Dämmerung bereits hereingebrochen. Einem Brauch zufolge, über den nicht einmal er sich gern hinwegsetzte, würde er allein darin wohnen, da seine Gemahlin Carabella auf dieser Reise zu Hause im Labyrinth geblieben war. Tatsächlich hatte sie ihn mit allen Kräften zu überreden versucht, auch nicht zu gehen. Tunigorn, Mirigant, Nascimonte und der Vroon teilten sich das zweite Zelt; das dritte wurde von den Wachen bewohnt, die den Pontifex nach Velalisier
Weitere Kostenlose Bücher