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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Steinplatten zu sehen, geheimnisvolle verschnörkelte Symbole, die tief in den Stein geritzt waren. Heute konnten nicht einmal mehr die Gestaltwandler selbst sie entziffern.
    Der Strom archäologischer und mythologischer Details sprudelte fast ohne Pause aus ihr hervor. Darin lag eine gewisse hektische, sogar verzweifelte Betriebsamkeit, ein Zeichen für das Unbehagen, das sie in Gesellschaft des Pontifex von Majipoor empfinden mußte. Valentine war an so etwas gewöhnt. Aber dies war nicht sein erster Besuch in Velalisier, und er war mit dem größten Teil dessen, was sie ihm erzählte, bereits vertraut. Und sie sah so müde aus, so erschöpft, daß es ihn bekümmerte, sie ihre Energie mit derart überflüssigen Ausführungen verschwenden zu sehen.
    Aber sie hörte nicht auf. Sie kamen gerade an einem riesigen und sehr verfallenen Bauwerk aus grauem Stein vorbei, das aussah, als würde es einstürzen, falls jemand in seiner Nachbarschaft auch nur niesen sollte. »Dies nennt man den Palast des Letzten Königs«, sagte sie. »Wahrscheinlich ein falscher Name, aber so nennen ihn die Piurivars, und in Ermangelung eines besseren Wortes nennen wir ihn auch so.«
    Valentine fiel auf, wie sorgfältig sie den Namen aussprach, den die Metamorphen sich selbst gegeben hatten. Piurivars, ja. Wissenschaftler neigten dazu, in dieser Hinsicht sehr förmlich zu sein, sie nannten die Ureinwohner von Majipoor immer so und bezeichneten sie niemals als Metamorphen oder Gestaltwandler, wie das gewöhnliche Volk es tat. Er würde versuchen, das zu beherzigen.
    Als sie zu den Ruinen des Königspalastes kamen, gab sie eine Abschweifung aus der Legende vom mythischen Letzten König aus der Frühzeit der Piurivar zum besten, in dessen Beisein die abscheuliche Schandtat stattgefunden hatte, die letzten Endes dazu geführt hatte, daß die Metamorphen ihre Stadt verlassen mußten. Es war eine Geschichte, mit der sie alle vertraut waren. Wer kannte die gräßliche Überlieferung nicht?
    Aber sie hörten geduldig zu, als sie erzählte, wie die Metamorphen von Velalisier vor vielen tausend Jahren, lange bevor die ersten menschlichen Siedler nach Majipoor gekommen waren, in einem Anflug von blindwütigem Wahnsinn zwei lebende Meeresdrachen aus dem Ozean gezerrt hatten: intelligente Wesen von enormer Größe mit außergewöhnlichen Geisteskräften, die die Metamorphen selbst als Götter angesehen hatten. Sie hatten sie auf diese Plattformen gelegt, mit langen Messern zerstückelt und ihr Fleisch als verrückte Opfergabe an noch größere Götter, von deren Existenz der König und sein Hof überzeugt waren, vor der Siebten Pyramide auf einem Scheiterhaufen verbrannt.
    Als die einfachen Leute der umliegenden Provinzen von dieser Orgie abscheulicher Massaker gehört hatten, so ging die Legende, stürmten sie Velalisier und zerstörten den Tempel, wo das Opfer dargebracht worden war. Sie töteten den Letzten König und verwüsteten seinen Palast, jagten die verkommenen Bewohner der großen Stadt in die Wildnis, sprengten den Aquädukt und leiteten die wasserspendenden Flüsse durch Dämme um, damit Velalisier fortan ein öder und verfluchter Ort sein und in alle Ewigkeit den Eidechsen und Spinnen und Jakkabolen der Felder gehören sollte.
    Valentine und seine Begleiter zogen schweigend weiter, als Magadone Sambisa mit ihrer Schilderung fertig war. Nun konnte man die sechs spitzen Pyramiden sehen, Velalisiers bekannteste Monumente; die erste ragte in unmittelbarer Nachbarschaft zum Innenhof des Palasts des Letzten Königs auf, die anderen bildeten eine gerade Linie, die sich nach Osten erstreckte. »Es gab einst eine siebte«, sagte Magadone Sambisa. »Aber die Piurivars selbst haben sie zerstört, bevor sie sich endgültig aus der Stadt zurückzogen. Nichts als verstreute Trümmer blieben übrig. Dort wollten wir Anfang letzter Woche mit Ausgrabungen beginnen, aber das war, als - als -« Sie verstummte und wandte sich ab.
    »Ja«, sagte Valentine leise. »Natürlich.«
    Die Straße führte zwischen zwei kolossalen Plattformen aus gigantischen blauen Steinplatten hindurch, die die Metamorphen der heutigen Zeit als Tische der Götter bezeichneten. Auch wenn sie vom Schutt von fast zweihundert Jahrhunderten umgeben waren, ragten sie immer noch gut drei Meter über die umliegende Ebene empor, und das Areal ihrer glatten Oberflächen wäre groß genug gewesen, Hunderte Menschen gleichzeitig aufzunehmen.
    Mit leiser Grabesstimme sagte Magadone Sambisa: »Wißt

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