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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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die Beweggründe von jemandem, der dazu imstande wäre, nicht ansatzweise verstehen. Aber jemand hat es getan.«
    »Ja.«
    »Nun, und die Beweggründe welcher Rasse sind am schwersten für uns zu verstehen, was meint Ihr? Soweit ich sehe, ist der Täter mit größter Wahrscheinlichkeit ein Gestaltwandler - entweder ein Mitglied des Archäologenteams oder einer, der mit dem speziellen Ziel von außen kam, das Attentat durchzuführen.«
    »Sollte man meinen. Aber welchen erdenklichen Grund könnte ein Gestaltwandler haben, einen seiner eigenen Rasse zu töten?«
    »Ich kann mir keinen vorstellen. Darum sind wir als Ermittler hier«, sagte Valentine. »Und ich habe das unangenehme Gefühl, daß mir die Lösung nicht gefallen wird, wenn wir sie gefunden haben.«
     
    Beim Abendessen im offenen Speisesaal der Archäologen lernte Valentine unter dem klaren, schwarzen Himmel, an dem jetzt kreisende Konstellationen funkelnder Sterne zu sehen waren, die kaltes Licht auf die geheimnisvollen Unebenheiten und Erhebungen der umliegenden Ruinen warfen, das gesamte wissenschaftliche Team von Magadone Sambisa kennen. Es waren alles in allem siebzehn Leute: sechs andere Menschen, zwei Ghayrogs, acht Metamorphen. Sie schienen alle, jeder einzelne, sanftmütige, gelehrte Leute zu sein. Nicht unter Aufbietung all seiner Phantasie konnte sich Valentine vorstellen, daß einer von ihnen seinen geschätzten Kollegen Huukaminaan ermordet und verstümmelt haben könnte.
    »Sind das die einzigen Personen, die Zugang zur Ausgrabungsstätte haben?« fragte er Magadone Sambisa.
    »Natürlich gibt es noch die Tagelöhner.«
    »Aha. Und wo sind die gerade?«
    »Sie haben ein eigenes Dorf jenseits der letzten Pyramide. Sie kehren bei Sonnenuntergang dorthin zurück und kommen erst wieder her, wenn sie am nächsten Tag zu arbeiten anfangen.«
    »Ich verstehe. Wie viele sind es insgesamt? Sehr viele?«
    Magadone Sambisa sah über den Tisch zu einem blassen Metamorphen mit langem Gesicht und stark schräggestellten Augen. Er war ihr Aufseher über die Ausgrabungsstätte, hieß Kaastisiik und war für die tägliche Einteilung der Gräber zuständig. »Was würdet Ihr sagen? Etwa hundert?«
    »Einhundertzwölf«, sagte Kaastisiik und verzog seinen kleinen schlitzförmigen Mund auf eine Weise, die zeigte, wieviel er sich auf seine Exaktheit einbildete.
    »Überwiegend Piurivar?« fragte Valentine.
    »Ausschließlich Piurivar«, sagte Magadone Sambisa. »Wir hielten es für das beste, nur eingeborene Arbeiter hinzuzuziehen, da wir die Stadt nicht nur ausgraben, sondern bis zu einem gewissen Grad neu bauen. Sie scheinen keine Probleme mit der Anwesenheit von Archäologen zu haben, die nicht zu den Piurivar gehören, aber wenn Menschen an der tatsächlichen Aufbauarbeit beteiligt wären, hätten sie das zweifellos als Affront betrachtet.«
    »Ihr habt alle vor Ort eingestellt, richtig?«
    »Es gibt keinerlei Siedlungen in unmittelbarer Umgebung der Ruinen, Euer Majestät. Und auch in den umliegenden Provinzen leben nicht allzu viele Piurivars. Wir mußten sie über große Entfernungen herbeischaffen. Einen Großteil aus Piurifayne selbst.«
    Daraufhin zog Valentine eine Braue hoch. Aus Piurifayne?
    Piurifayne war eine Provinz des fernen Zimroel, eine fast unvorstellbare Strecke entfernt auf der anderen Seite des Inneren Meeres gelegen. Vor achttausend Jahren hatte der große Eroberer Lord Stiamot - der den Hoffnungen der Piurivars, sie könnten auf ihrer eigenen Welt unabhängig bleiben, ein für allemal ein Ende bereitet hatte - die Metamorphen, die seinen Feldzug überlebt hatten, in die feuchten Dschungel von Piurifayne getrieben und dort in ein Reservat gesperrt. Obwohl die alten Einschränkungen aufgehoben waren und Metamorphen sich niederlassen durften, wo sie wollten, lebten in Piurifayne immer noch mehr von ihnen als anderswo; und in den subtropischen Sümpfen von Piurifayne hatte der Revolutionär Faraataa die Untergrundbewegung gegründet, die den Aufstand über das friedliche Majipoor gebracht hatte wie einen Fluß glühender Lava.
    Tunigorn sagte: »Sie haben natürlich alle verhört? Ihr Kommen und Gehen zur Tatzeit überprüft?«
    Magadone Sambisa schien bestürzt. »Ihr meint, wir hätten sie behandeln sollen, als wären sie des Mordes verdächtig?«
    »Sie sind des Mordes verdächtig«, sagte Tunigorn.
    »Sie sind einfache Gräber und Lastenträger, mehr nicht, Prinz Tunigorn. Es sind keine Mörder unter ihnen, das weiß ich. Sie haben Dr.

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