Der siebte Schrein
Lord in edlem Damastgewand lag besinnungslos auf einem Tisch und schnarchte leise in einer Weinlache. Sonst war niemand da. Dunk sah sich unsicher um, bis eine stämmige, kleine Frau mit käseweißem Gesicht aus der Küche kam und sagte: »Setz dich, wohin du willst. Willst du Bier haben oder Essen?«
»Beides.« Dunk setzte sich in die Nähe des Fensters, in sicherem Abstand von dem schlafenden Mann.
»Wir haben gutes Lamm in einer Kräuterkruste und Enten, die mein Sohn geschossen hat. Was möchtest du?«
Er hatte seit einem halben Jahr oder länger nicht mehr in einem Gasthaus gegessen. »Beides.«
Die Frau lachte. »Nun, groß genug dafür bist du.« Sie zapfte einen Krug Bier und brachte ihn an seinen Tisch. »Möchtest du auch ein Zimmer für die Nacht?«
»Nein.« Dunk hätte nichts lieber gehabt als eine weiche Strohmatratze und ein Dach über dem Kopf, mußte aber sparsam mit seinem Geld umgehen. Der Erdboden würde genügen. »Etwas zu essen, ein wenig Bier, und dann weiter nach Ashford. Wie weit ist das noch?«
»Einen Tagesritt. Reite an der Straßengabelung bei der ausgebrannten Mühle nach Norden. Versorgt mein Junge deine Pferde, oder ist er schon wieder abgehauen?«
»Nein, er ist da«, sagte Dunk. »Sie scheinen keine Gäste zu haben.«
»Die halbe Stadt ist ausgeflogen, um sich das Turnier anzusehen. Meine beiden wären auch dort, wenn ich es dulden würde. Sie erben das Gasthaus, wenn ich einmal nicht mehr bin, aber der Junge würde lieber mit den Soldaten herumschwadronieren, und das Mädchen seufzt und kichert jedesmal, wenn ein Ritter vorbeireitet. Ich schwöre, ich kann dir nicht sagen, warum. Ritter sind genauso gebaut wie andere Männer, und ich habe noch nie gehört, daß ein Turnier etwas an den Eierpreisen geändert hätte.« Sie sah Dunk neugierig an; sein Schwert und Schild verrieten ihr eines, das Seil als Gürtel und die grobe Tunika etwas anderes. »Du bist selbst zu dem Turnier unterwegs?«
Er trank einen Schluck Bier, ehe er antwortete. Es hatte eine dunkelbraune Farbe, wie Nüsse, und war kräftig gebraut, wie er es mochte. »Aye«, sagte er. »Ich will ein Sieger sein.«
»Ach, tatsächlich?« antwortete die Schankwirtin nicht unhöflich.
Auf der anderen Seite des Zimmers hob der junge Lord den Kopf aus der Weinlache. Sein Gesicht hatte eine blasse, ungesunde Farbe unter einem Rattennest sandfarbenen Haars; blonde Stoppeln überzogen sein Kinn. Er rieb sich den Mund, sah Dunk an und sagte: »Ich habe von dir geträumt.« Seine Hand zitterte, als er mit dem Finger auf Dunk zeigte. »Bleib mir vom Leibe, hast du gehört? Bleib mir bloß vom Leibe.«
Dunk sah ihn unsicher an. »Mein Lord?«
Die Schankwirtin beugte sich zu ihm herab. »Achtet nicht auf den da, Ser. Er macht nichts anderes als trinken und von seinen Träumen sprechen. Ich kümmere mich um das Essen.« Sie entschwand.
»Essen?« Bei dem jungen Lord hörte sich das Wort wie ein Schimpfwort an. Er erhob sich taumelnd und stützte sich mit einer Hand auf der Tischplatte ab, damit er nicht fiel. »Mir wird schlecht«, verkündete er. Die Vorderseite seiner Tunika war von alten Weinflecken rot verkrustet. »Ich wollte eine Hure, aber hier ist nirgends eine zu finden. Alle sind zum Wasen von Ashford aufgebrochen. Götter, seid gut, ich brauche etwas Wein!« Er schlurfte unsicher aus dem Schankraum, Dunk hörte ihn leise singend eine Treppe hinaufgehen.
Ein trauriges Geschöpf, dachte Dunk. Aber warum glaubt er, daß er mich kennt? Er dachte einen Moment bei seinem Bier darüber nach.
Das Lamm war das beste, das er je gegessen hatte, und die Ente war noch besser, mit Kirschen und Limonen gekocht und längst nicht so fett wie die meisten. Die Schankwirtin brachte Buttererbsen und Haferbrot dazu, das noch ofenwarm war. Das heißt es, ein Ritter zu sein, dachte er bei sich, als er das letzte Stückchen Fleisch vom Knochen nagte. Gutes Essen und Bier, wann immer ich es will, und niemand, der mir eine Ohrfeige gibt. Er trank einen zweiten Krug Bier zu der Mahlzeit, und einen dritten, um sie hinunterzuspülen, dann einen vierten, weil ihm niemand sagte, daß er das nicht dürfe, und als er fertig war, bezahlte er die Frau mit einem Silberstück und bekam trotzdem noch eine Handvoll Kupfermünzen zurück.
Als Dunk wieder hinausging, war es dunkel geworden. Sein Magen war voll, seine Börse ein wenig leichter, aber er fühlte sich gut, als er zu den Ställen ging. Vor sich hörte er ein Pferd wiehern. »Sachte,
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