Der siebte Schrein
drei weiße. Ihnen fehlt auch ein Mann. War es möglich, daß es Aerion nicht gelungen war, einen siebten Mann zu finden? Was würde das bedeuten? Würden sie sechs gegen sechs kämpfen, wenn es keinem gelang, einen siebten zu finden?
Ei kam zu ihm geschlüpft, während er noch darüber nachdachte. »Ser, es ist Zeit, daß Ihr Eure Rüstung anlegt.«
»Danke, Knappe. Wenn du so freundlich wärst?«
Der Stählerne Pate ging dem Jungen zur Hand. Panzerhemd und Halsberge, Beinschienen und Handschuhe, Haube und Panzerschurz, so kleideten sie ihn langsam in Stahl und überprüften jede Schnalle und jede Klammer dreimal. Ser Lyonel schärfte sein Schwert mit einem Wetzstein, während die Humfreys sich leise miteinander unterhielten, Ser Robyn betete und Raymun Fossoway hin und her schritt und sich fragte, wo sein Vetter blieb.
Dunk trug seine vollständige Rüstung, als Ser Steffon endlich auftauchte. »Raymun«, rief er, »mein Kettenhemd, bitte.« Er hatte ein gefüttertes Wams angezogen, das er unter dem Stahl tragen wollte.
»Ser Steffon«, sagte Dunk, »was ist mit Euren Freunden? Wir brauchen noch einen Ritter, damit wir sieben sind.«
»Ihr braucht zwei, fürchte ich«, sagte Ser Steffon. Raymun verschnürte das Kettenhemd an der Rückseite.
»M´Lord?« Dunk verstand nicht. »Zwei?«
Ser Steffon hob einen Handschuh aus feinsten Stahlplatten auf, streifte ihn über und spreizte die Finger. »Ich sehe nur fünf hier«, sagte er, während Raymun ihm den Schwertgürtel anlegte. »Beesbury, Rhysling, Hardyng, Baratheon und Euch selbst.«
»Und Ihr«, sagte Dunk. »Ihr seid der sechste.«
»Ich bin der siebte«, sagte Ser Steffon lächelnd, »aber für die andere Seite. Ich kämpfe für Prinz Aerion und die Ankläger.«
Raymun war im Begriff gewesen, seinem Vetter den Helm aufzusetzen. Er hielt wie vom Donner gerührt inne. »Nein.«
»Doch.« Ser Steffon zuckte die Schultern. »Ser Duncan versteht das, da bin ich mir sicher. Ich habe eine Pflicht meinem Prinzen gegenüber.«
»Du hast ihm gesagt, daß er sich auf dich verlassen kann.« Raymun war blaß geworden.
»Habe ich das?« Er nahm seinem Vetter den Helm aus der Hand. »Zweifellos war ich in dem Moment aufrichtig. Bring mir mein Pferd.«
»Hol es dir selbst«, sagte Raymun wütend. »Wenn du glaubst, daß ich bei diesem Spiel mitmachen werde, bist du ebenso dumm wie gemein.«
»Gemein?« Ser Steffon reagierte mit einem Tss, tss, tss. »Hüte deine Zunge, Raymun. Wir sind beide Äpfel vom selben Baum. Und du bist mein Knappe. Oder hast du deinen Eid vergessen?«
»Nein. Hast du deinen vergessen? Du hast geschworen, ein Ritter zu sein.«
»Ehe dieser Tag zu Ende ist, werde ich mehr als ein Ritter sein. Lord Fossoway. Das hört sich gut an.« Lächelnd zog er den anderen Handschuh an und ging durch die Koppel zu seinem Pferd. Die anderen Verteidiger maßen ihn zwar mit verächtlichen Blicken, aber niemand traf Anstalten, ihn aufzuhalten.
Dunk sah Ser Steffon nach, wie er sein Schlachtroß über das Gelände führte. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, aber seine Kehle fühlte sich zu wund an, um zu sprechen. Worte würden einen wie ihn ohnehin nicht rühren.
»Schlagt mich zum Ritter.« Raymun legte Dunk eine Hand auf die Schulter und drehte sich zu ihm um. »Ich werde die Stelle meines Vetters einnehmen. Ser Duncan, schlagt mich zum Ritter.« Er ließ sich auf ein Knie nieder.
Stirnrunzelnd legte Dunk eine Hand an den Griff seines Langschwerts, dann zögerte er. »Raymun, das . . . das sollte ich nicht tun.«
»Ihr müßt. Ohne mich seid ihr nur fünf.«
»Der Bursche sagt die Wahrheit«, schaltete sich Ser Lyonel Baratheon ein. »Macht es, Ser Duncan! Jeder Ritter kann einen anderen zum Ritter machen.«
»Zweifelt Ihr an meinem Mut?« fragte Raymun.
»Nein«, sagte Dunk. »Das nicht, aber . . .« Immer noch zögerte er. Ein Fanfarenstoß ertönte in der nebligen Morgenluft. Ei kam zu ihnen gelaufen. »Ser, Lord Ashford ruft Euch.«
Der Lachende Sturm schüttelte ungeduldig den Kopf. »Geht zu ihm, Ser Duncan, ich erhebe den Knappen Raymun in den Ritterstand.« Er zog sein Schwert und drängte Dunk beiseite. »Raymun vom Hause Fossoway«, begann er feierlich und legte dem Knappen das Schwert auf die rechte Schulter, »im Namen des Kriegers gemahne ich Euch zur Tapferkeit.« Das Schwert wanderte von der rechten Schulter zur linken. »Im Namen des Vaters gemahne ich Euch, gerecht zu sein.« Wieder zur rechten. »Im Namen der Mutter
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