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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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recht erbaulich, zumal da entweder Grolly oder Torlo Tennas Weinglas immer wieder nachfüllten.
    Rosa und Spacia halfen ihr die Treppe hinauf, eine auf jeder Seite, unter dem Vorwand, daß die Verbände nicht verrutschen durften. Sie unterhielten sich darüber, was sie zu der Zusammenkunft anziehen und mit wem sie gern tanzen würden.
    »Wir haben morgen Dienst«, sagte Rosa, während sie ihr ins Bett halfen, »daher werden wir wahrscheinlich weg sein, ehe du aufstehst. Aber diese Umschläge sollten es bringen.«
    Sie wünschten ihr beide eine gute Nacht. Vor ihren Augen drehte sich alles, als sie sich hinlegte, aber auf eine angenehme Art, und sie schlief rasch ein.
     
    Torlo kam mit einem Tablett voll Essen, als sie gerade aufwachte.
    »Geht´s dir heute morgen besser?«
    »Insgesamt schon, aber mein Bein . . .« Sie schlug die Decke zurück, damit er es begutachten konnte.
    »Hmmm. Der Dorn muß noch weiter behandelt werden. Ist wahrscheinlich schräg eingedrungen. Ich rufe Beveny.«
    »Oh, wirklich . . . ich würde lieber . . . Penda weiß doch sicher, was der Heiler für mich zusammengebraut hat . . .«
    »Das weiß sie, aber wir möchten, daß der Heiler mit Baron Groghe über deine Verletzungen spricht.«
    Nun war Tenna bestürzt. Eine Läuferin ging nicht zum Burgherrn, wenn sie nicht einen richtigen Grund für eine Beschwerde hatte, und so ernst waren ihre Verletzungen nicht.
    »Jetzt paß mal auf, junge Läuferin«, sagte Torlo und drohte ihr scherzhaft mit dem Finger, »ich bin der Stationsmeister, und ich sage, wir gehen damit zum Burgherrn, weil es gar nicht erst hätte passieren dürfen.«
    Beveny empfahl ein langes Bad und gab ihr ein Mittel, das sie dem Wasser beifügen sollte.
    »Ich lasse noch Breiumschläge bei Penda. Wir wollen diesen letzten Dorn draußen haben. Schau her . . .« Und er zeigte auf die dünnen, fast unsichtbaren Haare des Stichlingsbuschs, die aus der Armverletzung gekommen waren. »Einen von diesen Burschen wollen wir noch im Verband, nicht in dir.«
    Zwei weitere waren aus den Stichwunden herausgekommen, und er bedeckte alle drei Verbände sorgsam mit Glasplatten, die er zusammenband.
    »Bleib mindestens eine Stunde in der Wanne, Tenna«, sagte er ihr. »Und du solltest dich heute auch weitgehend schonen. Ich will nicht, daß sich dieser Splitter noch weiter in dein Fleisch bohrt.«
    Sie erschauerte bei der Vorstellung, eines der tückischen Haare könnte sich durch ihren Körper arbeiten.
    »Mach dir keine Sorgen. Heute abend wird er draußen sein«, sagte Beveny und grinste beruhigend. »Und du wirst mit uns tanzen.«
    »Oh, ich muß weiterlaufen, sobald ich dazu imstande bin«, sagte sie ernst.
    Bevenys Grinsen wurde breiter. »Was? Und mich um das Vergnügen bringen, mit dir zu tanzen?« Dann wurde sein Ausdruck wieder ernst. »Weißt du, ich kann dich noch nicht wieder laufen lassen. Ich will sehen, wie diese Stichwunden verheilen. Besonders am Schienbein, wo beim Laufen Schmutz und Staub eindringen und eine neuerliche Infektion auslösen könnten. Die Verletzungen mögen unbedeutend wirken«, und das letzte Wort betonte er, »aber ich habe viele Läufer behandelt, und kenne die Gefahren der Wege.«
    »Oh«, sagte Tenna kläglich.
    »Genau. Oh!« Und er grinste wieder und drückte ihre Schulter freundschaftlich. »Du wirst deine erste Überquerung machen. Jetzt ruh dich aus. Ihr Läufer seid schon ein besonderes Völkchen, weißt du.«
    Nach dieser Ermahnung verabschiedete er sich und ließ sie zum Baderaum gehen.
     
    Rosa, Spacia, Grolly - eigentlich sämtliche Läufer in der Station Fort - waren dauernd unterwegs und stöhnten über die zusätzlichen Nachrichten, die zu den Gildehallen der Burg, dem Burgherrn, der Harfnerhalle befördert werden mußten und von »der Rückseite des Jenseits« kamen, wie Rosa sich ausdrückte.
    »Mach dir um uns keine Gedanken«, sagte Rosa, als Tenna den Eindruck gewann, sie sollte ihren Teil beisteuern. »So ist es immer kurz vor einer Zusammenkunft, und wir beschweren uns immer, aber die Zusammenkunft selbst macht alles wieder wett. Was mich daran erinnert, daß du nichts anzuziehen hast.«
    »Oh, nein, macht euch meinetwegen keine Umstände . . .«
    »Unsinn«, sagte Spacia. »Das tun wir, wenn wir wollen, und wir wollen.« Sie maß Tennas hochgewachsene Gestalt mit einem aufmerksamen Blick und schüttelte den Kopf. »Von uns paßt dir jedenfalls nichts.« Beide Mädchen waren einen ganzen Kopf kleiner als Tenna, und obwohl beide

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