Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Tür links, Tenna«, sagte Penda leise, als sie fertig war.
    Tenna rüttelte sich aus der angenehmen Lähmung der Massage und schlang sich das große Handtuch um die Brust. Sie hatte, wie die meisten Läuferinnen, keinen besonders großen Busen, aber das war ein Vorteil.
    »Vergiß die hier nich«, sagte Penda und gab ihr die Schnürsenkel ihrer Laufschuhe. »Deine Sachen sin sauber und trocken, biste aufwachst.«
    »Danke, Penda«, sagte Tenna aufrichtig und war erstaunt, daß sie schon so schläfrig gewesen war, ihre kostbaren Schuhe zu vergessen.
    Sie stapfte in den dicken Knöchelschonern, die Penda ihr über die Füße gestreift hatte, den Flur entlang und stieß die dritte Tür auf. Im Licht vom Flur konnte sie sehen, wo das Bett stand, direkt auf der anderen Seite des schmalen Raums, an der Wand. Sie machte die Tür zu und ging im Dunkeln hin. Sie ließ das Handtuch fallen, beugte sich vor, um nach dem Rand der Bettdecke zu tasten, die sie zusammengelegt am Fußende gesehen hatte. Sie zog die Decke über sich, während sie sich ausstreckte. Seufzte einmal und schlief ein.
     
    Gutmütiges Gelächter und Bewegungen auf dem Flur weckten sie. Jemand hatte den Leuchtkorb halb geöffnet, daher konnte sie ihre Sachen gewaschen, trocken und ordentlich zusammengelegt auf dem Hocker sehen, wo sie ihre Laufschuhe fallen gelassen hatte. Sie stellte fest, daß sie nicht einmal die Knöchelschoner ausgezogen hatte, bevor sie ins Bett gegangen war. Sie bewegte die Zehen darin. Keine wunden Stellen. Ihre Hände waren steif, aber kühl, demnach hatte Penda sämtliche Dornen herausgezogen. Die Haut an ihrem linken Arm und linken Bein war jedoch angespannt, daher schlug sie die Decke zurück und versuchte, die Verletzungen zu sehen. Das war zwar nicht möglich, aber die Haut an ihrem linken Arm war für ihren Geschmack etwas zu warm auf der Rückseite, und am rechten Bein ebenfalls. Fünf irgendwie wunde Stellen, die sie nicht richtig begutachten und lediglich als »wund« einstufen konnte. Und als sie ihre Beine überprüfte, sah sie zwei schlimme rote Blutergüsse am Oberschenkel, einen an der linken Wade und zwei an der fleischigen Stelle des rechten Beins neben dem Schienbein. Ihr wurde klar, daß sie schlimmere Verletzungen davongetragen hatte, als sie gedacht hatte. Und Stichlingsbuschdornen konnten sich durch das Fleisch arbeiten und ins Blut gelangen. Wenn einer bis ins Herz vordrang, konnte man daran sterben. Sie erhob sich stöhnend. Schüttelte die Beine aus, überprüfte die Muskeln, aber dank Pendas Massage taten die nicht weh. Sie zog sich an, legte sorgfältig die Decke zusammen und legte sie so, wie sie sie vorgefunden hatte, auf das Bett.
    Auf dem Weg zur Treppe kam sie am Bad vorbei und hörte das Brummen von Männerstimmen, dann ein Lachen, das eindeutig von einer Läuferin stammte. Als sie die Treppe herunterkam, roch sie deutlich gebratenes Fleisch. Ihr Magen knurrte. Ein schmales Fenster spendete dem Flur Licht, der zum Hauptzimmer führte, und sie schätzte, daß sie fast den ganzen Tag geschlafen hatte. Vielleicht hätte sie die Kratzer von einem Heiler untersuchen lassen sollen, aber Penda wußte so gut wie jede in den Hallen ausgebildete Heilerin, was zu tun war . . . wahrscheinlich besser, weil sie die Frau des Stationsleiters war.
    »Endlich mal eine, die pünktlich zum Abendessen kommt«, sagte Torlo und stellte den Läufern, die in dem Raum saßen, Tenna vor. »Hatte heute früh einen Zusammenstoß mit Haligon«, fügte er hinzu, und Tenna entging nicht, daß dieser unverschämte Mensch, den nickenden und verzerrten Gesichtern nach zu schließen, allen bekannt war.
    »Ich hab Baron Groghe selbst erzählt«, sagte einer der älteren Läufer, nickte mit dem Kopf und sah ernst drein, »daß es einen Unfall geben würde . . . und was würde er dann sagen? fragte ich ihn. Jemand wird verletzt, weil ein wilder Bursche nicht respektieren will, was unser Recht und Eigentum ist.« Dann nickte er Tenna direkt zu. »Du bist nicht die einzige, die er beiseite gestoßen hat. Hasten nich kommen gehört?«
    »Ist ihm an der Kurve am Hügel begegnet, sagt sie«, antwortete Torlo, ehe sie den Mund aufmachen konnte.
    »Schlechter Platz, schlechter Platz. Läufer können nicht um die Kurve sehen«, sagte ein zweiter Mann und nickte ihr mitfühlend zu. »Ich sehe, du hast Kratzer? Hat dich Penda mit ihrem guten Zeug eingerieben?« Tenna nickte. »Dann wird alles gut. Ich hab deine Verwandtschaft schon auf den Wegen

Weitere Kostenlose Bücher