Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
haben. Einschließlich Jurine Najima hier, der Lady Ines Demain in Chachin und Avene Sahera, die »in einem Dorf an der Hochstraße zwischen Chachin und Canluum« wohnte. Um noch mehr Verdacht zu erwecken, hätte sie nur noch sagen müssen, daß sie vorhatte, danach einige Zeit in Arafel und Schienar zu verbringen.
    Cadsuane lächelte alles andere als freundlich. »Du wirst gehen, wenn ich es dir sage, Kind. Sei still, bis du angesprochen wirst. In dem Krug dort ist Gewürzwein. Schenk uns ein.«
    Moiraine zitterte. Kind! Sie war keine Novizin mehr. Die Frau konnte ihr nicht befehlen, was sie zu tun und zu lassen hatte. Oder zu sagen. Aber sie widersprach nicht. Sie ging zum Kamin - stolzierte, besser gesagt - und nahm den silbernen Krug mit dem langen Hals in die Hand.
    »Ihr scheint Euch sehr für diese junge Frau zu interessieren, Cadsuane«, sagte Merean und drehte sich ein wenig, damit sie Moiraine beim Einschenken zusehen konnte. »Ist etwas mit ihr, das wir wissen sollten?«
    Larelles Lächeln war ein wenig spöttisch. Bei Cadsuane allerdings nur ein wenig. »Hat jemand geweissagt, daß sie eines Tages Amyrlin sein wird? Ich kann nicht sagen, daß ich das in ihr sehe, freilich besitze ich auch nicht die Gabe der Weissagung.«
    »Ich könnte noch dreißig Jahre leben«, sagte Cadsuane und streckte eine Hand nach dem Becher aus, den Moiraine ihr anbot, »oder nur drei. Wer kann das sagen?«
    Moiraines Augen wurden groß, sie schüttete sich heißen Wein über das Handgelenk. Merean schnappte nach Luft, und Larelle sah aus, als hätte man ihr mit einem Stein auf die Stirn geschlagen. Jede Aes Sedai hätte lieber auf den Tisch gespuckt, als eine Bemerkung über das Alter einer Schwester oder das eigene zu machen. Aber Cadsuane war nicht jede Aes Sedai.
    »Paß etwas besser auf bei den anderen Bechern«, sagte sie, ohne sich von der Bestürzung der anderen beeindrucken zu lassen. »Kind?« Moiraine ging mit nach wie vor großen Augen zum Kamin zurück, und Cadsuane fuhr fort: »Meilyn ist beträchtlich älter. Wenn sie und ich nicht mehr sind, ist Kerene die stärkste.« Larelle zuckte zusammen. »Beunruhige ich euch?« Cadsuanes besorgter Tonfall hätte falscher nicht sein können, und sie wartete nicht auf eine Antwort. »Daß wir nicht über unser Alter reden, hält die Leute nicht davon ab, zu wissen, daß wir älter werden als sie. Pah! Zwischen Kerene und den nächsten fünf ist der Altersunterschied sehr groß. Fünf, wenn dieses Mädchen und die Sanche ihr Potential erreichen. Und eine davon ist so alt wie ich und zudem im Ruhestand.«
    »Worauf läuft das alles hinaus?« fragte Merean, die sich ein wenig elend anhörte. Larelle preßte die Hände an den Leib, ihr Gesicht war grau. Sie hatten kaum einen Blick für den Wein übrig, den Moiraine ihnen gereicht hatte, bevor sie ablehnen konnten, daher behielt sie den Becher in der Hand, obwohl sie nicht glaubte, daß sie einen Schluck trinken würde.
    Cadsuane runzelte die Stirn, ein furchteinflößender Anblick. »Seit tausend Jahren ist keine mehr in die Burg gekommen, die es mit mir aufnehmen könnte. Seit fast sechshundert niemand mehr, der Meilyn oder Kerene ebenbürtig wäre. Vor tausend Jahren hätte es fünfzig Schwestern oder mehr gegeben, die höher einzustufen gewesen wären als dieses Kind. Aber in weiteren hundert Jahren wird sie die erste Stelle einnehmen. Oh, vielleicht findet sich bis dahin eine Stärkere, aber es werden keine fünfzig sein, und vielleicht findet sich gar keine. Wir sterben aus.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Larelle schneidend. Sie schien sich gefaßt zu haben und wütend über ihren Schwächeanfall zu sein. »Wir kennen das Problem alle, aber was hat Moiraine damit zu tun? Glaubt Ihr, sie kann irgendwie mehr Mädchen dazu bringen, in die Burg zu kommen, Mädchen mit einem stärkeren Potential?« Ihr Schnauben verriet, was sie davon hielt.
    »Ich würde bedauern, wenn sie vergeudet wird, bevor sie oben von unten unterscheiden kann. Die Burg kann es sich nicht leisten, sie wegen ihrer eigenen Ahnungslosigkeit zu verlieren. Seht sie euch an! Ein hübsches Püppchen von einer Adligen aus Cairhien.« Cadsuane legte Moiraine einen Finger unter das Kinn und hob es hoch. »Bevor du in dem Aufzug einen Behüter findest, Kind, wird dir ein Bandit, der sehen will, was in deiner Börse ist, einen Pfeil durchs Herz schießen. Ein Straßenräuber, der beim Anblick einer schlafenden Schwester ohnmächtig werden würde, wird dir eins über

Weitere Kostenlose Bücher