Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
deiner Nähe sind, falls du sie brauchen solltest.«
    Abby hatte auch gehört, wie die Mutter Konfessorin diese Anweisung gegeben hatte. Als sie sich beim Aufbruch zur Festung umdrehte, hatte Abby die Mutter Konfessorin auf einer hohen Zinne gesehen, von wo sie ihnen nachsah. Die Mutter Konfessorin hatte geholfen, als Abby schon fürchtete, daß alles verloren wäre. Sie fragte sich, was aus der Frau werden würde.
    Dann fiel ihr ein, daß sie sich das nicht fragen mußte. Sie wußte es.
    Der Zauberer schenkte den Worten der Hexenmeisterin keine Beachtung. »Sobald ich Abby geholfen habe, schicke ich sie ebenfalls zurück. Ich will niemanden in meiner Nähe haben, wenn ich den Zauber entfessle.«
    Delora packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich. Sie sah aus, als würde sie ihm eine hitzige Standpauke halten. Statt dessen zog sie ihn in ihre Arme.
    »Bitte, Zedd«, flüsterte sie, »sorg dafür, daß wir nicht ohne dich als Ersten Zauberer dastehen.«
    Zedd strich ihr dunkles Haar zurück. »Damit Thomas dich für sich allein hat?« Er grinste. »Niemals.«
    Der Staub, den Deloras Pferd aufwirbelte, senkte sich in der zunehmenden Dunkelheit, als Zedd und Abby den Hang zum Fluß hinuntergingen. Abby führte ihn den Pfad durch hohes Gras und Binsen hinab und erklärte, daß der Pfad ihnen besseren Schutz vor Blicken bieten würde als die Straße. Abby war dankbar, daß er nicht der Straße den Vorzug gab.
    Ihr Blick schweifte von den dunklen Schatten auf der einen zu den Schatten auf der anderen Seite, während sie von den Binsen verschluckt wurden. Ihr Pulsschlag raste. Wenn ein Zweig unter ihrem Fuß zerbrach, zuckte sie zusammen.
    Es geschah so, wie sie es befürchtet, wie sie es gewußt hatte.
    Wie aus dem Nichts tauchte eine Gestalt in einem langen Mantel mit Kapuze auf und stieß Abby beiseite. Sie sah eine Messerklinge aufblitzen, als Zedd den Angreifer in die Binsen schleuderte. Er ging in die Hocke und legte Abby, die keuchend im Gras lag, eine Hand auf die Schulter.
    »Bleib unten«, flüsterte er mit Nachdruck.
    Licht strömte in seine Finger. Er beschwor Magie. Sie wollten, daß er das tat.
    Tränen quollen und brannten in ihren Augen. Sie zupfte ihn am Ärmel. »Zedd, bitte keine Magie benutzen.« Sie konnte kaum sprechen, so stark war der Klammergriff des Schmerzes in ihrer Brust. »Keine -«
    Die Gestalt sprang wieder aus dem Halbdunkel der Binsen. Zedd riß eine Hand hoch. Ein Lichtblitz, der die vermummte Gestalt traf, zuckte durch die Nacht.
    Aber nicht der Angreifer ging zu Boden, sondern Zedd schrie auf und brach zusammen. Was immer er dem Angreifer hatte antun wollen, es war auf ihn selbst zurückgefallen, und er befand sich im Griff schrecklicher Schmerzen, die ihn daran hinderten, sich zu erheben oder zu sprechen. Darum hatten sie gewollt, daß er Magie beschwor: damit sie ihn fangen konnten.
    Die Gestalt, die über dem Zauberer stand, sah Abby finster an. »Deine Rolle in diesem Stück ist ausgespielt. Geh!«
    Abby verschwand durch das Gras. Die Frau schlug die Kapuze zurück und streifte den Mantel ab. In fast völliger Dunkelheit konnte Abby den langen Zopf und die rote Lederuniform der Frau sehen. Es war eine der Frauen, von denen Abby gehört hatte, der Frauen, die benutzt wurden, um Leute mit der Gabe der Magie zu fangen: eine Mord-Sith.
    Die Mord-Sith sah zufrieden zu, wie der Zauberer zu ihren Füßen sich in erstickenden Schmerzen wand. »Schau, schau. Sieht so aus, als hätte der Erste Zauberer selbst gerade einen sehr schweren Fehler gemacht.«
    Die Gürtel und Gurte ihrer roten Lederuniform ächzten, als sie sich über ihn beugte und angesichts seiner Qualen grinste. »Mir wurde die ganze Nacht gewährt, um dich bedauern zu lassen, daß du je einen Finger gerührt hast, um uns Widerstand zu leisten. Am Morgen soll ich dich zusehen lassen, wie unsere Streitmacht deine Leute auslöscht. Danach soll ich dich zu Meister Rahl persönlich bringen, dem Mann, der den Tod deiner Frau befohlen hat, damit du ihn anflehen kannst, daß er mir befiehlt, dich ebenfalls zu töten.« Sie gab ihm einen Tritt. »Damit du Meister Rahl anflehen kannst, zu sterben, während du zusiehst, wie deine Tochter vor deinen Augen stirbt.«
    Zedd konnte nur vor Grauen und Schmerzen schreien.
    Auf Händen und Knien kroch Abby tiefer in das hohe Gras. Sie wischte sich die Augen und versuchte, etwas zu sehen. Sie war entsetzt, mitzuerleben, was dem Mann angetan wurde, der nur aus einer Verpflichtung ihrer Mutter

Weitere Kostenlose Bücher