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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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so klein gewirkt hatte. Bevor sie nach Aydindril gegangen war, zur Feste der Zauberer, hatte ihr Haus so groß gewirkt, wie sie es sich nur vorstellen konnte. Hier hatte Philip gelacht und das schlichte Zimmer mit seinem Trost und seinen Gesprächen erfüllt. Mit Holzkohle hatte er für Jana Tiere auf den Kamin gemalt.
    Abby zeigte auf eine Luke. »Unter dieser Tür ist der Wurzelkeller. Da war ich, als ich alles gehört habe, was ich Euch berichtet habe.«
    Zedd strich mit der Stiefelspitze über das Astloch, das als Griff diente, um die Klappe zu öffnen. »Sie haben deinen Mann und deine Tochter mitgenommen, und du bist da unten geblieben? Als deine Tochter nach dir geschrien hat, bist du ihr nicht zu Hilfe geeilt?«
    Abby bezwang ihr Unbehagen. »Ich wußte, wenn ich heraufkam, würden sie mich auch erwischen. Ich wußte, die einzige Chance für meine Familie bestand darin, daß ich wartete und dann Hilfe holen ging. Meine Mutter hat mir einmal gesagt, daß auch eine Hexenmeisterin nichts weiter als eine Närrin sei, wenn sie sich wie eine benähme. Sie sagte mir immer, daß ich zuerst über alles nachdenken müßte.«
    »Ein guter Rat.« Zedd legte einen Schöpflöffel weg, der verbogen und durchlöchert worden war. Er legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter. »Es muß schwer für dich gewesen sein, deine Tochter im Stich zu lassen, als sie nach dir rief, und das zu tun, was klug war.«
    Abby brachte nur ein Flüstern zustande. »Ihr sprecht die Wahrheit der Geister.« Sie zeigte zum Fenster an der Seitenwand hinaus. »In dieser Richtung liegt die Stadt - jenseits des Coney River. Sie haben Jana und Philip mitgenommen, als sie sämtliche Leute der Stadt holen gingen. Sie hatten auch andere dabei, die sie schon gefangengenommen hatten. Die Armee hat in den Hügeln dahinter ein Lager aufgeschlagen.«
    Zedd stand am Fenster und sah zu den fernen Hügeln. »Ich hoffe, daß dieser Krieg bald vorbei ist. Gute Geister, bitte laßt ihn zu Ende gehen.«
    Abby fiel die Mahnung der Mutter Konfessorin wieder ein, die Geschichte, die sie ihr erzählt hatte, nie preiszugeben, und fragte deshalb nicht nach der Tochter des Zauberers oder seiner ermordeten Frau. Als sie auf dem schnellen Ritt zurück nach Coney Crossing von ihrer Liebe zu Jana gesprochen hatte, mußte es ihm das Herz gebrochen haben, daran zu denken, daß sich seine eigene Tochter in den Händen eines brutalen Gegners befand, und zu wissen, daß er sie zum Tode verurteilt hatte, damit nicht noch viel mehr sterben mußten.
    Zedd stieß die Schlafzimmertür auf. »Und da hinten?« fragte er, als er den Kopf in den angrenzenden Raum steckte.
    Abby wurde aus ihren Gedanken gerissen und sah auf. »Das Schlafzimmer. Hinten befindet sich eine Tür zum Garten und zu der Scheune.«
    Obwohl er nie von seiner toten Frau oder entführten Tochter sprach, zehrte das Wissen um die beiden an ihr wie ein anschwellender Bach im Frühjahr an einem Loch im Eis.
    Zedd wich von der Schlafzimmertür zurück, als Delora lautlos zur Eingangstür hereingehuscht kam. »Wie Abigail sagte, die Stadt auf der anderen Seite des Flusses wurde geplündert«, meldete die Hexenmeisterin. »So, wie es aussieht, wurden alle Bewohner mitgenommen.«
    Zedd strich sich das lockige Haar zurück. »Wie nah ist der Fluß?«
    Abby machte eine Geste zum Fenster. Die Nacht brach an. »Gleich dort. Ein Fußmarsch von fünf Minuten.«
    Im Tal floß der Coney River langsam und breit, ehe er in den Kern mündete, und wurde flach genug, daß man ihn mühelos überqueren konnte. Es gab keine Brücke; die Straße führte einfach zum Flußufer und ging auf der anderen Seite weiter. Obwohl der Fluß im größten Teil des Tals fast eine Viertelmeile breit war, war er an keiner Stelle mehr als knietief. Nur nach der Schmelze im Frühling war es mitunter gefährlich, ihn zu überqueren. Die Stadt Coney Crossing lag zwei Meilen weiter, oben auf den Hügeln, sicher vor dem Frühlingshochwasser, genau wie die Kuppe, auf der Abbys Häuschen stand.
    Zedd nahm Delora am Ellbogen. »Reite zurück und sag allen, daß sie Stellung beziehen sollen. Wenn etwas schiefgeht . . . nun, wenn etwas schiefgeht, dann müssen sie angreifen. Anargos Legion muß aufgehalten werden, auch wenn sie sie auf D´Hara-Gebiet verfolgen müssen.«
    Delora sah nicht glücklich aus. »Vor unserem Aufbruch ließ mich die Mutter Konfessorin versprechen, darauf zu achten, daß du nicht allein gehst. Sie bat mich, dafür zu sorgen, daß stets Begabte in

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