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Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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gehört.

 
KAPITEL DREIZEHN
     
     
     
    Milla war vom Strahl aus dem Sonnenstein der Imperialen Wache geblendet und ohnmächtig geworden. Ihre Gesichtsmaske und die Panzerung hatten sie vor ernsten Verbrennungen bewahrt – dabei waren jedoch die Bernstein-Augenstücke geschmolzen und die Selski-Haut hatte sich geschält.
    Die Wachen nahmen ihr Maske und Panzerung schnell ab und fesselten sie an Händen und Füßen. Sie wickelten sie in einen Teppich aus Ebbitts Sammlung und trugen sie durch die am wenigsten bevölkerten Korridore zum Saal der Alb träume.
    Und doch wurden sie von vielen Leuten gesehen. Manche Erwählte erinnerten sich noch lange danach an eine Gruppe zerzauster, angeschlagener und blutender Wachen, die einen eingewickelten Körper trugen. Sie dachten, dass ein Untervölkler Amok gelaufen war. So etwas konnte – wenn auch nicht häufig – schon einmal passieren.
    Sie sahen Millas fremdartig weißblondes Haar und ihre eigenartige Kleidung nicht. Auch das Merwin-Schwert war eingewickelt und hätte ebenso gut die selbstgebaute Attrappe eines Schwertes sein können. Ein Erwählter machte sich bei seinen Freunden über den Untervölkler lustig, der mit einem Tischbein Amok gelaufen war.
    Mit einer ihrer Abkürzungen hatten die Wachen Pech. Der Mittlere Garten war ein großer, offener Saal mit hohen, geschwungenen Decken, ruhigen Baumgruppen, glitzernden Teichen und Kristallbrunnen, die wie von Geisterhand zu wachsen schienen, in sich zusammenfielen und dann wieder von Neuem wuchsen.
    Es kam selten vor, dass sich dort mehr als vier Erwählte aufhielten. Doch an jenem Tag gab Hellstern Pari von den Blauen vor siebenundvierzig Freunden seinen Wettkampf in Gedichtkunst noch einmal zum Besten, der ihm zuvor den violetten Strahl der Zustimmung eingebracht hatte.
    Pari rezitierte gerade sein Gedicht, indem er alle dreihundertundachtzig Wörter in gleißendem blauen Licht in die Luft schrieb, als die Wachen dazwischentrabten und ihn abrupt unterbrachen. Er hielt mitten in seiner Darbietung inne, wobei die Buchstaben aus blauem Licht ineinander stürzten und eine ziemlich hässliche, formlose Wolke aus grünbraunem Licht hinterließen, die über den Köpfen der Zuschauer schwebte.
    Es dauerte einen Augenblick, bis das Publikum begriff, was eigentlich vor sich ging. Doch dann richteten alle ihre Sonnensteine auf die Wachen und strahlten ihnen rote Strahlen der Unzufriedenheit in die Gesichter, um ihren Unmut über die Missachtung von Paris genialem Werk kundzutun.
    Während die Erwählten es dabei beließen, zeigten ihre Geistschatten die wahren Gefühle ihrer Meister. Sie stiegen vom Boden auf und gestikulierten angriffslustig in Richtung der Wachen.
    Die Gardisten hielten nicht an, um blaue Strahlen der Entschuldigung zu erwidern. Das Publikum blieb murmelnd zurück, während Pari weinend zusammenbrach und einen der Teiche voller Sonnensteine um seine Tränen bereicherte.
    Als die Wächterinnen den Mittleren Garten durchquert hatten, gab es keine weiteren Hindernisse mehr – nur hier und da ein paar Erwählte, die ihnen schnell aus dem Weg gingen. Der Saal der Albträume lag auf der östlichen Seite des Schlosses, in einem Bereich mit leeren Räumen und Kammern. Erwählte gingen niemals freiwillig dort hin, sie mussten dazu gezwungen werden. Die meisten gaben auf Anfrage sogar nur zögernd zu, dass der Saal der Albträume überhaupt existierte.
    Ganz im Unterschied zu allen anderen Türen im Schloss, die immer mit der Farbe des jeweiligen Ordens und einem Familienwappen oder einem offiziellen Schild versehen waren, war die Tür zum Saal der Albträume vollkommen weiß. Sie war fest verschlossen und anstelle eines Schlosses besaß sie nur einen einzelnen Sonnenstein.
    Die Wachen legten die bewusstlose Milla auf den Boden. Dann berührte eine von ihnen mit ihrem Sonnenstein-Armband den Stein an der Tür. Violettes Licht blitzte auf und die Tür öffnete sich knarrend. Dahinter gab es nichts als Dunkelheit.
    „Jemand für dich, Fashnek!“, rief einer der Wächter nervös. Sie machten keine Anstalten, durch die Tür zu gehen.
    In der Halle ertönten Schritte und die Gardisten wichen zurück.
    Langsame Schritte. So als hätte derjenige, der da kam, Schwierigkeiten, sich zu bewegen oder mit seinem Gewicht zu kämpfen.
    Die Wachen wichen noch weiter zurück, als der bislang unsichtbare Fashnek ins Licht trat. Jetzt war der Grund für ihre Angst deutlich zu erkennen.
    Fashnek war ein großer, sehr dünner Mann

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