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Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Aber denkbar wäre es.
    Eigentlich war Tals Begegnung mit den Eiscarls der Auslöser dafür, dass er zum ersten Mal darüber nachdachte, dass es auch freie Geistschatten geben könnte. Diese Vorstellung hatte bis dahin nur als dunkle Ahnung in seinen Gedanken existiert, schien ihm jetzt aber durchaus möglich. Er stellte sich lebhaft vor, wie etwas aus einer dunklen Ecke Gestalt annahm und nach ihm griff, während er bewegungsunfähig dalag. Es würde zu ihm sprechen, mit einer Stimme wie der des Wächters auf dem Roten Turm, schrill und Angst einflößend…
    Als sie endlich an der Grube ankamen, war Tal fast krank vor Angst. Er bekam kaum noch Luft und hatte furchtbare Magenkrämpfe. Seine Hände zitterten unkontrolliert, wie die einer vermurksten Lichtpuppe.
    Als sich der Geistschatten von seinen Augen zurückzog, musste Tal all seinen Mut aufbringen, um dem entgegenzusehen, was ihn erwartete. Doch die Grube war nichts als eine Grube. Ein kreisrunder Schacht von fünfzehn Spannen Durchmesser und vielleicht dreißig Spannen Tiefe. Es gab keinerlei Anzeichen von etwas, das darin auf ihn wartete.
    Doch als der Geistschatten von ihm wegging, durchlebte Tal eine weitere grausame Sekunde, in der er sich eine Möglichkeit ausmalte, die er bislang noch nicht in Betracht gezogen hatte: Sie würden ihn hinabstoßen und er würde voller Schmerzen mit gebrochenen Beinen und Armen dort unten liegen, bis er sterben würde. Instinktiv sah er nach seinem Schattenwächter. Der befand sich immer noch im eisernen Griff des Geistschattens.
    Die Wachen traten einen Schritt vor. Tal schluckte nervös und konnte gerade noch verhindern, dass er den Sonnenstein verschluckte.
    Doch sie warfen ihn nicht hinein. Sie blieben ein paar Schritte vor ihm stehen, ihre Geistschatten zwischen ihnen und Tal. Dann hoben sie ihre Sonnensteine. Violette Strahlen schossen daraus hervor und vereinigten sich zu einem breiten Strahlenbündel, das sich um Tal legte. Sein eigener Sonnenstein antwortete und er musste schnell den Kopf wegdrehen, um das Licht, das durch seine Wange und die geschlossenen Lippen schien, vor den Wachen zu verbergen.
    Der violette Strahl nahm langsam die Form einer riesigen Hand aus Licht an. Sie schloss ihre Finger um Tal und er wurde plötzlich hochgehoben. Er schlug beinahe mit dem Kopf an der Decke an.
    Die Wachen hatten eine Hand aus Licht erschaffen. Tal wusste, dass das möglich war, hatte es aber noch nie gesehen. Aber alle Gardisten gehörten dem Violetten Orden an und waren daher im Schloss am meisten geübt im Umgang mit dem Licht.
    „Zeit für einen kleinen Tanz?“, fragte eine der Wachen und die anderen lachten. Die Hand aus Licht schüttelte Tal plötzlich hin und her, hoch und herunter, bis Tal schlecht wurde.
    Wegen des Sonnensteins in seinem Mund konnte er weder schreien noch um Gnade flehen. Das wiederum machte das Spiel für die Gardisten langweilig und sie verloren bald das Interesse. Die Hand stellte ihre wilden Bewegungen ein und senkte Tal geradewegs in die Grube hinab.
    Sie ließ ihn los, schwebte einen Moment über seinem Kopf und winkte mit ihren leuchtenden Fingern wie zum Abschied. Die Wächterinnen lachten wieder. Dann, als die vier Wachen sich nicht mehr auf ihre Steine konzentrierten, löste sich die Hand auf.
    Mit der Hand verschwand auch das Licht. Tal blieb im Halbdunkel zurück. Der Raum über der Grube war von Sonnensteinen beleuchtet, doch drang kaum etwas von dem Licht in das tiefe Loch bis zu Tal hinab. Er war versucht, seinen Sonnenstein zu benutzen, doch die Wachen waren möglicherweise nicht weit weg. Sie würden ihm den Stein wegnehmen, wenn sie ihn entdeckten.
    Es war immerhin hell genug, damit Tal die wenigen Dinge erkunden konnte, die sich am Boden der Grube fanden. Er war erleichtert, eine dünne aber brauchbare Matratze an der einen Wand zu finden; noch erleichterter war er, als er daneben ein kleines Wasserbecken sah, das aus einem Rohr versorgt wurde. Auf der anderen Seite der Grube gab es eine einfache Toilette, ein Abwasserrohr, das geradewegs in die Tiefe führte. Es war leider zu eng, um als Fluchtweg zu dienen – wenn er das überhaupt in Erwägung ziehen wollte.
    In der Ecke stand ein Korb mit einem halben, sehr harten Brotlaib darin. Tal las dies als Zeichen dafür, dass ihm wohl jemand Essen bringen würde.
    Er setzte sich auf die Matratze und spuckte den Sonnenstein in seine Hand. Dann schob er ihn in seine Ärmeltasche. Er trug noch immer seine Eiscarl-Felle, obwohl er

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