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Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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sich für eine Schildjungfrau gehörte. Sie hatte bereits mit der Rovkir-Atemmethode begonnen, dem gleichmäßigen Ein- und Ausatmen, mit dessen Hilfe sie ihre Angst unter Kontrolle halten konnte.
    Eine Schildjungfrau sollte Angst empfinden können, denn Angst ist etwas Menschliches, rief sie sich ins Gedächtnis. Doch eine Schildjungfrau sollte ihre Angst nicht zeigen oder sich von ihr beherrschen lassen.
    „Ich bin keine Untervölklerin“, sagte sie laut. „Ich bin ein Eiscarl. Lass mich aus diesem Gefängnis und ich werde gegen dich kämpfen.“
    „Ein Eiscarl?“, fragte die Stimme. „Du hast aber Fantasie. Das ist beim Untervolk selten.“
    Milla gab keine Antwort. Stattdessen ballte sie die Fäuste und presste sie gegeneinander. Sie atmete bewusst langsam und begann von den Zehen an, jeden Muskel in ihrem Körper anzuspannen und wieder zu entspannen. Das Atmen verursachte ihr aufgrund der vielen Verletzungen und Verbrennungen überraschend große Schmerzen. Die Stelle, an der das Merwin sie getroffen hatte, schmerzte dumpf.
    „Träumst du davon?“, fragte die Stimme. „Du denkst dir ein anderes Leben aus, in dem du nicht nur ein Untervölkler im Schloss bist. Nun, dann lass uns sehen, ob das stimmt.“
    Ein leises Zischen kam aus der Richtung von Millas Füßen. Sie sprang sofort auf und presste Hände und Beine gegen das Innere der Kugel, um sich vom Boden abzuheben. Es war nicht – wie sie befürchtet hatte – ein Schatten, der hereinkam. Ein ekelhaft süßer Geruch drang in ihre Nase.
    Schlechte Luft, dachte Milla und hielt den Atem an. Doch es ähnelte nicht der schlechten Luft in den Heiztunnels. Es roch nach gekochtem Essen und Metall. Milla wusste instinktiv, dass Menschen diesen Geruch verursacht hatten.
    Langsam wurde es hell um die Kugel. Sonnensteine erwachten, jedoch nicht, um die Umgebung gleichmäßig zu beleuchten. Die Steine schossen gezielte Lichtstrahlen in verschiedenen Farben direkt in die Kugel.
    In diesem siebenfarbigen Licht konnte Milla sehen, dass der Kristall der Kugel von tausenden feinen Silberfäden durchzogen war. Die Strahlen der Sonnensteine trafen auf die Fäden und schickten Licht hindurch, das ein komplexes Muster rund um die Kugel fließen ließ.
    Sie sah auch einen farbigen Nebel vom Boden der Kugel aufsteigen und hielt weiter den Atem an. Und doch hatten die farbigen Lichtstrahlen eine Wirkung auf sie. Sie konnte sie nicht nur fühlen, sondern mit geschlossenen Augen sehen. Es war so, als berührten sie die Nerven unter ihrer Haut. Ihre Zähne schmerzten und es fühlte sich so an, als würden tausende scharfer Nadeln in ihre Arme und Beine stechen.
    Sie sah einen Geistschatten und den Mann mit dem er verbunden war. Beide kamen näher an die Kugel heran. Es schien, als wurde das Schlimmste aller abschreckenden Märchen der Mutter-Cronen vor ihren Augen Wirklichkeit. Ein Schatten hatte sich eines Mannes bemächtigt und ihn absorbiert.
    Voller Schrecken atmete sie tief ein. Als sie ihren Fehler erkannt hatte, war der süßliche Rauch bereits in ihre Lungen eingedrungen. Ihr wurde schwindlig und es überkam sie ein Gefühl großer Müdigkeit. Langsam glitt sie an der Kugelwand hinab, bis sie wieder am Boden lag.
    Ihre Augen schlossen sich und sie schlief ein.
    Fashnek berührte die Kugel. Sein Geistschatten-Arm schob sich langsam durch die Kristallwand hindurch. Die Zange öffnete sich und legte sich um Millas Kopf. Doch sie schloss sich nicht.
    Fashnek lächelte. Mit seiner menschlichen Hand erhob er einen Sonnenstein. Er konzentrierte sich darauf und ließ ihn weiß aufblitzen. Die anderen Sonnensteine blitzten ebenfalls auf und tauchten die Kugel in einen wirbelnden Farbreigen.
    Fashnek schloss die Augen und drang in Millas Träume ein.

 
KAPITEL FÜNFZEHN
     
     
     
    Tals erste Reaktion auf die Grube war Erleichterung – immerhin war er nicht im Saal der Albträume. Während man ihn durch die Korridore des Schlosses geschleppt hatte, blieb ihm Zeit genug, sich auszumalen, was ihn in der Grube wohl erwarten würde. Alle möglichen Schrecken kamen ihm in den Sinn, wie zum Beispiel eine Grube voll mit Wasser, in der man ununterbrochen schwimmen musste, um nicht zu ertrinken.
    Doch dann hätte man das Ganze möglicherweise den Pfuhl genannt. Er begann über Dinge nachzudenken, die in Gruben gehalten wurden. Ein abtrünniger Geistschatten vielleicht? Die Grube musste dazu vollkommen dunkel und rundum voller Spiegel sein, um den Geistschatten darin festzuhalten.

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