Der siebte Turm 05 - Die Schlacht beginnt
war größer als sie. Es war eine Sprung-Bestie, in Aenir Bewohner von Sumpf- und Marschland. Ihr kantiger, dreieckiger Körper besaß massive Hinterbeine, mit denen sie kraftvolle Sprünge bewerkstelligen konnte. Ihre Vorderarme waren kleiner und endeten in scharfen Klauen. Außerdem hatte die Bestie eine lange und sehr biegsame Zunge. Sprung-Bestien konnten lernen, einfache Werkzeuge und sogar Waffen mit ihrer Zunge zu benutzen. Sie konnten einen großen Stein mehrere hundert Spannen mit der Zunge ziehen, eine Fähigkeit, die bei der Geistschatten-Form möglicherweise erhalten blieb.
Es dauerte eine Minute, bis Lokar aufgehört hatte, zu schluchzen und sich gefasst hatte. Sie presste einen Moment die Handflächen auf ihr Gesicht, richtete sich auf und sah Tal an.
„Vielen Dank“, sagte sie schließlich. Sie schaute sich um und sagte: „Ich habe das violette Licht gesehen. Wo ist die Imperatorin?“
Tal biss sich auf die Unterlippe. Statt einer Antwort hob er die Hand, an der seine Hälfte des Sonnensteins leuchtete.
Lokar sah ihn verdutzt an, sank aber langsam auf ein Knie. Instinktiv machte sie die Bewegung, ihm Licht zu geben. Doch dann fiel ihr ein, dass sie gar keinen Sonnenstein hatte.
„Ich verstehe es nicht“, sagte sie. „Du bist doch Tal, oder nicht? Wie kommt es, dass du den Violetten Schlüsselstein trägst?“
„Steht auf – oder setzt Euch auf diesen Stein“, sagte Tal. „Das alles ist recht kompliziert.“
Er erzählte Lokar, so schnell er konnte, was seit seinem ersten Sturz vom Roten Turm alles passiert war. Seitdem schien eine Ewigkeit vergangen zu sein.
Als er fertig war, sah Lokar zur Decke hoch und stieß einen langen, bedrückten Seufzer aus.
„Die Imperatorin ist also tot“, sagte sie. „Und Sharrakor ist durch Sushin der eigentliche Herrscher der Erwählten. Aber warum sind alle vor dem Tag der Dunklen Rückkehr zurückgekommen?“
„Ich glaube“, sagte Tal vorsichtig, „dass die Eiscarls etwas unternehmen. Milla… Milla dachte, dass sie das tun würden.“
Es fiel ihm schwer, den Namen des Eiscarl-Mädchens auszusprechen. Es verwirrte ihn.
„Was wirst du unternehmen?“, fragte Lokar.
„Meine Mutter suchen und ihr das Gegenmittel geben“, sagte Tal entschlossen. „Dann werde ich den Orangefarbenen Turm besteigen und meinen Vater dort aus dem Schlüsselstein befreien. Danach werde ich alles daransetzen, um Sharrakor und Sushin aufzuhalten und den Schleier zu retten.“
Lokar nickte. Dann hielt sie ihm ihre Hand hin.
„Gib mir den Roten Schlüsselstein. Er ist jetzt wieder verschlossen. Ich werde ihn an seinen rechtmäßigen Platz im Roten Turm zurückbringen, damit er dem Schleier wieder seine Kraft leihen kann. Selbst wenn Sharrakor es schafft, die anderen Schlüsselsteine zu öffnen oder den Schleier vom Siebten Turm aus zu senken versucht, wird der Rote Schlüsselstein den Schleier weiter halten. Ein einzelner Stein kann ihn sieben Tage lang aufrecht halten. Das kann genügen, um Zeit für eine Umkehr zu gewinnen.“
Tal gab ihr den Schlüsselstein.
„Aber Ihr habt keinen Sonnenstein mehr, wenn Ihr ihn zurückbringt.“
„Vielleicht finde ich unterwegs einen“, gab Lokar zurück. „Aber auch wenn ich keinen finde, so ist das Wichtigste, den Schlüsselstein zurückzubringen.“
Sie kniete sich wieder vor Tal nieder und gab ihm Licht vom Roten Schlüsselstein, obwohl er versuchte, sie zum Aufstehen zu bewegen.
„Kniet doch nicht vor mir nieder“, protestierte er. „Ich müsste vor Euch niederknien. Ihr seid die Wächterin des Roten Schlüsselsteins.“
„Und als solche kann ich sehen, dass du nicht nur der Träger, sondern der echte Wächter des Violetten Schlüsselsteins bist“, entgegnete Lokar. „Und das bedeutet, dass du auch der Imperator der Erwählten bist, ob du willst oder nicht. Wünscht mir Licht und Glück, Euer Hoheit.“
„Licht und Glück“, krächzte Tal. Er war der Imperator der Erwählten? Der Junge, der vor ein paar Monaten noch nicht einmal einen Sonnenstein hatte?
„Auch Euch Licht und Glück, Hoheit. Und uns allen.“
Lokar stand auf und ging. Ihr Geistschatten hüpfte hinter ihr her, als Tal ins Leere starrte.
„Bin ich damit auch Imperator aller Geistschatten?“, fragte Adras, der Lokars Unterwürfigkeit interessiert beobachtet hatte.
„Nein“, gab Tal mit weit entrückter Stimme zurück. „Ich bin auch kein Imperator, ganz gleich, was Lokar sagt.“
Er schüttelte den Kopf. Denk wie ein Eiscarl, sagte
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