Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
kletterte in die Lukenöffnung und seine Beine verschwanden, als er sich auf die Leiter in der Röhre zog. Seine Stimme hallte heraus, mit einer weiteren furchtbaren Welle der üblen Gerüche.
Tal zögerte. Crow hatte ihn sogar gewarnt und er erschien ihm ehrlicher und offener als in der Vergangenheit. Aber diente all das nur dazu, ihn in Sicherheit zu wiegen?
„Ich geh nicht mit“, sagte Adras.
„Doch, das wirst du“, sagte Tal streng. „Wir haben keine Wahl. Hör auf mit diesem Blödsinn und folge mir.“
Er stieg durch die Luke. Adras folgte ihm tatsächlich, allerdings mit einem ununterbrochenen Geräusch, das an das Jammern eines Kleinkinds erinnerte.
Der Gestank war in der Röhre noch viel schlimmer – so schlimm, dass Tal nur flach Atem holen konnte. Er wusste, dass er sich sofort übergeben musste, wenn er tief Luft holen würde. Die Röhre war enger und dunkler als Tal erwartet hatte. Er ließ seinen Sonnenstein, den er an seinem Kragen festgebunden hatte, heller leuchten. Der Stein schien so hell durch den Stoff, als wäre der nicht vorhanden.
Crow war bereits gut zwanzig Spannen höher und kam gut voran. Tal sah ihm eine Weile beim Klettern zu und stellte fest, dass der Freivölkler-Junge nur den jeweils nächsten Schritt machte, wenn er einen absolut sicheren Stand und Griff gefunden hatte.
Die Sprossen waren wirklich glitschig. Tal war sich nicht sicher, ob er sich ohne das Puder an den Händen überhaupt hätte festhalten können.
Er sah einen Moment nach unten, drehte den Kopf aber schnell wieder hoch. Unter ihm war nichts als absolute Dunkelheit, die die Leiter zu verschlucken schien. Ihm war schon von dem Geruch leicht schwindlig und hinunterzusehen machte es keineswegs besser. Abgesehen davon war es angesichts der drohenden, so genannten Slops, die von oben kommen konnten, wohl klüger, dorthin zu sehen.
Er sah also nach oben und begann zu klettern. Es war ein weiter Weg bis zu den Violetten Ebenen. Und selbst wenn er unterwegs nicht abstürzte, würde er dann noch den Weg in den Violetten Turm finden müssen.
Dann würde er sich Sushin und dem großen Schattendrachen stellen müssen, der Sushins Meister war.
Sharrakor.
KAPITEL ELF
Das Wasser war eiskalt. Doch die Schildmutter, die es bereits einmal durchquert hatte, hatte berichtet, dass sich der geflutete Tunnel schon nach zwölf Spannen wieder nach oben bog.
Zwölf Spannen ist nicht weit, dachte Milla. Sie unterdrückte ein Schaudern, als sie einen weiteren Schritt nach vorn ging und das Wasser ihr bis an die Hüfte stieg. Etwas im Wasser neben ihr bewegte sich und die schlug beinahe mit der Kralle zu, bis sie bemerkte, dass es die schwimmende Odris war. Sogar als Geistschatten genoss Odris Wasser. Für einen Sturmhirten in Aenir war es das Lebenselixier. Oder sogar ein Teil von ihr. Sturmhirten bestanden aus Luft und Wasser. Luft, Wasser und Magie.
Zwei Schildjungfrauen waren dicht hinter Milla und halfen Grailes Geistschatten mit seiner Meisterin, die noch immer sehr schwach war. Milla war angetan von der schillernden Kugel aus grünem Licht, die Grailes Kopf umgab. Sie schien korrekt zu funktionieren.
Milla machte noch einen Schritt und das Wasser ging ihr bis zum Hals. Es war so kalt, dass ihre Lungen den Dienst zu versagen schienen. Und doch, so sagte sie sich, war es nicht so kalt wie ein Windsturm auf dem Eis.
Milla atmete ein paar Mal langsam ein und aus. Dann holte sie den Atemzug, der sie durch den gefluteten Tunnel bringen sollte. Als ihre Lungen voll waren, schob sie sich vorwärts. Eine Hand behielt sie immer an der Wand, damit sie auch in die richtige Richtung lief. Das Wasser war so schmutzig und es war derart dunkel, dass auch ein Sonnenstein nichts nutzte.
Ein Schritt, zwei Schritte, drei Schritte… es war schwer, unter Wasser voranzukommen. Der Boden unter ihren Füßen war außerdem rutschig und so musste sie besonders vorsichtig sein. Wenn sie hinfallen würde, könnte sie sich verirren oder ihren Kopf anschlagen und kostbare Atemluft verlieren.
Vier Schritte… fünf Schritte… sechs Schritte… das waren doch zwei Spannen, oder nicht? Aber sie hatte kleinere Schritte als üblich gemacht, also stimmte das vielleicht nicht. Sie hatte schon jetzt das Gefühl, dass die Luft nicht reichen würde. Die Kälte drückte gegen ihre Lungen und ihre Kehle.
Vielleicht war sie schwächer, seit sie in Aenir gewesen war und ihren Schatten verloren hatte. Vielleicht hatte auch das Tragen der Kralle
Weitere Kostenlose Bücher