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Der Sieg nach dem Krieg

Der Sieg nach dem Krieg

Titel: Der Sieg nach dem Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Brücke gebracht werden, vorbei am amerikanischen Posten, der hier entweder alles kontrollieren oder sich auf Stichproben beschränken konnte, wie’s ihm gerade in den Sinn kam. Hilfreich war, daß Egon durch seine Beschäftigung viele der Wachposten kannte. Dennoch wollte der Zeitpunkt des Transports wohlüberlegt sein. Ob frühmorgens, spätabends oder im dichten Tagesverkehr. Er entschied sich für die Zeit der größten Kühle und Müdigkeit. Wenn man mit dem Posten allein war, würde er am wenigsten Verdacht schöpfen.
    Frühmorgens um fünf kamen Freund Egon und Bauer Ludwig mit dem Ochsenfuhrwerk über die Brücke, hinten- drauf eine große Kiste. Der Wagen ratterte den Posten aus seinem Wachdämmerzustand. Sie hielten bei ihm an. Zum Glück war’s einer, den Egon kannte. Unter Klagen über die Kühle, reichten sie ihm die Flasche Obstler, die sie eigens mitgenommen hatten. Während der Amerikaner sich wärmte, erzählten sie. Futtermittel müßten sie abholen und das um diese Stunde, weil der betreffende Bauer mit dem Frühzug in die Stadt fahre. Ungefähr in einer Stunde würden sie zurück sein. Dann gebe es wieder einen wärmenden Schluck.
    Okay. Der Posten nickte. Wenn’s nicht länger dauere, sei er noch da. Er hatte alles erfahren, was er in dienstlicher Eigenschaft hätte fragen können und freute sich auf die nächste Abwechslung.
    Erleichtert ratterten die beiden weiter. Der Rückweg schien geebnet. Leise, auf dem Gras neben dem Feldweg, fuhren sie am Ziel vor. Die Frau erwartete sie schon. Mit dem Bierschlegel betäubten sie die Sau, rollten sie in die Kiste und wuchteten das Mastgut auf den Wagen. Alles geschah, trotz großer Anstrengung leise. Niemand merkte etwas, die Nachbarn schliefen fest, und die Sau, schon halb im Schweinehimmel, tat keinen Mucks.
    Der Brückenposten war noch derselbe, denn er winkte schon von weitem. Sie hielten an und reichten ihm die Flasche. In dem Augenblick, da er sie ansetzte, kam aus der Kiste ein Quietschen. Geistesgegenwärtig sprang Freund Egon vom Wagen, machte einen Scherz, um selber laut lachen zu können und forderte den Posten auf, kräftig zu nuckeln, er habe Zeit. Sein Freund, der Bauer, sei zwar in Eile, aber das solle sie nicht hindern, die Flasche miteinander zu leeren. Mit Gesten und in unverständlichem Dialekt beschwor er den Ludwig, schleunigst weiterzufahren, er werde zu Fuß nachkommen.
    Die Ochsen zogen an, und die Eisenreifen ratterten derart, daß vom Quietschen der erwachenden Sau nichts mehr zu hören war. Jetzt konnte Egon einen Schluck vertragen. Gemeinsam leerten sie den Rest, und bis der Spender die drei Kilometer zum Hof im Eilschritt zurückgelegt hatte, war auch sein Kopf wieder klar. Es gab keine Nachbarn und keine hellhörigen Flüchtlinge. In der Waschküche hatte Ludwigs Frau, die Bäuerin, alles vorbereitet, um die Sau endgültig in den Schweinehimmel zu befördern.
    Da klopfte es, mitten im Zerlegen in die anatomischen Einzelteile, an die Tür. Die drei hielten den Atem an. Wer konnte das sein, zu so früher Stunde? Versuche, die Spuren ihres Tuns zu vertuschen, mußten scheitern, selbst wenn sie eine Viertelstunde Zeit dafür gehabt hätten.
    Es klopfte wieder.
    Die Bäuerin ging, um nachzusehen und abzuschirmen. In der Waschküche hörten die beiden Männer alsbald eine freudige Stimme, mit dem leichten Knödelton katholischer Sittsamkeit.
    »Hochwürden !« rief die Bäuerin laut, daß es die beiden hören mußten. Sofort säbelte der Ludwig weiter. Unangemeldet wie immer, war der Vertreter des Herrgotts gekommen, um seine Schäfchen zu besuchen. Sei’s an der Schürze der Bäuerin oder an ihrer Miene, der Gottesmann sah sofort, was hier vor sich ging. Leugnen hätte nichts geholfen und wäre bei seinem Amt undiplomatisch gewesen. Sie beichtete umfassend, führte ihn zum Tatort, wo sie ihm gemeinsam die weltliche Notwendigkeit der himmlischen Gabe klarmachten. Bauer Ludwig setzte das Messer zu einem großzügigen Schnitt an. »Für Sie, Hochwürden!« Und er gab dem geistlichen Mitwisser ein gewichtiges Stück Schweigespeck. Mit Andacht wog es der Gottesmann in der Hand, als gehe das Beichtgeheimnis nach Gewicht.

    Es lag nicht unbedingt am Genius loci, wenn sich ein Wirtshausgespräch ums Schwarzschlachten drehte. Da saßen der Mick Düx, ein Bildhauer, und der Karikaturist Meyer-Brockmann, bei Dünnbier und zeittypischem Dialog.
    »Ich kenn’ einen Bauern, der sucht verzweifelt einen stillen Platz, um einen Ochsen zu

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