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Der Sieg nach dem Krieg

Der Sieg nach dem Krieg

Titel: Der Sieg nach dem Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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vorzuweisen haben, bekanntlich auf. Sie üben die Situation gewissermaßen im Anschauungs- und Wegschauunterricht. Daß sie gleich mit zwei Übungskandidaten beglückt wurden, änderte ihre Rollen. Aus kichernden Zuschauern wurden kichernde Akteusen.
    Die Himbeerspeise reichte nicht, doch hatten die Helfer Einstandsgaben mitgebracht, und so war bald alles in Peanutbutter. Vier rückten sich ins rechte Licht, zwei zogen ein schummriges Eckchen vor. Ihre aufgestauten Gefühle lösten sich, bald vergaßen sie Raum und Zeit. Diese kam den Helfern zugute. In der Küche, wo das rücksichtsvolle Quartett schäkerte, spitzte sich bei mitgebrachtem Whisky die Lage zu. Der Dialog gewann an Deutlichkeit, Texte wiederholten sich, die Helfer wurden immer mehr Soldaten. Was sie drinnen ahnten, wollten sie draußen nicht missen.
    Schließlich meldeten die beiden Schwestern ihre Bedrängnis laut in Landessprache, der die Aggressoren nicht mächtig waren.
    »Komm endlich raus !« riefen sie. »Uns wird’s hier mulmig .« »Habt euch nicht so !« kam die Antwort von drinnen. »Vorhin fandet ihr sie noch sehr nett .«
    »Da waren sie auch noch nicht zudringlich«, klagte die eine.
    Zwischen Zurufen und Antworten gab es Pausen. Aus verschiedenen Gründen.
    »Ihr wollt mir doch helfen, oder? Versprochen ist versprochen .«
    »Aber nicht auf unsere Kosten.«
    »Noch zehn Minuten, bitte. Ihr könnt euch doch wehren .« »Hast du ‘ne Ahnung !«
    »Bitte!«
    »Du, der biegt mich über’s Spülbecken .«
    »Moment.«
    »Du hast Nerven! Ich werd’ hier gleich auf dem Herd vergewaltigt .«
    »Mach’ halt das Gas an .«
    »Ist abgeschaltet .«
    »Dann schmier’ ihm eine oder gib ihm was zu trinken .« »Wenn ich wegen dir ein Kind krieg’, mußt du’s aufziehen .«
    »Mach ich .«
    »Komm jetzt sofort raus! Sonst kommen wir rein .«
    »Mein Gott! Hat man denn nirgendwo seine Ruhe...«

    Solche Szenen gab es öfter. Nicht immer war einer zur Stelle, der seine ernsten Absichten bewies, indem er die künftige Verwandtschaft schützte. Ob sie’s tatsächlich wurde, entschied mitunter die Militärregierung. Sie versetzte den Kandidaten in eine andere Stadt.
    Alleinsein mit dem Partner war ein Problem, und jeder Versuch für Überraschungen gut.
    Von irgend jemand über den Verbleib einer alten Freundin unterrichtet — ein Mädchen der engeren Wahl, das Soldatenleben hatte heiratsanfällig gemacht — fuhr ich mit dem Zug, gesammelt und gespannt an den Starnberger See.
    Dort besaßen ihre in Berlin ausgebombten Eltern ein Haus. Um die Überraschung abzufedern und nicht ungelegen hereinzuplatzen, hatte ich ihr vorher geschrieben. Telefonverbindung gab es nicht. Sie wußte also Bescheid, und ich würde sofort Bescheid wissen.
    Das Haus, auf einem Seegrundstück, war der schönen Lage wegen beschlagnahmt. Normalerweise duldeten die Besatzer keine Deutschen in ihrer unmittelbaren Nähe. Weil aber der Vater des Mädchens im Dritten Reich statt der Uniformmütze seinen Hut genommen hatte, und das bei seinem spektakulären Posten, gab es hier eine Hintertür. Diese führte von der Küche in einen kleinen Anbau, wo die Familie in geliehener und zusammengeklaubter Einrichtung hausen durfte. Ein zweites Türchen im Zaun machte das Nebeneinander für alliierte Verhältnisse vertretbar: Herrschaften im eigenen Haus als Angestellte gelitten, oder Besiegte bedienen Sieger. Ich fand zu meinesgleichen. Herzlich, vom Schicksal leicht grau gepudert, die veränderten Umstände humorig nehmend, empfingen mich die Eltern in der Küche. Das Töchterchen, erfuhr ich, sei »drüben«, wie sie sich ausdrückten. Sie tischten mir auf, die Nähe des Wohlstands war nicht zu übersehen. Neben einer angebrochenen Stange Zigaretten lag Schokolade, eine Flasche Whisky stand auf einem Tablett zusammen mit Whiskygläsern, die ich von früheren Besuchen her kannte, abgezweigt von drüben.
    Wir stellten einander die Fragen der Zeit: Wie geht es denen? — Wo ist eigentlich der geblieben? — Was macht die? Plötzlich waren Schicksale im Zimmer, wir schwiegen. Musik und Gelächter von drüben steuerten meine Phantasie. Ich wog die Köstlichkeiten auf dem Tisch ab. Was davon gehörte sozusagen zur Hausverwaltung? Das Cornedbeef? Die Peanutbutter? Das Eipulver? Das langweilige Weißbrot? Der Pulverkaffee? Und was war als persönliche Aufmerksamkeit zu betrachten? Das dicke Steak? Der Whisky? Die Schokolade? Die Zigaretten? Die Icecream?
    Aufmerksamkeiten zu welchem Zweck,

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