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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verschwunden. Er tauchte jedoch gerade wieder auf, als die Kleider in ein Bündel geschnürt wurden.
    »Gehen wir zu dem Tempel, Annik. Ich will mir die römischen Götter mal ansehen. Stell dir vor, sie machen Bilder von ihren Göttern, so dass man genau weiß, wie sie aussehen!«
    »Ob das den Göttern gefällig ist?«
    »Offensichtlich. Ihre Anhänger haben, wie du siehst, einen nicht zu leugnenden Erfolg!«
    »Vielleicht sollten wir unseren Göttern auch Standbilder schnitzen und Tempel bauen.«
    »Gibt es schon. In dem Stall bei uns befindet sich ein Standbild der Epona, ob du es glaubst oder nicht!«

    »Die Göttin der Pferde, nun, zumindest wird sie sich da wohl fühlen.«
    »Und selbst die Römer beten zu ihr und opfern ihr Weihrauch.«
    »Im Stall.«
    »Klar.«
    Sie kamen zu den Stufen, die zu den weißen, beinahe sechzig Fuß hohen Säulen hinaufführten, kletterten empor und standen in den stillen, weihrauchduftenden Räumen des Tempels. Annik war tief beeindruckt von den rot und weiß verputzten Wänden, den Nischen und Erkern mit den kleinen Götterfiguren, dem Spiel von Licht und Schatten auf dem ebenen Steinboden. Die in der Mitte aufragende Cella aber blieb ihnen versperrt, die monumentalen Standbilder des Jupiter, der Juno und der Minerva waren den Priestern und den Opfernden vorbehalten.
    »Gehen wir wieder«, flüsterte sie und war froh, in der Säulenhalle die warmen Strahlen der Sonne auf der Haut zu fühlen. Die römischen Götter waren ihr unvertraut, und sie hatte Angst, sie versehentlich zu beleidigen.
    »Annik, bleib einen Moment stehen. Ich habe noch etwas für dich, was ich dir gerne hier geben möchte.« Martius nahm ihre Hand und zwinkerte ihr zu. »Kleider können zerreißen, weißt du. Das hier hält ein bisschen länger!«
    Und mit einer geschickten Bewegung hatte er ihr einen goldenen Ring über den Finger gestreift.
    »Martius, du bist echt verrückt!«
    »Nein, du wolltest etwas Verrücktes. Gefällt er dir nicht? Dann kannst du dir bei dem Goldschmied einen anderen aussuchen.«
    »Nein, er ist schön. Wahrhaftig, ein sich aufbäumendes Pferdchen. Wie fein das gearbeitet ist!« Bewundernd
tastete Annik mit der Fingerspitze über die in den dunkelroten Stein eingearbeitete Figur. »Danke!«
    Sie hätte ihn gerne umarmt, aber hier vor dem Tempel erschien ihr das doch etwas unpassend. Deshalb nahm sie nur seine Hand und drückte sie. Und so, Hand in Hand, gingen sie die Treppe hinunter, als sie plötzlich rüde angeblafft wurden.
    »Martius! Das ist doch nicht zu glauben!«
    »Scheiße, mein Decurio!«, flüsterte Martius und drückte Annik das Bündel mit den Kleidern in die Hand.
    Der Decurio war in voller Uniform und Bewaffnung, begleitet wurde er von drei Legionären. Er sprühte förmlich vor Zorn.
    »Kranken Hengst pflegen, was? Hier in der Stadt?«
    Martius, der selten um eine Ausrede verlegen war, wollte gerade mit einem überwältigenden Strahlen eine Erklärung vom Stapel lassen, als eine kühle Stimme hinter ihnen erklang: »Das geht in Ordnung, Decurio, die beiden sind auf meine Veranlassung hier!«
    »Wenn Ihr es sagt, Praefect Falco!«
    Der Decurio klang ungläubig, nahm aber Haltung an und widersprach seinem Vorgesetzten nicht weiter.
    »Ich sage es. Kommt, Annik, Martius. Wir haben einen Termin auf dem Praetorium.«
    Falco, den Annik ebenfalls das erste Mal im glänzenden Brustpanzer und leuchtender Tunika sah, führte die beiden mit eisernem Griff in Richtung Stadtmitte. Vor einer Taverne hielt er an und befahl: »Setzt euch dort nieder. Ich komme gleich zurück!«
    »Leuchtender Belenus, was für ein Zufall!«, wisperte Annik, und Martius grinste sie an.
    »Passt doch hervorragend. Der Decurio wird schon den Mund halten, Falco führt ein strenges Regiment. Sein Wort ist Gesetz bei uns.«

    »Dann hast du ja gute Aussichten«, meinte Annik nicht ohne Sarkasmus in der Stimme.
    Falco kehrte mit einem Krug Wein und drei Bechern zurück und setzte sich.
    »Ihr könnt von Glück sprechen, dass wir heute ein Treffen mit den Ratsherren und dem Praetor der Colonia haben. Ich werde dem Decurio einen Bären aufbinden müssen, um euer Hiersein zu erklären. Ich tue es nur wegen Annik, Martius. Hätte der Decurio dich alleine erwischt, hättest du den Brei selbst auslöffeln dürfen. Und jetzt: Was hat das zu bedeuten, Martius? Keine Ausrede, wenn ich bitten darf!«
    Annik trat Martius auf den Fuß und begann zu reden, bevor ihr Freund nur einen Pieps von sich geben

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