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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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konnte.
    »Es ist meine Schuld, Falco. Ich habe Martius gestern so lange etwas vorgejammert, bis er meinte, dass nur ein Tag in der Colonia mir noch helfen könnte.«
    »Du hast gejammert? Kaum zu glauben! Worüber?«
    Diesmal war es Martius, der Annik ans Schienbein stieß.
    »Warst du mal in der Canabae, Falco? Hast du mal versucht, eine vernünftige Unterkunft zu bekommen? Hast du mal versucht, eine anständige Arbeit dort zu finden? Annik haust mit drei untätig herumhängenden Weibern in einer verlausten Hütte, hat Schwerstarbeit bei einem Ziegelmacher angenommen, sich dort von den Trotteln belästigen lassen müssen und dafür kaum das Geld für Brot und Brei erhalten.«
    »Und ein Tag in der Colonia sollte da Abhilfe schaffen? Willst du dein Glück hier versuchen?«
    »Ich täte es liebend gerne, aber bisher habe ich mir, ehrlich gesagt, nur die Stadt angesehen. Sie ist fantastisch!«
    Falcos strenges, scharf geschnittenes Gesicht wurde ein wenig milder.

    »Also gut, du hast in der Canabae einen schweren Stand. Was machen die anderen Frauen, die mit dir gekommen sind?«, wollte er wissen.
    »Waschen die Wäsche der Legionäre, helfen ihren Verwandten, unterhalten die Männer bei der Honoria...«
    »Oder sitzen faul auf ihrem Hintern herum.«
    »Was ist mit dem Töpfer?«
    »Hat vier Söhne und will kein Weib in seiner Werkstatt.«
    »Idiot.«
    Falco schwieg eine Weile und trank seinen Wein. Annik und Marius wagten es nicht, ihn zu stören und nippten ebenfalls an dem fruchtigen weißen Wein. Schließlich brach der Praefect sein Schweigen.
    »Bist du in der Lage, wirklich gutes Tongeschirr herzustellen, das auch einem gehobenen Haushalt genügt, Annik?«
    »Den Römern in meiner Heimat hat es genügt.«
    Martius fügte hinzu: »Dem ehrenwerten Gnaeus Iulius Celerinus hat es genügt!«
    »Dem Gnaeus Iulius Celerinus genügt jeder Behälter, der mit einem Sextarius Wein gefüllt werden kann! Notfalls auch ein Pisspott«, stellte Falco trocken fest. Celerinus war wegen seiner anspruchslosen Trinkgewohnheiten berüchtigt.
    »Ich bin in der Lage, hochwertige Keramik herzustellen und zu brennen. Ich pflegte meine Töpferware zu siegeln.«
    »Ziemlich anmaßend!«
    »Nein. Ich kann mich mit den Besten der römischen Töpfer messen. Ich kann sogar arretinische Keramik herstellen, wenn ich die richtigen Materialien bekomme.«
    »Wärst du trotzdem bereit, auch Ziegel herzustellen?«
    »Ich bin auch bereit, Ton zu stampfen und Schlicker
zu rühren, solange man meine Arbeit nicht mit Anzüglichkeiten würzt.«
    »Gut, dann hätte ich vielleicht eine Beschäftigung für dich - bei einem Patrizier, der ein Gut zwischen Bonna und Colonia, in Waslicia, sein Eigen nennt. Ihm ist vor zwei Monaten der alte Töpfer verstorben. Möglicherweise ist der Besitzer bereit, dich einzustellen. Du hättest eine eigene Werkstatt und Unterkunft. Über den Lohn musst du selbst mit ihm verhandeln. Soll ich ihn fragen?«
    Annik überlegte nicht lange. Alles war besser als die Canabae.
    »Frag ihn. Ich wäre dir dankbar!«
    »Gut, er ist einer der Stadträte, ich treffe ihn zur None. Ihr beide reitet jetzt besser zurück. Falls jemand nach dem Grund deines Besuches in der Colonia fragt, verweise ihn an mich, Martius. Und wenn das noch einmal vorkommt, mein Junge, dann ziehe ich dir höchstpersönlich das Fell in Stücken über die Ohren.«
     
    »Puh!«, sagte Cilly und lehnte sich zurück. »Auf Orthografie und Grammatik kannst du pfeifen, aber den Text habe ich. Dein Martius gefällt mir.«
    »Mir gefällt die Colonia«, meinte Rose und sah von ihren Notizen auf. »War das dein eigener Beitrag?«
    »Manches schon, aber die Beschreibung der Canabae habe ich aus Julians Geschichten.«
    »Morgen erzähle ich weiter«, sagte Rose. »Mir ist wieder jede Menge eingefallen!«

10. Kapitel
    Der Fotograf
    Der nächste Tag brachte vorher aber noch eine Überraschung. Nicht unbedingt eine, die ich von Herzen begrüßte. Ich wollte am Vormittag eine Kiste Bücher aus meinem Elternhaus abholen, als mir Uschi durch den Flur zurief: »Hier ist Besuch, Anita. Kommst du bitte? Es ist ein guter Freund von dir!«
    Gute Freunde besuchten mich normalerweise nicht in diesem Haus. Ich hatte mein Familienleben fein säuberlich von meinem Bekanntenkreis getrennt gehalten. Ein paar unglückliche Erfahrungen hatten mich gelehrt, dass durch die Berühmtheit meines Vaters Freundschaften mit mir abträglich waren. Deshalb betrat ich recht verwundert das Wohnzimmer und

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