Der Siegelring - Roman
sah in das strahlend lächelnde Gesicht des goldgelockten Marc.
»Du mieser Schweinehund! Du wagst dich wahrhaftig hierher?«, entfuhr es mir, und ich merkte, wie ich vor Wut zu kochen begann.
»Aber Anita!« Uschi war die personifizierte Empörung. »Wie redest du mit deinem Retter!«
»Retter? Der? Das ist der Mistkerl, der die Fotos von mir durch die Presse geschleift hat.«
»Sei doch nicht so empfindlich, Anita. Immerhin hat er dich aus dem Feuer gezogen und dir danach geholfen, als du hilflos im Krankenhaus gelegen hast.«
»Wer hat mich denn zur Schnecke gemacht, dass die Bilder von mir überall auftauchten, zusammen mit der herzerschütternden Schwulst-Story von Caesar Kings
schwerverletzter Tochter. Uschi, du bist unmöglich! Marc, verpiss dich! Ich will dich hier nicht sehen!«
»Sondern wo?«
»Nirgendwo. Mach, dass du Land gewinnst!«
»Aber Schätzchen, deine Mutter hat mich so freundlich zum Kaffee eingeladen.«
Ich verlor endgültig die Beherrschung und brüllte: »Raus!«
Marc stand auf und hob die Hand. Er war höllisch schnell mit der Kamera.
»Gibt ein hübsches Bild. Ich schick dir einen Abzug zu. Du bist sehr attraktiv, wenn du wütend bist!«
Ich hatte das Gefühl zu ersticken.
»Anita, ich finde, du solltest dich wirklich ein bisschen mehr unter Kontrolle behalten«, gab Uschi netterweise ihren Senf dazu. Ausgerechnet sie erzählte mir etwas von Kontrolle! »Komm, setz dich zu uns. Marc möchte doch nur wissen, wie es dir geht.«
»Ja, Anita. Das möchte ich. Ehrlich. Du siehst traumhaft aus. Kein Vergleich zu den beiden letzten Malen.« Seine Dreistigkeit war überwältigend. Er strahlte mich an, legte die Kamera neben die Kaffeetasse auf den Tisch und öffnete weit beide Hände. »Kein unerwarteter Überfall mehr. Versprochen!«
Er sah schon verdammt gut aus. Groß, braun gebrannt, breitschultrig, energiegeladen. Sexy. Ich holte tief Luft, und meine Wut verflüchtigte sich. Er hatte seinen Job gemacht. Skrupellos, unsensibel, unter Einsatz seines Lebens.
»Hast du mich tatsächlich aus den Trümmern geborgen?«
»Schätzchen, habe ich!«
»Nachdem du mich fotografiert hast!«
»Ich habe erst ein, zwei Kilo glühendes Metall von deiner
Brust geschubst. Dann habe ich Bilder gemacht. Aber das ging schnell. Danach habe ich dich mehr oder minder fachgerecht aus dem Tohuwabohu geschleppt. Du schuldest mir ein T-Shirt. Das, was ich dort trug, hast du mir nämlich reichlich vollgeblutet.«
»Warum hast du mir das nicht im Krankenhaus erzählt?«
»Da erschienst du mir noch nicht aufnahmefähig genug für diese Feinheiten.«
»Es scheint, dass ich dir mein Leben verdanke!«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es wimmelte bald von Rettern. Aber möglicherweise sind deine Blessuren zumindest dadurch nicht noch schlimmer geworden.«
»Ein Held!«
»Ja, nicht wahr? Und? Hat ein Held es nicht verdient, dich wenigstens mal zum Essen einladen zu dürfen?«
»Okay, darfst du. Heute. Jetzt!«
Ich hoffte, dass ein derart kurzfristiger Termin ihm nicht passte, aber er nickte erfreut.
»Na, dann komm mit. Wir fahren an den Rhein.«
Uschi sah aus, als wollte sie protestieren, ließ es aber bleiben. Wahrscheinlich hatte sie gehofft, die Einladung würde sie mit einschließen. Aber auch in dieser Hinsicht war Marc augenscheinlich frei von Skrupeln. Er nahm sich, was er wollte. Und nur das.
Natürlich fuhr ein Mann wie Marc einen Porsche. Er war genau der Typ, der ausschließlich das schnellste Pferd im Stall ritt. Aber auf der Fahrt entspannte ich mich tatsächlich noch etwas mehr, Marc plauderte Belangloses über seine Reisen, ich hörte mit halbem Ohr zu. Seit Juli war es das erste Mal, dass ich überhaupt wieder mit einem Mann, der nicht zum medizinischen Personal gehörte, Kontakt hatte. Irgendwie schmeichelte es mir jetzt doch, dass er mich besucht hatte.
»Wie hast du mich gefunden, Marc?«, unterbrach ich seine Erzählung.
»Das war nicht schwer. Ein bisschen Recherche. Du bist nicht unbekannt, Anita.«
»Ich wäre es aber lieber.«
»Schön. Dann vermeide zukünftig Flugzeugabstürze. Gibt es ansonsten etwas Berichtenswertes über dich?«
»Definitiv nichts, mein Lieber!«
Mir grauste bei der Vorstellung, dass er etwas über Rose herausfinden könnte.
»Leute, die das mit einem solchen Brustton der Überzeugung behaupten, verbergen etwas. Aber ich will dich nicht drängen. Was machen die Wunden?«
»Sie heilen.«
»Dein Gesicht ist beinahe wie neu. Mit etwas
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